Der Sozialsenator hat seine Studie über Wohnungslosigkeit in Hamburg vorgelegt. SPD und LINKE fordern Konsequenzen.
SPD: Jetzt schnell Hilfen anbieten
Die SPD-Bürgerschaftsabgeordnete Ksenija Bekeris hat die Vorlage der Studie über Obdachlosigkeit in Hamburg als „Grundlage für eine systematische Befassung mit dem Thema Obdachlosigkeit“ begrüßt. „Es liegen jetzt fundierte Erkenntnisse über das Thema Obdachlosigkeit in Hamburg vor. Wir haben jetzt die Chance, noch vor dem Einbruch der kalten Jahreszeit Verbesserungen für den Menschen zu erreichen, die auf der Straße leben“, sagte Bekeris, in der SPD-Fraktion verantwortlich für Obdachlosigkeit. Sie warnte gleichzeitig vor einer weiteren Verfestigung der Obdachlosigkeit in Hamburg: „Die Zunahme bei der Dauer von Obdachlosigkeit ist ein Alarmsignal und weist auf eine Verstetigung der Armutslage in Hamburg hin“, sagte die SPD-Sozialpolitikerin.
Sie mahnte gleichzeitig konkrete und schnell wirksame Schritte an, um die Situation obdachloser Menschen zu verbessern. So sei zum Beispiel mehr Wohnraum für Obdachlose nötig. „Wenn die Fachstellen Wohnraum anbieten können, wird sich ihre Effektivität verbessern.“ Derzeit nähmen nur rund 20 Prozent der befragten Obdachlosen die Angebote der Fachstellen an.
Bekeris betonte, das tatsächliche Ausmaß der Obdachlosigkeit in Hamburg sei größer, als die jetzt vorgelegten Zahlen zeigen. „Besonders Frauen und Jugendliche sind von verdeckter Wohnungslosigkeit betroffen. Gleichzeitig gibt es vermehrt Langzeitobdachlose, die die Angebote nicht mehr wahrnehmen.“ Bekeris betonte, die durchschnittliche Obdachlosigkeits-Dauer sei auf fast fünf Jahre gestiegen – gegenüber einer Zeit von dreieinhalb Jahren im Jahr 1996. „Bei diesen Menschen gibt es verstärkt Notlagen, bei denen das herkömmliche Hilfesystem nicht mehr greift. Die Bekämpfung von Langzeit-Obdachlosigkeit muss zukünftig ein besonderer Schwerpunkt sein“, forderte Bekeris.
Eine weitere Brisanz liege im hohen Grad der Verschuldung Obdachloser: 61 Prozent sind – so die Studie – verschuldet. Gleichzeitig seien rund ein Drittel aller Obdachlosen nicht krankenversichert. „Besonders mit Blick auf die Verschuldung gibt es Nachholbedarf. Nur rund sechs Prozent der Betroffenen nehmen die Schuldnerberatung in Anspruch. Das zeigt, dass verstärkt auf dieses Angebot hingewiesen werden muss“, sagte Bekeris.
Als besonderes Problem nicht-deutscher Obdachloser nannte Bekeris die fehlende Verankerung dieser Menschen im Regelsystem. „Wir brauchen auch Zugang zu den nicht-deutschen Obdachlosen. Wir brauchen anonyme Beratungsstellen und insbesondere für diese Menschen vermehrt anonyme Krankenversorgung – über die Angebote des Kranken- und Zahnmobils sowie über die Krankenstube hinaus“, sagte Bekeris.
Die LINKE fordert mehr Sozialwohnungen
Zur Veröffentlichung der Hamburger Obdachlosenstudie erklärt der Spitzenkandidat der LINKEN, Jan van Aken:
„Ich freue mich über jeden Obdachlosen, der endlich wieder eigene vier Wände hat. Aber die Zahlen von heute sind eine schlechte Nachricht: Noch immer müssen über 1000 Menschen in Hamburg auf der Strasse leben, Dunkelziffer unbekannt. Das ist in einer so reichen Stadt wie Hamburg ein Skandal.“
„Gleichzeit organisiert der Senat die Obdachlosigkeit der Zukunft: Es gibt praktisch keinen sozialen Wohnungsbau mehr, immer mehr Wohnungen fallen aus der Sozialbindung raus und werden deshalb für viele Menschen unbezahlbar. Völlig verschwiegen hat der Senator, dass schon heute rund 2000 Menschen notdürftig öffentlich untergebracht sind. Viele davon seit Jahren und ohne jede Chance auf dem Wohnungsmarkt. Wir brauchen wieder Sozialen Wohnungsbau in Hamburg.“
„Nicht hinzunehmen ist der Versuch des Senators, Ausländer für die Obdachlosigkeit mitverantwortlich zu machen. Tatsächlich sind im Vergleich zu 2002 nur ein paar Dutzend ausländische Obdachlose hinzugekommen“, schließt van Aken.