Ob Kosten für einen Haushalt, Lebenshaltungskosten oder Kosten für einen Kredit – Jugendliche wissen häufig nicht, welche Geldbeträge sie dafür aufwenden müssen. In Schleswig-Holstein sind 5.600 Jugendliche durch Schuldnerberatungsstellen befragt worden: Die Defizite alarmieren.
Das Fazit: In den Familien werden die Themen „Werte und materielle Wünsche“ sowie der „Umgang mit Geld“ zu wenig diskutiert. Die Koordinierungsstelle Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein fordert den Ausbau der bereits bestehenden Präventionsangebote insbesondere an Schulen.
Die Befragung der Schülerinnen und Schüler hat im Jahr 2010 begonnen. Jetzt legte die beim Diakonischen Werk Schleswig-Holstein angesiedelte Koordinierungsstelle Schuldnerberatung die Ergebnisse der dritten Auswertung vor. Leiterin Alis Rohlf am Freitag in Kiel: „Die Trends der ersten Befragungen sind auch in diesem Jahr bestätigt worden. Wir registrieren in über alle Schularten hinweg massive Lücken in der finanziellen Allgemeinbildung. Wenn wir in Zukunft weniger hoch verschuldete Erwachsene haben wollen, müssen wir heute reagieren.“
In Schleswig-Holstein sind 100.000 Haushalte überschuldet. Überschuldung bedeutet persönliches Leid und belastet zusätzlich die Allgemeinheit mit hohen sozialen Folgekosten. Bei den 35 anerkannten Schuldnerberatungsstellen in Schleswig-Holstein stehen Fachkräfte bereit, um Präventionsveranstaltungen durchzuführen. Diese, so Rohlf, müssten in einer deutlich größeren Zahl angeboten werden können.
„Bis zum Ende des vergangenen Jahres gab es fünf spezialisierte Präventionsprojekte, die vorwiegend Jugendliche und junge Erwachsene in Schulen erreicht haben. Neben den Angeboten für Jugendliche besteht ebenfalls ein hoher Bedarf an Angeboten für Erwachsene, zunehmend auch für Rentner“, ergänzte Rohlf.
Die Schuldnerberatungen stellen immer wieder fest, dass Kindern und Jugendlichen die Fähigkeit, mit Geld verantwortungsvoll umzugehen, in vielen Familien nicht vermittelt wird. Auch eine Diskussion um Werte und um die Fragen „Was ist wichtig in meinem Leben“ und „Welche Bedeutung hat die Erfüllung materieller Wünsche“ werde zu selten geführt.
Die Befragung hat ergeben, dass zwei Drittel der Jugendlichen unter 18 Jahren bereits im Internet eingekauft haben. Ein alarmierendes Ergebnis: 17 Prozent der Netzkäufer wissen nicht mehr, auf welche Weise die Ware bezahlt wurde. Ein weiteres Ergebnis: Viele Jugendliche haben keine realistische Vorstellung von ihrem späteren Verdienst. Über ein Drittel der Befragten konnte zudem die Mindestkosten für einen eigenen Haushalt nicht richtig einschätzen. Zwei Drittel konnten zu den Kosten eines Kredits gar keine Angaben machen oder schätzten diese viel zu gering ein.
Gefahren und Risiken im Internet, desolates Finanzwissen, hohe materielle Erwartungen verbunden mit einer großen Verschuldungsbereitschaft stellen gerade für junge Haushalte ein hohes Verschuldungsrisiko dar. Dazu Alis Rohlf: „Kinder und Jugendliche müssen auf den verantwortungsvollen Umgang mit Konsumwünschen, Einkommen und Kosten vorbereitet werden. Unsere Untersuchung zeigt, dass das in zahlreichen Elternhäusern nicht geleistet wird. Die Präventionsangebote der Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein sind daher wichtiger denn je und müssen ausgebaut werden.“