Offiziell gibt es erst morgen Einzelheiten – tatsächlich ist der 65seitige Koalitionsvertrag aber bereits „auf dem Markt“ und kann am Ende dieses Beitrags heruntergeladen werden. Einige Überraschungen, einige Enttäuschungen – hier ein paar Stichpunkte. Links in der neuen Umfrage können Sie Ihre Meinung sagen.
Kita
Der Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung wird für Kinder ab zwei Jahren eingeführt. Fünfjährige dürfen die Kitas täglich fünf Stunden kostenlos besuchen; mehr Stunden müssen bezahlt werden. Auch das Mittagessen bleibt kostenpflichtig. Sprachförderung soll ein zusätzliches Kriterium für den besonderen Förderbedarf werden. Kindertagespflege durch Tagesmütter/-väter soll zu einem regulären Berufsbild weiterentwickelt werden.
Schule
Die künftige Gliederung heißt Primarschule – Gymnasium – Stadtteilschule. Das Gymnasium führt zum Abitur am Ende von Klasse 12, die Stadtteilschule am Ende von Klasse 13. Vielfältig geht es in der Primarschule zu, die gleich in drei Varianten eingerichtet werden soll:
– Als siebenjährige Primarstufe (Vorschule bis Klasse sechs) an einem Standort,
– Als vierjährige Grundstufe (Vorschule bis Klasse drei) am Grundschulstandort mit drei weiteren anschließenden Jahren an einer kooperierenden Stadtteilschule oder einem kooperierenden Gymnasium
– Als „Langformschule“, bei der die Jahrgänge 0 bis 7 direkt am Gymnasium oder an der Stadtteilschule geführt werden.
Auf das Gymnasium darf ansonsten gehen, wer am Ende von Klasse sechs die entsprechenden Leistungen zeigt.
Vom kommenden Schuljahr an wird es keine neuen isolierten Hauptschulklassen mehr geben.
Etwa 50 weitere Schulen werden zu Ganztagsschulen ausgebaut, besonders im Grundschulbereich.
Die Lernmittelfreiheit wird NICHT wieder eingeführt.
Kultur
Die Elbphilharmonie soll gebaut und für alle Hamburgerinnen und Hamburger zugänglich werden. Ein „Tag der Musik“, ein Straßenmusikfestival und ein Kultur-Festival mit Musik als Schwerpunkt sollen die „Musikstadt Hamburg“ entwickeln. Eine mittelgroße Pop-Halle soll gefördert werden, Wilhelmsburg soll eine Open-Air-Bühne bekommen.
Die Mittel für Stadtteilkultur sollen „leicht erhöht“ werden, der Bestand der Geschichtswerkstätten wird gesichert. Auch die Förderung der Privattheater soll verbessert werden.
Kreativwirtschaft und Medien
Die Filmförderung wird aufgestockt, ein Dokumentarfilmfestival gefördert und die Förderung für das schwullesbische Filmfest erhöhht. Beim Senat soll ein/e Medienbeauftragte´/r mit Branchenerfahrung eingesetzt werden.
Wissenschaft
Eine Wissenschaftsstiftung wird eingerichtet. Studiengebühren BLEIBEN, allerdings in Form nachgelagerter Gebühren für alle, von der es kaum noch Ausnahmen gibt. Sie betragen 375 Euro je Semester, egal, ob am Ende Examen gemacht wird oder nicht. Während des Studiums gibt es eine Zwischenfinanzierung. Die Zinsen übernimmt die Stadt. Die Rückzahlungspflicht setzt bei einem Jahreseinkommen von 30.000 EUR brutto ein.
Zangsexmatrikulationen werden gestoppt.
Kraftwerk
Die zuständige Behörde entscheidet rechtlich über die Genehmigung zum Bau und Betrieb des Kohle-Kraftwerks Moorburg. Zugleich wird Hamburg europaweit den Betrieb des Hamburger Fernwärmenetzes ausschreiben – inklusive grundlastfähiger Kraftwerkskapazitäten zum Betrieb des Netzes.
Elbe und Hafen
Die Partner sind sich uneinig, wollen aber das Planfeststellungsverfahren zur Elbvertiefung fortführen und anschließend die Pläne umsetzen. Zugleich sollen an verschiedenen Stellen naturnahe Vordeichflächen geschaffen werden, um den Tiedehub zu begrenzen. Genennt sind Kreetsand, Spadenländer Spitze, Spadenländer Ausschlag, Billwerder Insel und Ellerholz.
Angestrebt wird, den Freihafen aufzulösen.
Klimaschutz
Hamburg will die energetischen Standards für Neubauten weiter anheben. Auch an Altbauten im Bestand werden – stufenweise steigende – Anforderungen gestellt. Wer Heizungen neu einbaut oder alte Heizungen austauscht, muss dabei auch Solarwärme oder gleichwertige Technologien einbeziehen.
Arbeitsmarkt
Rund 4.000 zusätzliche Arbeitsplätze sollen in den Stadtteilen geschaffen werden. Das Förtderprogramm für Existenzgründer soll verbessert werden.
Verkehr
Es sollen Möglichkeiten für zwei Ost-West-Straßenverbindungen geprüft werden; die südliche eher als Autobahn, die nördliche als ertüchtigte Stadtstraße. Dabei scheiden verschiedene Varianten von vorn herein aus – zum Beispiel die aufgeständerte Lösung über den Spreehafen.
Die A 26 soll an die A 7 angeschlossen, die Ortsumgehung Finkenwerder trotzdem gebaut werden. Die U 4 wird fortgeführt, eine Niederflur-Stadtbahn von Steilshoop bis Borgweg gebaut. Anschließend wird das Netz erweiteret – wo, steht noch nicht fest.
Die Einführung von 1.000 Umwelt-Taxis mit Gas-Antrieb wird angestrebt.
Soziales
Es wird wieder ein Sozialticket geben – in Form von 18 € Nachlass auf den regulären Preis. Prostituierten sollen Hilfen zum Ausstieg geboten werden.
Ein Landesgesetz soll die Bedingungen für stationäre und ambulante Einrichtungen und Pflegeangebote für Menschen mit Behinderungen und Pflegebedarf regeln. Die Heimaufsicht wird ausgebaut, Wohngemeinschaften sollen unterstützt werden.
Familienförderung, Jugendhilfe
Eltern-Kind-Zentren werden ausgebaut, die Stundenkontingente der Familienhebammen erhöht. Für die U-Untersuchungen soll eine größere Verbindlichkeit erreicht werden. Es sollen mehr Streetworker auf die Straßen und eine überregionale Straßensozialarbeit organisiert werden.
Die Geschlossene Unterbringung Feuerbergstraße wird zügig geschlossen.
Inneres und Justiz
Die Entwaffnungsstrategie wird fortgesetzt. Videoüberwachung bleibt, soll aber vorerst nicht ausgebaut werden. Bei der Polizei werden Anti-Konflikt-Teams eingeführt.
Abschiebungen werden insgesamt neu geregelt, solche nach Afghanistan für Familien mit Kindern bis auf weiteres ausgesetzt. Neu eingereiste Flüchtlinge sollen wieder in Hamburg untergebracht werden (statt in Mecklenburg-Vorpommern).
Das Strafvollzugsgesetz wird geändert und wieder in zwei Gesetze (für Jugendliche und Erwachsene) getrennt.
Bürgerrechte und Verfassung
Eine „Zentralstelle für Transparenz und Bürgerrechte“ soll künftig Ungerechtigkeiten nachgehen.
Für die Verbindlichkeit von Volksentscheiden wird eine einvernehmliche Regelung angestrebt. Zu diesem Zweck „wird die GAL durch ihr Abstimmungsverhalten der CDU ermöglichen, zu dem Vorschlag der Volksinitiative dem Volk einen Gegenvorschlag der Bürgerschaft vorzulegen“.
Behördenstruktur
Einige Bereiche wechseln ihre Zuordnung:
– Das Sportamt geht aus der Schul- in die Kulturbehörde
– das Referat Energiewirtschaft für öffentliche Gebäude aus der Wirtschafts- in die Stadtentwicklungsbehörde
– das Amt für Medien, Tourismus, Marketinmg aus der Wirtschafts- in die Kulturbehörde
– der Landebetrieb Hamburgische Münze aus der Wirtschafts- in die Finanzbehörde.
Die GAL übernimmt die Leitung der Behörden für Schule, Stadtentwicklung und Umwelt sowie Justiz, die übrigen übernimmt die CDU. Die CDU stellt zehn, die GAL vier Staatsrätinnen oder Staatsräte.
Den kompletten Text des Koalitionsvertrages können Sie hier als PDF herunterladen.Klimaaa
Zur Einführung der sechsjährigen Grundschule stellt sich für mich die Frage, ob meine beiden Töchter hiervon betroffen sein werden. Die älteste kommt 2010 in die dritte Klasse, unsere jüngste Tochter wird dann eingeschult.
Für eine rasche Antwort wäre ich Ihnen dankbar. Grüße, S. St.
Anm. d. Red.: Ja, beide. Jedenfalls ist das die bisherige Planung.
Ab wann gelten denn die Änderungen im Kita-Gesetz? Ein Koalitionsvertrag ist sicherlich keine noch Rechtsgrundlage, oder?
Bei mir geht es um den Erhalt des Kita-Platzes nach der Geburt des Geschwisterchens. Das 2. Kind kommt im Oktober 2008, habe ich (bzw. der Erstgeborene)Chancen von den Änderungen zu profitieren? MfG MM