Kulturpolitik systematisch weiterentwickeln

Die Kulturpolitik steht in Deutschland vor großen Herausforderungen. Die Folgen der demografischen Entwicklung führen auch im Kulturbereich zu Verwerfungen, eröffnen aber neue Chancen. Aufgrund der schwierigen finanziellen Situation vieler Länder und Kommunen wird die Lage der Kultureinrichtungen immer dramatischer, von regionalen Disparitäten und der Situation in strukturschwachen Regionen ganz abgesehen. Noch stärker sind die KünstlerInnen und Kreativen betroffen, die von der Kunst nicht mehr leben können. Immer mehr wird deutlich: Es bedarf konzeptioneller Überlegungen und struktureller Entscheidungen, um Kulturpolitik zukunftsfest zu machen. Die Kulturpolitik des Bundes sollte sich dafür als Vorreiter verstehen. Der Koalitionsvertrag bildet dafür eine gute Grundlage. Nie zuvor hat das Thema Kultur in einem Koalitionsvertrag einer Bundesregierung einen so großen Umfang eingenommen. Das ist eine Wertschätzung dieses Politikbereiches, der sicher auch konkrete Taten folgen werden.

Die Bundeskulturpolitik soll nach dem Willen der Koalitionsparteien in Zukunft »intensiver und systematischer« betrieben werden und sich an Förderkriterien orientieren, »um eine systematische und eindeutig strukturierte Förderkulisse zu erreichen.« Dazu gehört auch die Absicht, dass »die kulturelle Infrastruktur in Deutschland fortentwickelt, modernisiert und an die neuen Herausforderungen angepasst« werden soll. Hier kann der Bund Impulse geben und sei es durch die formulierte Absicht, der »Analyse, dem Austausch und der Reflexion« mehr Aufmerksamkeit zu schenken und durch eine »verstärkte Kulturpolitikforschung und eine gegebenenfalls gesetzlich zu sichernde Kulturstatistik« zu untermauern. Denn eine systematisch betriebene Kulturpolitik setzt Wissen über gesellschaftliche und kulturelle Prozesse und Strukturen voraus.

Hervorzuheben ist auch der erklärte Wille, die Kulturförderung über die Kulturstiftung des Bundes und die mit ihr verbundenen Bundeskulturfonds (in ihrem autonomen Status und finanziell!) zu stärken und einen Musikfonds für die Entwicklung der zeitgenössischen Musikkultur zu gründen, um »eine Lücke im Fördersystem zu schließen.« Denn die Kulturstiftung des Bundes steht für eine konzeptorientierte Kulturförderung, und die selbst verwalteten Bundeskulturfonds repräsentieren mit ihrer Autonomie und Szenenähe ein Modell der staatsfernen Kulturförderung, dessen Möglichkeiten noch lange nicht ausgereizt sind. Dies gilt auch für die Förderung der Kunstform Tanz und die Notwendigkeit, »interkulturelle Belange« noch stärker in den Fokus der öffentlichen Kulturförderung zu rücken.

ie Große Koalition will an dem programmatischen Ziel festhalten, »jedem Einzelnen unabhängig von seiner sozialen Lage und ethnischen Herkunft gleiche kulturelle Teilhabe in allen Lebensphasen zu ermöglichen«, und hält dafür die kulturelle Bildung für »unverzichtbar«. Dieses Thema bleibt hochaktuell, wie im Zusammenhang damit auch ein „ausgewogenes Verhältnis zwischen verlässlicher Strukturförderung und innovativer Projektförderung“, das schon jetzt auf der Agenda der bundesweiten kulturpolitischen Debatten steht. Dies gilt auch für die soziale Absicherung der KünstlerInnen und Kreativen, für die der Vertragstext Verbesserungen verspricht. Auch an diesem Versprechen wird die Kulturpolitik des Bundes gemessen werden.

Quelle: Kulturpolitische Gesellschaft

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