Jetzt soll Hamburg eine „Polizeihochschule“ im Miniformat bekommen – ohne Anbindung an eine der bestehenden Hochschulen, ohne Partnerschaft mit einem oder mehreren Nachbarländern. Experten hatten dringend von dem Modell abgeraten.
Die heute angekündigte Polizeihochschule wird von der wissenschaftspolitischen Sprecherin der GAL- Bürgerschaftsfraktion Dr. Heike Opitz und der innenpolitischen Sprecherin Antje Möller scharf kritisiert. Denn die Wissenschaftlichkeit der Ausbildung ist wegen der zu geringen Größe und der fehlenden Anbindung an die HAW nicht gesichert.
Durch die Gestaltung als eigene Hochschule in Verantwortung der Innenbehörde werden zudem unnütze Verwaltungsstrukturen geschaffen. „Der Senat schafft eine neue Minihochschule ohne wissenschaftlichen Anspruch. Dass Senator Dräger diesem Vorhaben zustimmt – obwohl er angeblich leistungsfähigere Strukturen schaffen will – ist grotesk“, erklärt Opitz.
Als „Gesetzentwurf der verpassten Chancen“ bezeichnete die SPD-Fraktion den Senatsbeschluss zur Gründung der Hamburger Polizei-Uni. „Mit keinem Wort ist der Innensenator auf Möglichkeiten einer Nordkooperation mit Schleswig-Holstein eingegangen. Überall wird der Nordstaat gepredigt, bei der Polizeiausbildung aber wird weiter Kleinstaaterei und Egoismus praktiziert“, kritisierte SPD-Innenexperte Andreas Dressel: „Nagel geht es um eine Mini-Uni, die er am kurzen Gängelband seiner Behörde halten kann. Moderne Hochschulentwicklung sieht anders aus.“
Zudem widerspreche die Ausbildung von Sicherheitsleuten auch der Gestaltung als interne Hochschule der Innenbehörde, so die weitere Kritik der GAL. Denn bisher sei diese Art der Ausbildung immer damit begründet worden, dass aus Gründen der Sicherheit keine externe Ausbildung möglich sei. „Hier widerspricht sich der Senat selbst. Entweder es wird eine interne Ausbildung für Polizeibeamte geschaffen, die der Innenbehörde unterstellt sind. Oder eben eine externe Ausbildung, die sinnvollerweise an der HAW stattfinden sollte. Eine Vermischung von beidem ist unzulässig“, so Opitz.
Inhaltlich halten die Sozialdemokraten weiter an ihrer Sechs-Punkte-Initiative zur Überarbeitung der Pläne von Innensenator Udo Nagel fest . „Wir werden versuchen, die CDU-Fraktion in den Ausschussberatungen zum Umdenken zu bewegen“, so Dressel. Neben dem Ausloten der Hochschul-Kooperation mit Schleswig-Holstein gehe es darum, „wirklich demokratische Strukturen in der Hochschule zu schaffen, die richtige Balance zwischen Wissenschaft und Praxis sowie gute Bedingungen für Seiteneinsteiger bei der Polizei zu gewährleisten.“ Man werde genau nachschauen, was die Verbände und Gewerkschaften hierzu im Beteiligungsverfahren vor dem Senatsbeschluss angemerkt haben.
Die Planungen für die Polizei-Uni stehen nach Ansicht der SPD-Fraktion weiter unter keinem guten Stern. Die eigentlich an jeder Hochschule gewollte Freiheit von Forschung und Lehre und der wissenschaftliche Anspruch würden immer mehr aufgegeben. Dressel fordert: „Die bürgerschaftlichen Beratungen können endlich externe Experten einbeziehen – das ist in Nagels Küchenkabinett nicht gewollt gewesen. Gerade bei einer Ausbildungsreform, die mehrere Legislaturperioden überdauern soll, empfiehlt sich ein breiter Konsens aller Beteiligten. Hierzu sind wir weiter bereit. Hoffentlich ist es die CDU auch.“
Noch einmal die GAL: Antje Möller sieht zudem die Aufstiegschancen für Polizistinnen und Polizisten des mittleren Dienstes gefährdet und befürchtet, dass diese wegen der fehlenden finanziellen Unterstützung durch ihren Arbeitgeber vom privaten Sicherheitsgewerbe abgeworben werden. „Völlig ungeklärt bleibt die Frage, wie sich hoch motivierte Polizistinnen und Polizisten ohne Sicherung ihrer Existenzgrundlage fortbilden sollen. Zu befürchten ist, dass sie dann gleich in die private Sicherheitswirtschaft abwandern.“
Bereits in einer Expertenanhörung im November 2004 wurden die Kritikpunkte der Opposition bestätigt und von der Struktur der Minihochschulen bei Polizei und Finanzen abgeraten.