Maxijobs statt Minijobs

Manuela Schwesig, Vizechefin der Sozialdemokraten und Ministerin in Schwerin, gilt als eine Architektin der neuen SPD-Sozialpolitik. Jetzt skizziert sie gemeinsam mit dem DGB Nord einen Weg aus dem Lohndumping der erniedrigenden Minijob-Arbeitswelt: Mindestlohn und Sozialversicherungspflicht.

„Unsere Erfahrungen mit dem Instrument der Minijobs zeigen: So, wie sie derzeit sind, tragen sie zur Erosion der Normalarbeitsverhältnisse bei und schwächen die sozialen Sicherungssysteme. Ich sage klar Nein dazu, die Verdienstgrenze anzuheben, um damit nicht noch mehr Minijobs zu schaffen“, so Schwesig heute. Statt dessen sollten Wirtschaft und Politik darauf hinwirken, mehr reguläre, sozialversicherungspflichtige und fair entlohnte Beschäftigung zu ermöglichen.

„Minijobs sind Mist – es müssen daraus Maxijobs werden. Die Minijobber brauchen mehr Geld, mehr Schutz und mehr Anerkennung“, so Uwe Polkaehn, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes Nord.

Nötig sei ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn, der im Niedriglohnbereich klare Grenzen nach unten ziehe, so Schwesig und Polkaehn. Beide berieten in Schwerin über die Probleme der geringfügig Beschäftigten sowie Lösungsmöglichkeiten auf Landes- und Bundesebene.

Ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde sei zur Sicherung der Existenz der Arbeitnehmer und ihrer Familien dringend nötig. Er helfe auch mittelfristig, die öffentlichen Haushalte von den wachsenden Unterstützungszahlungen an gering entlohnte Arbeitnehmer zu entlasten, die zusätzlich zu ihrem Lohn staatliche Hilfen beantragen müssen.

Die Zahl der atypisch Beschäftigten in Deutschland hat einen neuen Höchststand erreicht. Inzwischen gibt es, so eine Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes, fast 7 Millionen Arbeitsverhältnisse, in denen die Beschäftigten nicht mehr als 400 Euro verdienen – das betrifft damit etwa 20 Prozent aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Die meisten geringfügig Beschäftigten sind im Einzelhandel, Gastgewerbe sowie Gesundheits- und Sozialwesen tätig – knapp zwei Drittel sind Frauen. Der Durchschnitt der Verdienste liegt nur bei etwa 260 Euro (West) bzw. 200 Euro (Ost). Mehr als ein Drittel der „Minijobber“ kommt nicht über einen Stundenlohn von 4,99 Euro hinaus.

Manuela Schwesig, Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales:

„Da derzeit mit der Bundesregierung kein gesetzlicher Mindestlohn machbar ist, verabschieden immer mehr Bundesländer eigene Regelungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. So hat zum Beispiel das Land Mecklenburg-Vorpommern sein Vergabegesetz um eine Mindestlohnregelung erweitert und sich für zusätzliche Branchenbundeslöhne auf Bundesebene eingesetzt. Darüber hinaus wollen wir auch die Entwicklung bei Niedriglöhnen und Minijobs genau anschauen und Fehlentwicklungen eindämmen. Unsere Erfahrungen mit dem Instrument der Minijobs zeigen: So, wie sie derzeit sind, tragen sie zur Erosion der Normalarbeitsverhältnisse bei und schwächen die sozialen Sicherungssysteme. Ich sage klar Nein dazu, die Verdienstgrenze anzuheben, um damit nicht noch mehr Minijobs zu schaffen. Dort, wo sie notwendig sind, muss es jedoch eine verlässliche vertragliche Regelung geben, um Missbrauch zu verhindern.“

Uwe Polkaehn, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes Nord:

„Minijobs sind Mist – es müssen daraus Maxijobs werden. Die Minijobber brauchen mehr Geld, mehr Schutz und mehr Anerkennung. Die Kleinstarbeitsverhältnisse verschärfen das Niedriglohnproblem, sie führen wederin ein auskömmliches Arbeitsverhältnis noch verhindern sie Altersarmut.Sie beeinträchtigen die Gleichstellung der Geschlechter am Arbeitsmarkt, die Einkommens-und Erwerbsmöglichkeiten insbesondere von Menschen mit geringer Qualifikation, es entsteht keine Durchlässigkeit zum übrigen Arbeitsmarkt. Den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern werden häufig arbeits- und sozialrechtliche Ansprüche vorenthalten – gesetzliche und tarifliche Arbeitnehmerrechte lassen sich in der dunklen Minijob-Zone noch schwieriger durchsetzen als anderswo in der Arbeitswelt. Der DGB Nord sieht in dem neuen Vergabegesetz des Landes einen wichtigen Schritt hin zum gesetzlichen Mindestlohn.“

Die Ministerin und der DGB Nord sind sich einig in der Zielsetzung, mehr sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse, von denen die Menschen leben können, zu schaffen. Der Teilzeitarbeitsmarkt sei soumzugestalten, dass das Arbeitspotential erhalten bleibe, während die Nachteile der Minijob-Konstruktion abgebaut werden.

Der DGB Nord regte eine gesetzliche Neuregelung der bishergeringfügig entlohnten Arbeitsverhältnisse auf der Basis einer Sozialversicherungspflicht ab dem ersten Euro an. Für bestimmte, gemeinwohlorientierte Tätigkeiten im öffentlichen Interesse oder die Tätigkeit von Schülern, Studenten, Beamten und Rentnern könnten Ausnahmen geschaffen oder erhalten werden. Die Möglichkeit der kurzzeitigen Beschäftigung sei zu wahren, die Möglichkeit sachgrundloser Befristungenvon Arbeitsverhältnissen müsse aber zum Schutz der Arbeitnehmer abgeschafft werden.Um den Beschäftigten und den Arbeitgebern die Anpassung an die geänderten steuerlichen Regelungen zu erleichtern, seien mehrjährige Übergangsregelungen denkbar.

Diese Vorschläge nahm die Ministerin für ihre weiteren Diskussionen gerne auf, unter anderem plant das Arbeitsministerium zur nächsten Länderfachministerkonferenz eine Initiative zum Thema fairer Arbeitsmarkt.

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