Billiglöhne statt Tarifvertrag: Die Firma Neupack ist zum Symbol der unsozialen Marktwirtschaft geworden. Heute will die Firma vor dem Arbeitsgericht sogar den Streik der Beschäftigten grundsätzlich verbieten lassen. Drei Bürgerschaftsparteien stellen sich hinter die Arbeitnehmer.
Begleitet von mehreren Hundert Fackeln tragenden Unterstützern waren am Donnerstag um 6.00 Uhr die mehr als 110 Streikenden wieder an ihre Arbeitsplätze bei Neupack Verpackungen in Hamburg und Rotenburg zurückgekehrt. Die Solidaritätsaktion war von Hamburgs DGB-Chef Uwe Grund organisiert worden. Die IG BCE hatte den Streik nach 85 Tagen auch als Zeichen der Stärke ausgesetzt, um einer Vermittlung eine Chance zu geben.
Jan Eulen, Bezirksleiter Hamburg/Harburg der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BE): “Das ist eine Zäsur im Arbeitskampf. Sie soll ermöglichen, dass der Vermittler unbelastet ans Werk gehen kann und Neupack in ernsthafte Gespräche eintritt. Wir haben ein Interesse daran, die Arbeitsplätze bei Neupack zu erhalten und wollen das Unternehmen nicht `in die Pleite streiken`. Wir begrüßen es, dass Neupack auf Aussperrungen verzichtet.”
Gemeinsame Erklärung der Bürgerschaftsfraktionen von SPD, Grünen und Die Linke zur Situation bei Neupack: Jetzt die Chance nutzen!
Jens-Peter Schwieger, Fachsprecher Arbeit der SPD-Fraktion, Filiz Demirel, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen Bürgerschaftsfraktion und Kersten Artus, Abgeordnete der Fraktion Die Linke erklären:
„Die Beschäftigten der Firma Neupack mit ihren Standorten Hamburg und Rothenburg/Wümme befinden sich seit Anfang November 2012 im Arbeitskampf. Nach drei Gesprächsrunden zwischen den Eigentümern des Unternehmens und der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) sind die Bemühungen um eine Tarifeinigung gescheitert. Der Arbeitgeber hat gegenüber dem Betriebsrat, der Gewerkschaft und der Öffentlichkeit erklärt, dass er den Abschluss eines Tarifvertrags unabhängig von dem materiellen Gehalt grundsätzlich ablehnt. Zum Ausgleich der Auswirkungen des Streiks der gewerkschaftlich organisierten Beschäftigten hat der Arbeitgeber Beschäftigte aus Polen angeworben, die zuerst als Leiharbeitnehmer/-innen, nach arbeitsrechtlicher Prüfung dann als befristet Beschäftigte eingestellt und in Hamburg wohnmäßig untergebracht wurden. Der Betriebsrat ist nicht bereit, auf die Arbeitsrechtsregelung durch Tarifvertrag zu verzichten und die Inhalte stattdessen durch Betriebsvereinbarungen zu regeln. Die Gewerkschaft und ihre Mitglieder im Betrieb bestehen grundsätzlich auf dem Abschluss eines Tarifvertrags und sind erklärtermaßen bereit, dabei im Verhältnis zu flächentariflichen Standards die besondere wirtschaftliche Situation dieses Unternehmens zu berücksichtigen. Die Positionen des Arbeitgebers und der Gewerkschaft stehen sich derzeit kompromisslos und konfrontativ gegenüber.
Der Streik wurde nach zwölf Wochen am 24. Januar 2013 mit der Aufnahme der Frühschicht ausgesetzt. Dieser Schritt soll zur Deeskalation beitragen und ein Fenster für einen Neubeginn der Gespräche öffnen. Wir appellieren an die Tarifpartner, die Aussetzung des Streiks als Chance für einen Neubeginn zu zielführenden Gesprächen zu nutzen.
Das Tarifrecht als Ausgestaltung der Tarifautonomie (Artikel 9,3 GG) ist in Deutschland ein wesentlicher Stabilisierungsfaktor für die Ordnung auf dem Arbeitsmarkt und hat damit eine wichtige Bedeutung für den sozialen Frieden.
In großer Sorge über den Verlauf des Arbeitskampfes erwarten wir insbesondere von den Eigentümern von Neupack, dass sie als Arbeitgeber diesen gesellschaftlichen Konsens akzeptieren und zügig ihre Bereitschaft zur Verhandlung eines Tarifvertrages mit der zuständigen Gewerkschaft erklären.“