„Völligen Realitätsverlust“ hat die SPD-Bürgerschaftsfraktion Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram (CDU) attestiert. Die Senatorin hatte zuvor in einer Pressemitteilung behauptet, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft hätten in Hamburg alle Kinder die gleichen Chancen auf frühkindliche Bildung.
„Niemand, der sich in Sachen Kinderbildung oder Kinderarmut auskennt, unterschreibt der Senatorin diesen Satz. Die Bildungschancen nicht nur in Hamburg sind nach wie vor entscheidend vom Geldbeutel der Eltern abhängig“, sagte die SPD-Fachsprecherin für Familienpolitik, Carola Veit. Es sei „mehr als erstaunlich, dass der Bürgermeister seine Stellvertreterin – anders als etwa die Bildungssenatorin beim Thema Werbeverbot an Schulen – weiterhin öffentlich Unsinn reden lässt“, sagte die SPD-Abgeordnete.
Veit äußerte den Verdacht, dass man im Senat mittlerweile eigene Ankündigungen mit der Wirklichkeit verwechsle. Bürgermeister von Beust hatte Ende Mai erklärt, die Qualität in den Kitas verbessern zu wollen und den Blick zukünftig auch auf Kinder zu richten, deren Eltern arbeitslos sind oder in wechselhaften Beschäftigungsverhältnissen stehen. „Man fragt sich, warum der Bürgermeister solche – leider folgenlosen – Ankündigungen macht, wo doch die zuständige Senatorin erklärt, dass alle schon die gleichen Chancen haben“, sagte Veit.
Sie äußerte sich auch zu den von der Sozialsenatorin genannten Zahlen im Kinderbetreuungssystem: Verantwortlich für steigende Fallzahlen seien die Rechtsansprüche eines Kinderbetreuungsgesetzes, zu dem die CDU per Volksbegehren genötigt werden musste. In sozial schwachen Stadtteilen dagegen seien von 2002 bis 2005 für Kinder real 10% Krippenbetreuung verloren gegangen, während der Versorgungsgrad in den übrigen Stadtteilen um 23% gestiegen ist. Im Hortbereich seien real 5% verloren gegangen, während der Versorgungsgrad in den übrigen Stadtteilen um 16% angestiegen ist. Im Elementarbereich sei sogar ein Drittel an Ganztagsbetreuung verloren.
Sie kritisierte zudem, dass Senatorin Schnieber-Jastram ausgerechnet für die Kinder aus sozial belasteten Stadtteilen die Bedeutung von Spielhäusern und Eltern-Kind-Zentren betone. „Eltern-Kind-Zentren ersetzen keine Kinderbetreuung. Sie können sicher eine wichtige Ergänzung zum Angebot der Kinderbetreuung sein – wenn die Sozialsenatorin sie angemessen ausstatten würde.“
Veit erinnerte daran, dass bei den von der SPD grundsätzlich befürworteten Zentren die Öffnungszeiten, die Personalausstattung und die Gruppengrößen hier nicht den Anforderungen – und auch nicht den EU-Standards – entsprechen.
Die von Veit genannten Zahlen sind auch belegt durch die „Kita-Befragung“ der SPD-Fraktion in Zusammenarbeit mit der GEW und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften. Damit sind auch Zahlen und Daten erhoben worden, die der Senat liefern müsste aber nicht kann. Die Studie bestätigt u. a., dass die Versorgungsgrade mit Krippen- und Kita-Plätzen – und insbesondere Ganztagsplätzen – ausgerechnet in den Stadtteilen mit großen sozialen Problemen stark unterdurchschnittlich sind.