Kinderarmut: Da ist Hamburg wirklich „Spitze“

Die SPD-Bürgerschaftsfraktion hat in der Bürgerschaft die massive Verschlechterung der Lebenschancen von Kindern aus armen Familien beklagt. „In Hamburg ist die Kinderarmut doppelt so hoch wie im Durchschnitt der westlichen Bundesländer“, sagte der Sozialpolitiker Uwe Grund.

Grund sprach von einer „zynischen Entwicklung“: „Die Wirtschaft in unserer Stadt entwickelt sich dynamisch, die Reichen werden reicher, und gleichzeitig wachsen immer mehr Kinder in Hamburg in Armut auf – inzwischen fast jedes Vierte“, sagte Grund. Der SPD-Abgeordnete Dirk Kienscherf bemängelte, der Senat kenne wichtige Fakten nicht, die für eine wirkungsvolle Armutsbekämpfung notwendig sind.

Grund untermauerte seine Kritik mit öffentlichen Aussagen des Senats. Danach ist etwa im Bezirk Harburg die Anzahl der Kinder, die in Haushalten mit SGB-2-Unterstützung leben, seit März 2005 um 4,5 Prozent gestiegen. Im Bezirk Mitte sei die Situation noch schlimmer, sagte Grund. Dort sei die Zahl der Personen unter 18 Jahren im selben Zeitraum um 2061 angewachsen, also um knapp sechs Prozent. „Es gibt inzwischen Quartiere, in denen vier von zehn Kindern in Armut leben.“

Kinderarmut sei eine Schande für Hamburg, Kinderarmut könne sich diese reiche Stadt nicht leisten. Aber statt die Chancen für Kinder zu verbessern und den Teufelskreis der oft von Generation zu Generation weiter vererbten Armut zu durchbrechen, mache der Senat das Gegenteil: „Die Hürden für Kinder aus ärmeren Schichten werden immer höher gelegt“, sagt Grund. Der Senat müsse endlich die familien-, sozial- und bildungspolitischen Grausamkeiten zurücknehmen, mit denen er die Zukunftsperspektiven für Kinder aus benachteiligten Familien verbaue.

„Der Senat darf Kinder aus ärmeren Schichten nicht länger abkoppeln. Das fängt bei personell besser ausgestatteten Kinderbetreuungseinrichtungen an. Das betrifft gebührenfreie Lernmittel und kostenlose Freizeiteinrichtungen. Das betrifft ein Hochschulstudium ohne Gebührenzwang, einem günstigen Sozialticket“, sagte Grund. Der Warenkorb für Hartz IV-Empfänger müsse dringend neu berechnet werden. Auch die Sätze für Ernährung seien viel zu niedrig. „Für Kinder unter 14 Jahre sind 2,71 Euro für die tägliche Ernährung vorgesehen. Der Kinderschutzbund fordert das zwei bis dreifache, und er hat Recht“, sagt Grund

Der SPD-Sozialexperte Dirk Kienscherf warf der Sozialsenatorin vor, sich nicht ernsthaft um die Armutsbekämpfung in Hamburg zu kümmern. „Vor zwei Jahren verkündete die Sozialbehörde, regelmäßig Daten über Armut im einzelnen Stadtteil erheben und veröffentlichen zu wollen. Passiert ist nichts.“ Der Senat verweigere den Blick in die Quartiere. Deshalb fehlten ihm die Daten, die für eine effektive Armutsbekämpfung notwendig sind.

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