Nora Bossong liest aus „Webers Protokoll“ (Frankfurter Verlagsanstalt)
– Ausgewählt für LiteratourNord –
Sonntag, 25. Oktober, 17.30 Uhr TeaTimeLesung
Literaturhaus, Schwanenwik 38
2005 rief Joschka Fischer eine unabhängige Historikerkommission ins Leben; sie sollte prüfen, wie tief das Auswärtige Amt in die nationalsozialistischen Verbrechen verstrickt war. Schließlich sollen, als 1951 die Bundesregierung unter Konrad Adenauer die Wiederverwendung ehemaliger Beamter beschloss, zwei Drittel der wieder in den Dienst aufgenommenen Diplomaten ehemalige Nazis gewesen sein. Nora Bossongs neues Buch ist ein über mehrere Zeitebenen konstruierter, spannender Roman über einen deutschen Diplomaten unter Hitler und im späteren Nachkriegsdeutschland, in dem jeder das Vergangene vergessen machen wollte. Sie erfindet eine junge Frau, die über einen Herrn Dr. Konrad Weber, 1943 Vizekonsul in Mailand und später Legationsrat der deutschen Botschaft beim Vatikan, Genaueres wissen möchte und einen alten Diplomaten, der Weber noch gekannt haben will. Im Hinterzimmer eines Hotels wird Webers Geschichte erzählt; war er ein Mitläufer? Ein Täter? Ein heimlicher Widerständler? Oder alles zusammen? Nora Bossong entwirft eine Figur mit einer merkwürdigen Distanz zur Welt, „vor allem aber zu sich selbst. Ein Mann, der unauffällig in jedem Protokoll aufzugehen in der Lage ist und sich später wünscht, das Protokoll seines eigenen Lebens möge getilgt werden …“ (Volltext). „ ‚Webers Protokoll’ ist ein unheimlich hochkonzentrierter und zugleich vielschichtiger Roman voller präziser Sprachgewalt, das Psychogramm eines Zeitzeugen und nicht zuletzt ein spannender Krimi. Doch am stärksten ist die Spannung, die sich zwischen den Generationen aufbaut; im Namen dieser Spannung stellt der Roman die wichtigsten Fragen“ (Frankfurter Rundschau).
Nora Bossong, geb. 1982 in Bremen, lebt in Berlin. Für ihren Debütroman „Gegend“ (FVA, 2006) erhielt sie das Leipziger Literaturstipendium und das Prosawerk-Stipendium der Jürgen-Ponto-Stiftung. 2007 erschien ihr Gedichtband „Reglose Jagd“ (zu Klampen). Sie erhielt u. a. ein Stipendium der Stiftung Niedersachsen und das Bremer Autorenstipendium. Bis Februar 2009 war sie Stipendiatin im Deutschen Haus in New York.
Carola Ebeling moderiert