Ausgezeichnete junge Autorinnen:
Marica Bodrožić liest aus ihren Erzählungen „Der Windsammler“
Jagoda Marinic liest aus ihrem Roman „Die Namenlose“
Montag, 25.02.08, 20.00 Uhr
Literaturhaus, Schwanenwik 38
Noch immer macht man in Deutschland runde Augen, wenn Autorinnen oder Autoren in einer Sprache schreiben, die nicht ihre Muttersprache ist. Doch es wäre schließlich verwunderlich, wenn Migrantenkinder nicht in deutscher Sprache schrieben, denn schließlich formt die Sprache der Schule die kulturelle Identität. „Die deutsche Sprache“, schreibt Marica Bodrožić, habe sie, als sie im Alter von 10 Jahren ihren Eltern nach Deutschland folgte, „eigenartig umspült, als schwömme ich in ihr wie in einem Bassin wundersamer Töne.“ Indem die kroatisch-stämmigen Autorinnen Bodrožić und Marinic zusätzlich aus ihrer Muttersprache schöpfen, tragen sie zur Bereicherung der deutschen Literatur bei. Meist entzündet sich das Bedürfnis, sich schreibend zu äußern, an der Reibungsenergie zwischen ihren beiden Welten. So war es jedenfalls bei Marica Bodrožić; „das Deutsche entfaltet sich bei ihr zu einem ‚Wunderland’, in dem das ‚Ersterlebte’ und das ‚Neugewonnene’ faszinierende Tonmischungen eingehen“ (Focus). Geografisch ist Marica Bodrožić in ihren neuen Kurzgeschichten, die auf verschiedenen kroatischen Inseln angesiedelt sind und vor dem Hintergrund der Mythen und der politischen Vergangenheit der Region spielen, in ihr Geburtsland zurück gekehrt. Marica Bodrožić lässt „ihre Geschichten in einer seltsam irrealen Zwischenwelt spielen, versucht, eine verborgene Wirklichkeit zu erforschen, in der keine physikalischen Gesetze existieren und die doch von der vertrauten Realität nur durch einen dünnen Schleier getrennt ist“ (ORF).
In Jagoda Marinic Roman „Die Namenlose“ kämpft sich eine namenlose junge Frau durch das wenig geliebte Großstadtleben und versucht, sich so klein wie möglich zu machen, um ihr Leben in einfachen Bahnen nicht zu gefährden. Entwaffnend aufrichtig, treffsicher und mutig schreibt Jagoda Marinic, die 1977 in Waiblingen geboren wurde, über die Schwierigkeit, sich auf das Leben, die Liebe und die eigene Geschichte einzulassen. „Absolut in seinem poetischen Ernst, spartanisch in seinen Mitteln. Marinic hat eine Menge Ingrimm und satirischen Witz und damit ein Buch der Verzweiflung geschrieben, das schwarz ist wie eine Nacht im Gebirge und ruhelos wie ein Tag in Berlin“ (Der Spiegel).
Marica Bodrožić, geb. 1963 im damaligen Jugoslawien (aufgewachsen in der Herzegovina, später in Dalmatien), lebt heute in Berlin. Sie studierte Slawistik, Psychoanalyse, Kulturanthropologie. Nach Gedichten und Essays veröffentlichte sie 2002 ihren ersten Prosaband „Tito ist tot“. Zahlr. Veröffentlichungen u. a. in Lettre International, der FAZ, in manuskripte, essayistische Arbeiten für den Rundfunk und Zeitungen. Für ihre Arbeiten erhielt sie div. Preise und Stipendien, u. a. den Heimito-von-Doderer-Förderpreis, den Adelbert von Chamisso-Förderpreis, das Arbeitsstipendium der Robert-Bosch-Stiftung, den Adalbert-Stifter-Förderpreis, das Hermann Lenz-Stipendium, das Jahresstipendium Else Heiliger-Fonds, 2005 war sie Stadtschreiberin von Bordeaux.
Jagoda Marinic lebt in Heidelberg (zurzeit in New York). Studium der Germanistik, Politologie und Anglistik. In 2007 wurde Marinic zum Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb eingeladen. Veröffentlichungen: „Eigentlich ein Heiratsantrag“, „Russische Bücher“, zuletzt „Die Namenlose“. Auszeichnungen: Stipendium der Hermann-Lenz-Stiftung, Stipendium der Kunststiftung Baden-Württemberg, Grimmelshausen-Förderpreis.