Qualitätsverlust bei Ganztagsschulen in Hamburgs Süden

Der Sparkurs des Senats führt an den Ganztagsschulen in Hamburgs Süden zu erheblichen Verlusten der Unterrichts- und Betreuungsqualität. Gleichzeitig bleibt die versprochene besondere Förderung von Schulen in „Problemgebieten“ ein Tropfen auf den heißen Stein. Das ist das Ergebnis aktueller Anfragen der Harburger Bürgerschaftsabgeordneten Sabine Boeddinghaus (SPD).

Alle Hamburger Ganztagsschulen, die schon vor 2003 bestanden, müssen seitdem 60% ihrer Mittel für den Ganztagsbetrieb einsparen. Der Abbau vollzog sich in den letzten Jahren und muss im kommenden Schuljahr 2008/2009 abgeschlossen sein. Dies hatte der Senat beschlossen, um mit den Mitteln angeblich die Ganztagsschulen auszuweiten. Bekanntermaßen bestand diese „Ausweitung“ vor allem darin, die Schulzeitverkürzung an den Gymnasien zu finanzieren.

„Wir haben immer gewarnt, dass dies zu Lasten der pädagogischen Qualität geht, die eine Ganztagsschule ja gerade ausmachen soll, und dass darunter vor allem die Schulen leiden, an denen die Förderangebote von Ganztagsschulen besonders nötig sind, also in den sozial schwächeren Stadtteilen“, so erinnert Sabine Boeddinghaus: „Nun haben wir es schwarz auf weiß: Die betroffenen Schulen müssen einen Großteil ihrer pädagogischen Angebote zusammenstreichen. Damit macht der Senat die Idee der Ganztagsschule mutwillig zur Farce.“

Mehrere Beispiele:

· An der Schule Slomanstieg auf der Veddel fielen über 1 ½ Lehrerstellen und eine halbe Sozialpädagogenstelle weg. Dadurch mussten gestrichen werden: Mittagsfreizeitangebote, Sport- und Kunstkurse, ein spezielles Beratungsangebot für Mädchen, Krankheitsvertretungen.

· An der Förderschule Karl-Arnold-Ring in Wilhelmsburg fielen 1 ½ Lehrerstellen weg. Dadurch mussten Kursangebote in Kunst, Sport, Schwimmen und Hauswirtschaft gestrichen werden.

· An der Gesamtschule Wilhelmsburg fielen über 1 ½ Lehrerstellen und fast 3 Erzieherstellen weg. Dadurch mussten gestrichen werden: Werkstattkurse, Informatikkurse, Sportangebote, der offene Unterrichtsbeginn am Morgen, Ferienbetreuung, Hausaufgabenhilfe, Klassenteilungen und Gruppenunterricht.

„An diesen Beispielen wird ganz deutlich“, so Boeddinghaus, „dass es sich bei den weg gekürzten Angeboten nicht um Luxus oder Firlefanz handelt, auf den man getrost verzichten kann, sondern um ganz elementare Bestandteile eines guten Unterrichts, einer nötigen Förderung. Gerade für die Kinder in diesen Stadtteilen verschlechtern sich dadurch ihre Bildungs- und Zukunftschancen ganz konkret.“

„Besonders wütend macht mich der Versuch des Senats, die Öffentlichkeit und vor allem die Eltern mit Taschenspielertricks an der Nase herumzuführen“, so Sabine Boeddinghaus weiter: „Erst verordnet der Senat massive Kürzungen, und dann entdeckt er auf einmal pressewirksam die Not der Kinder und verkündet ein tolles Programm namens ‚lebenswerte Stadt’, mit dem die Klassenfrequenzen in manchen Grundschulen gesenkt werden sollen. Doch offenbar geht beim Spiel ‚Von der linken Tasche in die rechte Tasche’ einiges unterwegs verloren, denn in den Grundschulen kommt nur sehr viel weniger wieder an.“

Auch hierzu hat Sabine Boeddinghaus Beispiele aus ihren aktuellen Anfragen: „Die Klassenfrequenzen in den ersten Klassen sollen angeblich auf 18 sinken. Doch an den Wilhelmsburger Grundschulen sieht die Realität ganz anders aus: Nur an den Schulen An der Burgweide und Buddestraße wird diese Zielvorgabe erreicht. Aber an den Schulen Stübenhofer Weg, Fährstraße, Rotenhäuser Damm und an den Gesamtschulen Wilhelmsburg und Kirchdorf sind es jeweils über 20 Kinder.

Aber was noch schlimmer ist: Schon in den zweiten Klassen ist es ganz aus mit den wunderbaren kleinen Klassen! Hier sind es dann zwischen 23 und 28 Kinder pro Klasse. Besonders weit klaffen Anspruch und Realität an der Schule Rotenhäuser Damm auseinander: 22 Kinder in den ersten Klassen, und sage und schreibe 30 in den zweiten! Wir brauchen aber durchweg kleinere Klassen, so dass alle Kinder eine kontinuierliche Förderung bekommen!“

Als Konsequenz aus diesen Tatsachen fordert Sabine Boeddinghaus die Schulsenatorin auf, „endlich ihre Taschenspielertricks zu beenden! Es hat keinen Sinn, erst mit dem Rasenmäher zu kürzen und dabei die benachteiligten Kinder besonders zu treffen, und diesen dann mit großer Geste wieder einen Brosamen hinzuwerfen. So erreichen wir keine Chancengleichheit und keine Integration. Was wir brauchen, sind Ganztagsschulen, die ihren Namen auch verdienen – gerade in den Problemstadtteilen. Und wir brauchen gerade hier auch durchgängig kleine Klassen und verlässliche Förderung. Was unsere Kinder brauchen ist Ernsthaftigkeit und Substanz, nicht Show.“

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