Personalabbau und Wegsperr-Vollzug (2)

photocaseGEFANGEN.jpegIn der Rede zum Haushalt der Justizbehörde hat der rechtspolitische Sprecher der GAL-Fraktion, Dr. Till Steffen, den Justizsenator für seine weitgehende Untätigkeit kritisiert: „Der tut nichts, der will nur spielen, scheint das Motto von Herrn Lüdemann zu sein: Ein paar Bundesratsinitiativen, ein bisschen Richterschelte, aber bloß nichts im eigenen Bereich unternehmen.“

Dringenden Handlungsbedarf gäbe es jedoch beim Jugendvollzug, im Hinblick auf Überkapazitäten im Strafvollzug und wegen der Verfahrenszeiten an den Gerichten. „In allen wichtigen Bereichen ist keine Aktivität von Herrn Lüdemann festzustellen. Das grenzt an Arbeitsverweigerung. Da ist es bezeichnend, dass Herr Lüdemann bei einer wichtigen Sitzung während der Haushaltsberatungen im Urlaub war.“

Die drei Beispiele im Einzelnen:

Jugendvollzug:

Das Bundesverfassungsgericht hatte in seiner Entscheidung am 31.5.2006 den Ländern aufgegeben, Gesetze für den Jugendstrafvollzug zu erlassen und Mindeststandards definiert, die auch schon vor Erlass eines solchen Gesetzes gelten. Hamburg ist mittlerweile fast das einzige Bundesland, von dem kein Entwurf für ein solches Gesetz vorliegt. Die GAL-Fraktion hatte bereits im Oktober einen eigenen Entwurf für ein Jugendstrafvollzugsgesetz vorgestellt. Auch auf die praktischen Forderungen des Bundesverfassungsgerichts hat Hamburg überhaupt nicht reagiert.

Insbesondere nachdem ein jugendlicher Häftling in Siegburg zu Tode gequält wurde, wäre eine Aufstockung des Personals im Jugendvollzug dringend notwendig. Nur so kann verhindert werden, dass sich im Vollzug Subkulturen bilden, von denen Bedienstete keine Ahnung haben. Tatsächlich wurde das Personal im Jugendvollzug in Hamburg seit 2004 bei in etwa gleich bleibender Belegung um 6 Prozent verringert.

Überkapazitäten in den Haftanstalten:

In Hamburg sind über 644 Haftplätze unbelegt, das sind mehr als 20 Prozent. Dies ist eine direkte Folge der Entscheidung im Jahre 2002, den zweiten Bauabschnitt der Justizvollzugsanstalt Billwerder zu bauen. Dadurch entstanden 384 zusätzliche Haftplätze. Gleichzeitig ist der Bedarf auf Dauer leicht fallend. Dass die Überkapazität nicht noch größer ausfällt, ist lediglich darauf zurückzuführen, dass zwischenzeitlich drei Haftanstalten mit 315 Haftplätzen geschlossen wurden, mit denen im Jahre 2002 noch geplant wurde. Selbst so sind deutlich mehr Haftplätze frei, als in Billwerder II geschaffen wurden.

Lüdemann kennt die Fakten seit Jahren. Nun hat er vage angekündigt zu prüfen, ob vielleicht andere Bundesländer Haftplätze mieten wollen. Das ist jedoch unrealistisch. Die GAL fordert in ihrem Haushaltsantrag, dass Teile der Haftanstalten geschlossen werden, um das so freiwerdende Personal im Jugendvollzug einzusetzen. Besser wäre jedoch ein Verzicht auf die mit 30 Millionen Euro geplante Investition in Billwerder gewesen. Die GAL hatte bereits damals vor dieser Geldverschwendung gewarnt.

Überlange Verfahrenszeiten an den Gerichten:

Die Verfahrenszeiten sind in vielen Gerichtszweigen zu lang und vom Jahr 2004 zum Jahr 2005 in fast allen Bereichen noch gestiegen. So beträgt die Verfahrensdauer am Verwaltungsgericht im Schnitt 15,4 und am Oberverwaltungsgericht 15,2 Monate. Der Weg durch zwei Instanzen im Verwaltungsrecht dauert demnach im Durschnitt 2,5 Jahre.

Der Justizsenator ignoriert eine in anderen Bundesländern äußerst erfolgreiche Methode der Entlastung der Gerichte: die gerichtliche Mediation. Geeignete Fälle werden dabei an einen besonders geschulten Richter übergeben, der eine Streitschlichtung erarbeiten soll. Misslingt diese, ist wieder der gesetzliche Richter für die streitige Entscheidung zuständig. Im Rahmen eines Modellversuchs in Niedersachsen konnten Entlastungen von bis zu 35 Prozent festgestellt werden, weil ein Richter in der Mediation deutlich mehr Fälle erledigt als bei streitigen Verfahren.

In Hamburg haben die Arbeits- und Verwaltungsgerichte mittlerweile auf eigene Initiative Mediation eingeführt. Die Fortbildungen haben die Richter dabei aus eigener Tasche bezahlt. Dringend notwendig wäre die Einführung von Mediation in der Zivilgerichtsbarkeit. Die GAL fordert, dass die Justizbehörde für die Fortbildung der Richter aufkommt.

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