Kindertagesstätten brauchen endlich ein Konzept aus einem Guss, meint die GEW. Gruppengrößen und ErzieherInnenausbildung, Qualitätsansprüche und Elternbeiträge, Zugangsberechtigungen etc. müssen endlich verbindlich und einheitlich geregtelt werden, meint die Gewerkschaft.
Ein Gesamtpaket für die Kindertagesstätten hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vorgeschlagen. „Die Gesellschaft erwartet von der Politik keine Geschenke, sondern Perspektiven. Es muss klar werden, mit welchen Schritten der Ausbau der Kitas bis zum Jahr 2010 zu qualifizierten Bildungseinrichtungen umgesetzt wird“, sagte das für Jugendhilfe zuständige GEW-Vorstandsmitglied Norbert Hocke mit Blick etwa auf den populistischen Vorstoß von Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD).
Der Sozialdemokrat glaube, im Landtagswahlkampf mit der Ankündigung, die Elternbeiträge für den Kindergartenbesuch abzuschaffen, zu punkten. „Das reicht für eine Qualitätsverbesserung in den Kitas aber bei weitem nicht aus“, betonte Hocke.
Bildungsgewerkschaft, Erziehungswissenschaftler, Arbeitgeber, Unternehmensberater und Familienverbände seien sich einig, dass ein fünf Punkte umfassendes Gesamtpaket geschnürt werden müsse. „Wir brauchen unbedingt einen Rechtsanspruch für alle Kinder von Geburt an, die für sie geeignete Kindertagesstätte zu besuchen“, unterstrich der Gewerkschafter.
Zweitens müsse darum geworben werden, dass alle Kinder vor der Schule mindestens drei Jahre eine ganztägig geöffnete Einrichtung besuchen. Kindertagesstätten, die Bildung
vermitteln sollen, brauchten entsprechend ausgebildetes Personal.
„Erzieherinnen sollen deshalb endlich, wie in allen europäischen Ländern bereits Standard, an Hochschulen ausgebildet werden“, benannte Hocke als dritten Punkt.
Er machte sich außerdem für bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere Bezahlung der Erzieherinnen stark. Wenn die Kita-Bildungspläne, die in allen Bundesländern in den vergangenen Jahren entwickelt worden sind, Realität werden sollen, brauchten Erzieherinnen mehr Zeit für Vor- und Nachbereitung. Unter diesen Rahmenbedingungen sei es fünftens sinnvoll, die Eltern nicht mehr mit Kita-Gebühren zur Kasse zu bitten. „120 Jahre nach Abschaffung des Schulgeldes in Deutschland ist diese Entscheidung längst überfällig“, betonte Hocke.
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Info: Das Institut der deutschen Wirtschaft, die Unternehmensberatung McKinsey und die Friedrich Ebert Stiftung beziffern die jährlichen Mehrkosten für diese Maßnahmen auf vier bis fünf Milliarden Euro. Zu finanzieren sei dies vor allem aus zu erwartenden Einsparungen im späteren Bildungsverlauf. Viele Jugendliche scheitern beispielsweise deshalb in der Schule, weil ihnen in jungen Jahren auf ihrem Bildungsweg zu wenig mitgegeben wurde. So kosten allein Sitzenbleiber, Schulabbrecher und die später notwendigen Nachqualifizierungen jährlich 4,4 Milliarden Euro.