Miese Tricks: Industrie versteckt die Dickmacher

DICKER_ENGEL.jpgDie Lebensmittelindustrie will eine klare Kennzeichnung des Zucker- und Fettgehaltes auf der Verpackung verhindern. Das befürchtet die Verbraucherzentrale Hamburg. Weil in Deutschland die Menschen, besonders Kinder und Jugendliche, immer dicker werden, schlagen die Verbraucherschützer eine Ampel-Kennzeichnung wie in Großbritannien vor.

Doch jetzt wollen die Großen der Lebensmittelindustrie (Danone, Kellogg’s, Nestle, Unilever und Coca Cola) mit einer eigenen Form der Nährwertkennzeichnung strengeren Regeln zuvor kommen. Erste Produkte befinden sich schon im Handel. „Beim näheren Hinsehen entpuppt sich das neue System als Mogelpackung und als gezielte Desinformation der Verbraucher“, sagt Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Die neuen Tricks zur Nährwertkennzeichnung:

Trick 1: Zu hohe Zuckerwerte zu Grunde gelegt

Die Zuckerwerte werden geschönt, indem die Industrie eine „erlaubte“ Zuckerzufuhr von 90 g pro Tag zu Grunde legt, die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) und die WHO empfehlen jedoch nur 50 – 60 g zugesetzten Zucker (maximal 10 Prozent der Energiezufuhr) für Erwachsene, für Vier- bis Siebenjährige gar nur 38 g Zucker. Die Falle: Hohe Zuckerzufuhr erscheint als unproblematisch.

Trick 2: Zu kleine Portionen angegeben

Die Industrie arbeitet mit sehr kleinen, realitätsfernen Portionen, zum Beispiel 30 g Cornflakes oder 1 Glas Softdrink. Diese Minimenge macht weder zum Frühstück satt noch stillt sie nachhaltig den Durst. So werden aus einer Softdrink-Flasche (0,5 Liter) zwei Portionen gemacht, obwohl üblicherweise eine Flasche, wenn sie geöffnet ist, leer getrunken wird. Die Falle: Die Zucker-Werte erscheinen gering.

Trick 3: Gesundgerechnete Portionen

Bei den ersten gekennzeichneten Produktbeispielen, die schon im Supermarktregal liegen, benennt eine Firma ungleiche Portionen und Bezugsgrößen, zum Beispiel mit 30 g, 40 g oder 60 g.
So sieht es auf den ersten Blick beim Vergleich von zwei Verpackungen so aus, als ob beide Produkte mit Cerealien ungefähr gleich viel zugesetzten Zucker (11 g Zucker bei einer 30-Gramm-Portion gegenüber 10 g bei einer 40-Gramm-Portion beim zweiten Produkt) enthalten, weil unterschiedliche Portionsgrößen gewählt wurden. Die Falle: Der Zuckeranteil beim zweiten Produkt ist tatsächlich knapp 50 Prozent höher. Um den Verbraucher endgültig zu verwirren, wird der herausgestellte Ballaststoffgehalt auf 60 g, also noch eine andere Bezugsgröße, bezogen.

Trick 4: Kinder unberücksichtigt gelassen

Alle Berechnungen beziehen sich auf weibliche erwachsene Personen mit einem Kalorienverbrauch von 2000 Kcal. Die Falle: Kinder benötigen sehr viel weniger Kalorien. Sie sollten geringere Mengen von den Softdrinks, gesüßten Cerealien oder Gummibärchen essen, als man nach dem Lesen der Nährwertinformationen meinen könnte.

Die Verbraucherzentrale fordert: Ampel-Bewertung der Inhaltsstoffe

Was bei der Industriekennzeichnung völlig fehlt, ist eine Bewertung der Inhaltsstoffe. Die Verbraucherzentrale Hamburg befürwortet eine in Großbritannien eingeführte „Ampel“, die anhand der Signalfarben rot, gelb und grün gleich auf den ersten Blick erkennen lässt, ob Pizzen, Schokoriegel oder Chips zu zucker- oder fettreich sind. Die Ampel könne wirksam helfen, die Produkte untereinander zu vergleichen und Kalorienärmeres auszuwählen.
Die Verbraucherzentrale fordert die Industrie auf, ihre Desinformation zu stoppen und durch das verbraucherfreundliche und transparente System aus Großbritannien zu ersetzen. „Der Gesetzgeber sollte sich durch den Vorstoß der Industrie keinen Sand in die Augen streuen lassen, sondern einheitliche Vorgaben zu einer Ampelkennzeichnung schaffen“, sagt Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale.

Anlage:Zuckerzufuhr – So rechnet die Industrie die Produkte gesund! (als PDF).

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