Der DGB fordert: Arbeitnehmer vor dem Absturz schützen! Das Armutsrisiko ist erschreckend und muss wieder reduziert werden.
Erst arbeitslos, dann arm: 20562 Beschäftigte in Hamburg sind nach Berechnungen des DGB nach Verlust des Jobs direkt in das Hartz IV-System gerutscht. Sie mussten Hartz IV-Stütze bereits bei Eintritt der Arbeitslosigkeit beziehen, obwohl sie zuvor Beiträge zur Arbeitslosenversicherung gezahlt hatten – die Zeit ihrer Berufstätigkeit hatte aber nicht ausgereicht, um Ansprüche auf Arbeitslosengeld aufbauen zu können; andere haben so schlecht verdient, dass sie ergänzend zum Arbeitslosengeld auf Hartz IV angewiesen sind.
Der Weg vom Beschäftigten zum Hartz IV-Empfänger ist für viele sehr kurz geworden. In Hamburg ist diese Abwärtsspirale nach Einschätzung des DGB stark ausgeprägt. Bereits 30 Prozent der Beschäftigten, die sich im vergangenen Jahr neu arbeitslos melden mussten, waren auf staatliche Stütze in Form von Hartz IV angewiesen. „Arbeit braucht mehr Wertschätzung und mehr Sicherheit durch eine neue Ordnung in der Arbeitsmarktpolitik. Das Sicherungsnetz der Arbeitslosenversicherung ist äußerst grobmaschig, so dass viele bei eintretender Arbeitslosigkeit sofort hindurch fallen“, so Uwe Grund, Vorsitzender des DGB Hamburg.
Bundesweit waren es 2012 rund ein Viertel der Beschäftigten, die nach Jobverlust direkt ins Hartz IV-System rutschten. Uwe Grund: „Der Eintritt der Arbeitslosigkeit führt hier häufiger und schneller direkt in Armut als im Bundesschnitt insgesamt. Diese Entwicklung ist aus gewerkschaftlicher Sicht erschreckend und macht gesetzliche Korrekturen notwendig. Das ist ein Thema für Senat, Bundestag und Bundesrat“.
Zwischen den einzelnen Branchen zeigen sich aber auch in Hamburg deutliche Unterschiede. Niedriger als in anderen Branchen ist das Risiko in der Industrie. 15 Prozent der Beschäftigten im verarbeitenden Gewerbe, die 2012 den Job verloren haben, mussten staatliche Fürsorgeleistungen beziehen. Im Gastgewerbe stieg die Hartz IV-Bedürftigkeit bereits auf 37 Prozent derjenigen, die den Job verloren haben. Bedrückend ist das Armutsrisiko aber insbesondere in der Leih- und Zeitarbeit. 45 Prozent aller Leiharbeitskräfte, die 2012 den Job verloren haben, mussten Hartz IV beantragen und sich vor den Behörden weitgehend „finanziell“ ausziehen. Leiharbeitskräfte verlieren folglich nicht nur weit häufiger den Job als in der Industrie, sondern sind zugleich weit häufiger nach Jobverlust auf Hartz IV angewiesen.
Der DGB hält es für dringend erforderlich, den sozialen Schutz der Arbeitslosenversicherung wieder zu verbessern. Prekär Beschäftigten müsse ein besserer Einstieg in den Versicherungsschutz sowie zur Arbeitsförderung eröffnet werden.
„Es wäre klug und lebensnah, zu dem Recht zurückzukehren, das bis Februar 2006 galt. Einen Versicherungsanspruch von zumindest sechs Monaten nach Beitragszeiten von drei Jahren zu eröffnen, würde für den Anfang helfen. Das Hartz IV-System könnte so wirksam entlastet werden, befristet und prekär Beschäftigte wären sozial besser abgesichert. Indirekt werden so auch die Kommunen entlastet, die sonst die Wohnkosten für arbeitslose Hartz IV-Empfänger übernehmen müssen“, so Uwe Grund.