Mindestlohn: DGB verteilt Notizblöcke an Niedriglöhner im Norden

Der Deutsche Gewerkschaftsbund Nord (DGB Nord) begrüßt die Ankündigung der Bundesarbeitsministerin, keine gesetzlichen Korrekturen bei der Umsetzung des Mindestlohns von 8,50 Euro zuzulassen.

Zugleich widersprechen die Gewerkschaften der Einschätzung von Andrea Nahles, 99 Prozent der Arbeitgeber wollten den Mindestlohn ehrlich und gesetzestreu umsetzen. „Unter hundert Schafen gibt es mehr als nur eines, das schwarz ist. Das zeigen unsere bisherigen Erfahrungen. In der Gastronomie, bei der Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer und bei der Bezahlung der Minijobber läuft noch längst nicht alles so, wie es sein soll. Deshalb wollen auch viele Arbeitgeber, dass wirksam kontrolliert wird, um Schmutzkonkurrenz und Lohndumping zu verhindern“, sagte Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB Nord. Stundenlöhne von fünf oder sechs Euro seien verboten. Über die Hotline des DGB seien zahlreiche Verstöße bekannt geworden. Dies werde nun zunehmend auch den Einsatz der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls erfordern.

Absurd sei die Forderung gerade aus der Gastronomie, die Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten aufzuweichen: „In Deutschland gibt es seit über 20 Jahren eine Dokumentationspflicht. Es überfordert keinen Arbeitgeber und keinen Arbeitnehmer, den Beginn und das Ende der Arbeitszeit aufzuschreiben. Wenn Gastwirte klagen, dass sie ihre Beschäftigten am Tag nicht länger als zehn Stunden einsetzen können, dann zeigt das nur, dass Arbeitsschutz und Arbeitszeitverordnung in manchem Betrieb bewusst ignoriert worden sind. Wir brauchen die neue Ordnung der Arbeit jetzt – auch Arbeitnehmer wollen gesund in die Rente kommen.“

Der DGB werde in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern nun Notizblöcke verteilen, auf denen Minijobber und andere Arbeitnehmer ihre Arbeitszeiten aufschreiben und sich vom Vorgesetzten bestätigen lassen können.

Hier und da werde es auch zu Preisanpassungen kommen, aber das Katastrophengeschrei der Arbeitgeber habe sich als Zweckpropaganda erwiesen, so Polkaehn: „Der Arbeitsmarkt hat keine Probleme mit dem Mindestlohn. Spargel, Erdbeeren und Taxifahrten können wir uns auch weiterhin leisten. Die Arbeit bekommt endlich ein Stück ihres Wertes und ihrer Würde zurück.“

Arbeitnehmer, die um ihren Lohn gebracht werden, sollten mit der Gewerkschaft Kontakt aufnehmen, rät Polkaehn: „Eine Klagemöglichkeit besteht für Arbeitnehmer noch bis zu drei Jahre nach der fälligen Lohnzahlung. Auch die Sozialversicherungsträger können Nachforderungen gegenüber den Arbeitgebern erheben – und dann sie nicht nur den Arbeitgeberanteil zahlen, sondern auch den Arbeitnehmeranteil. Das wird also teuer, und zwar zurecht. Der Ehrliche darf nicht der Dumme sein.“

Der DGB Nord sieht bisher folgende Verbesserungsmöglichkeiten bei den Mindestlohnregelungen:

– Beweislast bei Mindestlohnansprüchen umkehren

– Gesetz zum Schutz von Whistleblowern schaffen

– Gesetz zur Bekämpfung von Schwarzarbeit ausdehnen

– Mehr Rechte für Beschäftigte bei neuen Arbeitsverträgen

– Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften einrichten

– Prüfdienst der Rentenversicherung aufstocken

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