Die SPD-Finanzpolitiker Hubert Schulte und Jürgen Schmidt haben dem Hamburger Senat vorgeworfen, durch eine mangelhafte Steuerverwaltung auf Millionen an Steuereinnahmen zu verzichten. Die Antwort des Senats auf eine Große Anfrage der SPD-Bürgerschaftsfraktion bestätige, dass der Senat in erheblichem Ausmaß Steuern verschenkt, sagte Schmidt.
Der CDU-Senat habe entsprechende Hinweise des Rechnungshofes in den Wind geschlagen, sagte der Steuerfachmann. Schulte forderte den Senat auf, durch eine entsprechende Personalpolitik in der Steuerverwaltung dafür zu sorgen, dass Betriebe „anständig geprüft“ werden. „Wer solide öffentliche Haushalte will, muss sich auch um die Einnahmen kümmern. Es ist nicht in Ordnung, wenn Lohnsteuerzahler genau unter die Lupe genommen werden, während größere Betriebe nicht konsequent geprüft werden.“
Die große Anfrage der SPD-Bürgerschaftsfraktion hat ergeben, dass es große Defizite in der Steuerverwaltung und bei der Betriebsprüfung gibt. So waren in den Jahren 2005, 2006 und 2007 laut Haushaltsplan 7200 Betriebsprüfungen vorgesehen – stattgefunden haben allerdings nur 6468 (2005), 6680 (2006) und 4474 (bis 30. Sept. 2007).
Schulte bezeichnete es als „erschreckend, dass es im letzten Jahr wohl nicht einmal 6000 Prüfungen gewesen sind. Und gerade bei den großen Betrieben gibt es ein Prüfungs-Defizit: In den letzten Jahren sind 22% der vorgegebenen Prüfungen nicht durchgeführt worden. Der Senat verfehlt konstant seine selbst formulierten Zielsetzungen. Und er verzichtet auf Steuereinnahmen, die der Stadt zustehen.“
Zwar seien für die drei Jahre jeweils 748 Betriebsprüfer eingeplant – tatsächlich eingesetzt seien aber lediglich rund 450 (2005: 449; 2006: 457; 2007: 441). „Es ist völlig in Ordnung, bei der Finanzpolitik die Ausgaben im Auge zu behalten – es ist aber fahrlässig, weniger gründlich auf die Einnahmen zu blicken“, sagte Schmidt. Wie der Senat weiter einräumen muss, wird ein großer Teil der Prüfer für betriebsfremde Tätigkeiten eingesetzt – etwa im Innendienst um die Rückstände bei der Bearbeitung von Steuererklärungen abzubauen. „Deshalb müssen wir davon ausgehen, dass auch in diesem Jahr die Zahl der Prüfungen entscheidend weniger sein werden“, sagte der SPD-Steuerfachmann.
Die eingesetzten Betriebsprüfer haben pro Mann oder Frau jährlich Millionensummen an Mehrsteuern verzeichnen können, sagte Schmidt weiter (2005: 1,67 Mio. €; 2006: 1,01 Mio. €; 2007: 1,34 Mio. €). Vor diesem Hintergrund sei völlig unverständlich, warum der Senat nicht dafür sorge, dass ausreichend viele und ausreichend gut ausgebildete Betriebsprüfer in der Finanzverwaltung eingesetzt werden.
Schmidt wies gleichzeitig die häufig angeführte Aussage zurück, Großbetriebe würden fortlaufend geprüft. Während laut Zielvereinbarung für 2005 494 und für 2006 816 Prüfungen vorgesehen waren, haben tatsächlich nur 406 (2005) bzw. 611 (2006) stattgefunden. Der SPD-Steuerfachmann betonte, die Investition in Steuerprüfer mache sich für die Stadt mehrfach bezahlt. „Betriebe sind keine kleinen Lohnsteuerzahler. Sie erklären selbst, welche Umsätze und Gewinne sie gemacht haben. Das bedarf der ausreichenden Überprüfung
Schulte betonte, die SPD habe in ihrem Wahlprogramm eine Schwerpunktsetzung bei der Betriebsprüfung vorgesehen. „Das ist notwendig für die Einnahmen der öffentlichen Haushalte. Denn jeder Betriebsprüfer erzielt ein erhebliches Steuer-Mehraufkommen. Das ist aber auch notwendig im Sinne der Steuergerechtigkeit. Die Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass die Steuerverwaltung eine gleichmäßige Anwendung der Steuergesetze bei allen Steuerzahlern sicherstellt“, sagte Schulte. Im Übrigen trage jeder Prüfer zur verbesserten Prävention bei. „Das ist wie bei den Knöllchenschreibern“, sagte Schmidt: „Je mehr Autofahrer die aufschreiben, desto mehr Autofahrer benutzen danach die Parkuhr.“