„Den Plan hätte man besser in der Schublade gelassen. Nach dem erfolgreichen Volksbegehren kann die Schulbehörde nicht einfach weitermachen wie bisher. Die Schulpolitik braucht jetzt eine Denkpause, konstruktive Gespräche mit allen Beteiligten und eine neue Diskussionskultur.“ Mit diesen Worten hat der schulpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Ties Rabe, auf die Präsentation des neuen Schulentwicklungsplans durch Schulsenatorin Christa Goetsch reagiert. Ganz anders die GAL und die LINKE – für die Forderung der SPD gibt es nach ihrer Auffassung überhaupt keine Grundlage.
Die Exekutive – also die Schulbehörde – sei gehalten, die Beschlüsse der Legislative – also der Bürgerschaft – auszuführen. Und das unverzüglich. Nur eine erneute Änderung des Schulgesetzes könnte die Umsetzung der Schulreform stoppen. Die GAL-CDU-Schulreform sei bereits ein stark verwässerter Kompromiss. Dass dieser jetzt durch einen „Schulkompromiss“ mit den Reformgegnern noch mehr aufgeweicht werden soll, lehnt DIE LINKE ab.
Dazu erklärt Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecherin Dora Heyenn: „Das Volksbegehren muss jetzt ausgewertet werden und am Ende wird dann die tatsächliche Zahl von Hamburgern und Hamburgerinnen feststehen, die sich für die Durchführung eines Volksentscheids ausgesprochen haben. Gespräche zu führen ist immer richtig aber wie der Schul-Kompromiss von Schwarz-Grün nun noch einmal mit den Forderungen der Initiative abgeglichen werden könnte, ist und bleibt ein Rätsel.“
Es stehen sich zwei grundsätzlich unterschiedliche Vorstellungen vom Schulsystem gegenüber: für oder gegen längeres gemeinsames Lernen über die vierte Klasse hinaus.
„Ein Vorschlag, wie jetzt von der ehemaligen Schulsenatorin Dinges-Dierig eingebracht, die Primarschule auf fünf Jahre zu verkürzen und alle möglichen Ausnahmen zuzulassen, sind das Gegenteil von dem, was die GAL wollte und zieht die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag ins Lächerliche. Dass sie als einzige aus der CDU-Fraktion gegen das neue Schulgesetz gestimmt hat, sagt alles!“
Vielmehr muss die Schulbehörde jetzt ihre kontraproduktiven Kürzungspläne bei Lehrerstellen zurücknehmen und dafür sorgen, dass die Reform räumlich und personell exzellent abgesichert ist.
Dora Heyenn abschließend: „Nach jahrzehntelangen Diskussionen und unzähligen Schulversuchen und halbherzigen Reformen muss jetzt eine Richtungsentscheidung getroffen werden, die dann für die Zukunft verbindlich ist: der Volksentscheid muss durchgeführt werden.“
Zum Inhalt des Schulentwicklungsplans sagte Rabe: „Wir erkennen einige nachträgliche Verbesserungen an. Die vier Kernprobleme der Standortplanung hat die Schulbehörde jedoch nicht gelöst.
Viele neue Stadtteilschulen sind ohne die Klassen 5 und 6 und ohne eigene Oberstufe schlicht nicht lebensfähig. Die Senatorin muss endlich ein Konzept vorlegen, wie an jeder Stadtteilschule eine Oberstufe eingerichtet werden kann. Die jetzigen Versprechungen sind ohne Konzepte haltlos.
Fast 100 bislang intakte Grundschulen werden zu 47 Primarschulen fusioniert. Die Behörde hat bis heute nicht gesagt, wie Fusion und Betrieb von Schulen mit zwei Kollegien und zwei entfernt liegenden Gebäuden gelingen können.
Rund 19 Primarschulen arbeiten räumlich oder inhaltlich eng mit Gymnasien zusammen. Die Gefahr ist groß, dass Hamburgs Bildungselite hier ihre Kinder anmeldet und sich die sozialen Gruppen schon ab Klasse 1 trennen. Gemeinsames lernen sieht anders aus.
Die Abschaffung des Elternwahlrechts verwehrt 20% aller Kinder den Zugang zum Gymnasium. Aufgrund dieses Schülerschwunds werden vor allem in den sozial benachteiligten Stadtteilen die Gymnasien schließen müssen. Soziale Gerechtigkeit im Bildungswesen sieht anders aus.“
Jens Kerstan, Chef der GAL-Bürgerschaftsfraktion, sagte dazu: „Mit dem Schulentwicklungsplan erhalten Eltern, Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler ein klares Bild, wie die Schullandschaft Hamburgs zum 1. August 2010 aussehen soll. Ein klares Bild über die Schullandschaft im Sinne der Schulreform gibt den Schulen Planungssicherheit und ist eine gute Grundlage für die nun anstehenden Gespräche aller gesellschaftlichen Gruppen über die Schulreform.“
Michael Gwosdz, schulpolitischer Sprecher der GAL-Fraktion, ergänzte: „Der Plan ist das Ergebnis eines langen, ausführlichen und umfassenden Diskussions- und Beratungsprozesses, wie er in dieser Form der Beteiligung bislang in Hamburg einmalig war. Mehr als 1.500 Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrkräfte sowie Schulleitungen hatten in 22 Bildungsregionen Empfehlungen erarbeitet. Der nun vorgelegte Schulentwicklungsplan setzt viele dieser Empfehlungen um. Das Ergebnis zeigt: Es hat sich gelohnt, diesen Weg des offenen und breit angelegten Beteiligungsprozesses zu gehen.
In Folge der Diskussion seit Vorlage des ersten Entwurfs im Juli ist der Schulentwicklungsplan noch einmal in einigen Punkten weiterentwickelt worden. Diese Veränderungen begrüßt die GAL-Fraktion, weil hier das Prinzip der kurzen Wege für kurze Beine noch konsequenter umgesetzt wurde. Zudem zeigen diese Verbesserungen, dass die Schulbehörde auch nach Ende der Regionalen Schulentwicklungskonferenzen für gute Argumente aufgeschlossen und zugänglich ist. Diese Haltung gilt auch bei der weiteren Umsetzung der Bildungsoffensive.“