(Von Monika Deland)
Dass sich besorgte Eltern um Struktur und Ausgestaltung von Hamburgs Schulen sorgen und engagiert darüber diskutieren und zuweilen streiten, ist nicht verwunderlich. Verwunderlich ist nicht einmal, dass vor allem die das große Wort dabei führen, deren Kinder (weil zu alt) gar nicht von der Reform betroffen sind. Ähnliches gilt für Pädagogen. Aber kurios wird die Geschichte in der parteipolitischen Auseinandersetzung.
Da ist einerseits die GAL: Sie kann ohne Christa Goetschs Schulreform nicht überleben. Nach Elbvertiefung, Kraftwerk Moorburg, diversen anderen an grünen Grundfesten rüttelnden Entscheidungen und deutlicher Mitschuld daran, dass noch Generationen unter der desaströsen Finanzpolitik der CDU leiden werden, muss die Schulreform funktionieren. Und, das sei hinzugefügt: WENN sie funktioniert, dann war sie vier Jahre schwarzgrün wert.
Weil die CDU dies weiß, muss sie schulpolitisch bei der Stange bleiben. Parteichef Freytag, wegen seiner Verantwortung für das folgenschwere HSH-Desaster ohnehin angeschlagen, vertritt deshalb die Schulreform in den eigenen Reihen ohne Wenn und Aber, auch wenn ihn dies persönlich überall und ständig Sympathien (und Stimmen) kosten mag. Von Beust ist ihm einmal – da dann auch vehement – zur Seite gesprungen, aber meistens gibt Freytag den Einzelkämpfer.
Hier liegt auch die Chance des von Nienstedtener Gymnasialeltern gestarteten Volksbegehrens gegen die Primarschule: Weil es erst in gut einem Jahr und damit acht Monate vor der nächsten Bürgerschaftswahl zur Abstimmung steht, ist noch keineswegs sicher, wie die CDU sich verhalten wird. Wahlkämpfe führen auch Koalitionspartner meistens gegeneinander, und mit spontanen „Machtworten“ hat gerade von Beust bisher gute Erfahrungen gemacht. Wie, wenn die CDU die Reform im Frühsommer 2010 scheitern und die Koalition platzen ließe?
Die Rolle der SPD in dieser Auseinandersetzung ist nur auf den ersten Blick komfortabel. Weil man auch dort weiß, dass die schwarzgrüne Koalition endet, wenn die Schulreform scheitert, setzt man alles daran, genau dieses Scheitern zu befördern. Dabei geht es ausschließlich um taktische Gründe – inhaltlich spricht aus sozialdemokratischem Blickwinkel nichts dafür, längeres gemeinsames Lernen zu torpedieren. Von Joist Grolle über Rosemarie Raab und Ute Pape bis hin zum Hamburger Parteiprogramm der Bundes-SPD war dies im Gegenteil stets Kern sozialdemokratischer Bildungspolitik.
Fraglich ist, was ein solches Taktieren den Sozialdemokraten bringt. Die Glaubwürdigkeit in der Schulpolitik geht dabei verloren – das mag man ja noch hinnehmen. Aber bisher sagen die Demoskopen, dass man sich hier an eine Minderheiten-Position hängt, und das ist sicherlich schon weniger gewollt. Vollends fragwürdig wird die Geschichte, wenn man sich ansieht, wer wo wie abstimmt: Es sind Stadtteile und Bevölkerungsschichten, in denen die SPD wahltechnisch ohnehin nichts zu gewinnen hat, die die Primarschule ablehnen. Oder glauben Sozialdemokraten neuerdings, Wahlen zu gewinnen, in dem sie den Menschen in Nienstedten, Othmarschen, Duvenstedt nach dem Munde reden? Offenbar hoffen die derzeit Tonangebenden darauf.