Kinderschutzbund prangert Armut in Hamburg an

Am Weltkindertag 2007 prangert der Hamburger Kinderschutzbund die erneut gestiegene Zahl von Armut betroffener Kinder und die damit für sie verbundenen Einschränkungen an. „Leider kommen die positiven Auswirkungen des Wirtschaftsaufschwunges nicht bei allen Bevölkerungsgruppen an“, so Geschäftsführer Uwe Hinrichs.

Hinrichs weiter: „Die Zahl der armen Kinder in Hamburg ist innerhalb des letzten Jahres von 52.000 auf 55.000 gestiegen.“

Für viele Kinder bedeutet das:

1. erheblich reduzierte Chancen auf einen guten Schulabschluss

2. einen mangelhaften Gesundheitszustand, bedingt durch schlechte Ernährung und mangelnde Bewegung

3. eine extrem eingeschränkte Teilhabe an kulturellen und Freizeitaktivitäten.

Der Vorsitzende des Hamburger Kinderschutzbundes, Prof. Wulf Rauer, weist mit großer Sorge auf die geringeren Bildungschancen armer Kinder hin: „Kinder von Eltern mit einem Haushaltseinkommen von über 60.000 Euro im Jahr haben eine zwölffach höhere Chance in Hamburg ein Gymnasium zu besuchen als Kinder aus Haushalten mit weniger als 20.000 Euro. Armut führt zur Bildungsbenachteiligung.“

Insbesondere die PISA-, IGLU- und KESS-Studien haben den Zusammenhang zwischen dem Leben in Armut und dem Bildungsmisserfolg nachgewiesen. Diese Benachteiligung ist bereits im Vorschulalter deutlich erkennbar und verfestigt sich bis zum Schulabschluss!

Schülerinen und Schüler der Sophie-Barat-Schule überprüften, ob es möglich ist, mit den bei HARTZ IV vorgesehenen Regelsätzen für Nahrungsmittel, Kleidung und Freizeitaktivitäten auszukommen. Sie recherchierten bei Discountern und Supermärkten und stellten z. B. fest, dass der Tagesregelsatz von 2,57 Euro für Nahrungsmittel für 12- bis 14-Jährige bei weitem nicht für ein ausgewogenes und gesundes Essen ausreicht.

Ihre Recherche deckt sich mit den Ergebnissen einer vom Forschungsinstitut für Kinderernährung kürzlich vorgestellten Studie: Je älter die Kinder sind, desto größer klafft die finanzielle Lücke. Die Folgen sind dramatisch. Die Anzahl der fehlernährten Kinder ist bei armen Kindern doppelt so hoch. Es drohen für diese Kinder schwere chronische Erkrankungen.

Erschüttert zeigen sich die Schülerinnen und Schüler über die eingeschränkten Möglichkeiten der von Hartz IV betroffenen Kinder, an Freizeit- und Kulturangeboten der Stadt teilzunehmen. Hier ist lediglich ein monatlicher Regelsatz von 3,76 Euro vorgesehen. „Dann müsste ich mich sofort vom Sportverein abmelden und könnte nur alle zwei Monate einmal ins Kino gehen“, so ein 14-jähriger Handballer.

Chancengleichheit für Kinder deutlich erhöhen!

Der Kinderschutzbund fordert den Senat der Freien und Hansestadt Hamburg auf, sich für eine Erhöhung des Regelsatzes für Kinder sowie für eine grundlegende Revision der Hartz IV-Gesetze einzusetzen. Die Gewährung einmaliger Hilfen für Bekleidung, Schulbedarf und Krankheitskosten muss wieder sichergestellt werden. „Studien belegen“, so Hinrichs, „dass bei längerem Leistungsbezug die Betroffenen nicht in der Lage sind, Rücklagen für Winterbekleidung oder Einschulung ihres Kindes zu bilden. Aber selbst mühsam gebildete Rücklagen werden durch Nachforderungszahlung wegen gestiegener Energiekosten wieder aufgezehrt.“

Prof. Rauer: „Die Erhöhung des Regelsatzes reicht jedoch allein nicht aus, Chancengleichheit für arme Kinder sicherzustellen. Um die Bildungschancen armer Kinder deutlich zu erhöhen, müssen für diese kostenlose Kindertagesbetreuungsplätze vorgehalten werden. Bildung findet bereits in der Kita statt, deswegen darf arbeitslosen Eltern das Kita-Gutscheinsystem für einen Ganztagesplatz nicht verwehrt werden. Kinder müssen zudem so lange wie möglich gemeinsam lernen.“

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