Nicht nach Afghanistan abschieben!

KAEMPFER.jpegAuf der Tagesordnung der morgigen Bürgerschaftssitzung steht ein Antrag der GAL-Bürgerschaftsfraktion, der den Stopp der Abschiebungen nach Afghanistan fordert. „Immer mehr Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, immer mehr gezielte Angriffe auf Schulen, das große Ausmaß der Gewalt gegen Frauen: all dies macht deutlich, dass Abschiebungen nach Afghanistan nicht zu verantworten sind“, sagt die innenpolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftsfraktion Antje Möller.

Sie fordert Senat und CDU-Fraktion auf, sich die Folgen für die Menschen im Einzelfall klar zu machen „Das Beispiel der Familie Amiri zeigt, was die Drohung mit Abschiebung für Eltern und Kinder bedeutet“, sagt Möller.

Die Amiris haben vier schulpflichtige Kinder, von denen eines behindert ist. Sie leben seit sechs Jahren in Hamburg und haben in Afghanistan keine Verwandten mehr. Der Familie ist am 31. August 2006 die Abschiebung angedroht worden, ihre Duldung läuft Ende November aus.

In Afghanistan nimmt die Gewalt gegen die Zivilbevölkerung immer mehr zu. Die Studie „Afghanistan Five Years Later: The Return of the Taliban“ von der britischen Institution SENLIS, die EU und UN berät, registriert einen starken Anstieg von Bombenattentaten, Selbstmordanschlägen, bewaffneten Konflikten und sonstigen Gewalttaten. Angriffe auf Schulen, Schülerinnen und Schüler und Lehrpersonal nehmen immer mehr zu.

Eine Studie der Organisation „Human Rights Watch“ dokumentiert 204 solche Angriffe seit Januar 2005, davon 108 im ersten Halbjahr 2006. Dabei wurden Schulen für Mädchen wurde besonders hart getroffen. Die Zahl der Gewalttaten gegen Frauen ist sehr hoch.

Trotzdem werden in Hamburg inzwischen nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Familien mit Abschiebung bedroht. Damit steht die Stadt in der Bundesrepublik allein da. Hamburg liegt bei den Abschiebungen nach Afghanistan in der Bundesstatistik an der Spitze.

Nach zwei aktuellen Urteilen sind Abschiebungen von Menschen nach Afghanistan wegen der gefährlichen Lage nicht zulässig, wenn diese dort nicht durch Verwandte aufgefangen und unterstützt werden. So hat das Verwaltungsgericht in Köln an 12.4.06 entschieden, dass „Rückkehrer, die in ihrer früheren Heimat nicht in bestehende Familien-, Stammes- oder Freundschaftsbeziehungen zurückkehren können und bei denen besondere den Überlebenskampf erschwerende Umstände hinzutreten, in eine existenzbedrohende Gefahrenlage geraten“ und ihre Abschiebung deshalb nicht der Verfassung entspricht. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hatte bereits am 9.11.2005 ähnlich geurteilt.

Beide Urteile liegen vor den aktuellen Kampfhandlungen in Afghanistan, gingen also von geringerem Bedrohungspotential aus.

Möller stellt klar, dass die Zuständigkeit für einen Abschiebestopp bei den Ländern liegt: „Nicht Berlin, sondern Hamburg ist zuständig. Es wird Zeit, dass der Innensenator die Verantwortung für die geduldeten Hamburger Afghaninnen und Afghanen übernimmt. Und es ist Zeit, dass ihn die CDU-Fraktion daran erinnert.“

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