IMK prognostiziert BIP-Wachstum von 0,5 Prozent 2019 und 0,8 Prozent 2020

Nur schwach wachsende Ausfuhren und eine sehr geringe Dynamik bei den Unternehmensinvestitionen einerseits, robuster privater Konsum, höhere Staatsausgaben und eine relativ lebhafte Bautätigkeit andererseits prägen die konjunkturelle Entwicklung im ablaufenden und im kommenden Jahr.

Unter dem Strich wird die deutsche Wirtschaft 2019 und 2020 leicht wachsen, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) nimmt im Jahresdurchschnitt um 0,5 und um 0,8 Prozent zu, wobei im kommenden Jahr die größere Zahl an Arbeitstagen eine wichtige Rolle spielt – ohne sie würde das BIP 2020 nur um 0,4 Prozent steigen. Zu diesen Ergebnissen gelangt das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung in seiner neuen Konjunkturprognose.* Der jahrelange Beschäftigungsaufbau kommt im Jahresverlauf 2020 nahezu zum Erliegen, die Arbeitslosigkeit nimmt aber nur geringfügig zu: Die Arbeitslosenquote liegt im Jahresdurchschnitt 2019 bei 5,0 und 2020 bei 5,1 Prozent (Detaildaten unten).

Gegenüber seiner Prognose vom September hebt das IMK die Wachstumserwartung für beide Jahre minimal um 0,1 Prozentpunkte an. Zentrale Faktoren für das weiterhin insgesamt schwache Wachstum sind die von den USA ausgelösten Handelskonflikte, die verlangsamte Wirtschaftsentwicklung in China und die fortbestehende Unsicherheit über die konkrete Ausgestaltung des Brexits. Dabei gehen die Konjunkturexperten in ihrer Prognose weder von einer Eskalation im Handelsstreit mit den USA aus noch von einem No-Deal-Ausstieg der Briten.

„Ohne das robuste Wachstum sowohl der privaten wie der öffentlichen Konsumausgaben sowie des Wohnungsbaus wäre die deutsche Konjunktur in eine Rezession abgeglitten“, beschreiben die Autorinnen und Autoren der Prognose das aktuelle Konjunkturbild. Da auch für das kommende Jahr in der Weltwirtschaft allenfalls eine Entspannung, aber keine durchgreifende Erholung absehbar sei, hänge die erwartete leichte Belebung der Wirtschaftsentwicklung in Deutschland im Wesentlichen an der Binnenwirtschaft. Diese werde wiederum maßgeblich von weiterhin spürbar steigenden Löhnen und Stabilität am Arbeitsmarkt getragen.

Vom Außenhandel kommt per Saldo dagegen ein negativer Wachstumsbeitrag – ungeachtet dessen, dass die preisliche Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft nach IMK-Analyse „ohnehin schon auf hohem Niveau“ liegt und sich 2020 „nochmals geringfügig verbessert“. Aufgrund der weiterhin hohen Exportorientierung der deutschen Wirtschaft schlägt die schwache Weltkonjunktur spürbar durch. Das zeigt auch der Vergleich mit der BIP-Steigerung in stärker binnenwirtschaftlich ausgerichteten Euro-Ländern wie Frankreich und Spanien, wo die Wirtschaft 2020 und 1,4 und 1,9 Prozent wachsen wird. Die Wirtschaftsleistung im Euroraum nimmt laut IMK im nächsten Jahr um 1,2 Prozent zu. Der größte konjunkturelle Problemfall unter den Euro-Ländern bleibt Italien, wo die Wirtschaft im kommenden Jahr nur geringfügig wächst.

„Wirtschaft könnte mit einem blauen Auge davonkommen. Aber keine schnelle Erholung in Sicht“

„Es sieht so aus, als könnte die deutsche Wirtschaft in diesem Abschwung mit einem blauen Auge davonkommen. Allerdings gibt es derzeit zugleich wenig Anzeichen, dass sie sich schnell erholt“, fasst Prof. Dr. Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des IMK den aktuellen konjunkturellen Ausblick zusammen. In dieser Situation sei die nationale und europäische Wirtschaftspolitik gefragt. „Dabei gibt es die Chance, durch Investitionen gleichzeitig positive Konjunkturimpulse zu setzen und die drängenden langfristigen Aufgaben anzugehen, beispielsweise die Dekarbonisierung der Wirtschaft“, sagt Dullien. Eine ausführliche Analyse der wirtschaftspolitischen Herausforderungen wird das IMK am 7. Januar auf einer Pressekonferenz in Berlin vorlegen.

Kerndaten der Prognose für 2019 und 2020 (siehe auch Tabelle 1 im Report; Link unten)

Arbeitsmarkt


Die positive Entwicklung am Arbeitsmarkt schwächt sich ab und kommt im Jahresverlauf 2020 vorerst nahezu zum Stillstand. 2019 legt die Zahl der Erwerbstätigen laut IMK noch um knapp 398.000 Personen oder 0,9 Prozent im Jahresdurchschnitt zu. 2020 steigt die Erwerbstätigkeit nur noch um 0,1 Prozent auf dann 45,3 Millionen Menschen. Die Zahl der Arbeitslosen geht 2019 noch um etwa 74.000 Personen zurück, so dass im Jahresdurchschnitt rund 2,27 Millionen Menschen ohne Job sein werden. Das entspricht einer Arbeitslosenquote von 5,0 Prozent. Für 2020 erwartet das IMK, dass die Arbeitslosenzahl wieder zunimmt, allerdings nur geringfügig um rund 30.000 Personen im Jahresdurchschnitt. Die Quote steigt auf 5,1 Prozent.

Außenhandel

Das BIP im Euroraum nimmt 2019 um 1,1 Prozent und 2020 um 1,2 Prozent zu. In den USA schwächt sich das durchschnittliche Wachstum ab, von 2,2 Prozent 2019 auf 1,8 Prozent im kommenden Jahr. Weltweit ist die Wachstumsdynamik verhalten. Die Nachfrage nach Investitionsgütern – insbesondere die nach Kraftfahrzeugen, die oft aus Deutschland kommen – läuft deshalb schleppend. Daher geht das IMK davon aus, dass die deutschen Ausfuhren 2019 nur schwach wachsen werden – durchschnittlich um 0,6 Prozent. 2020 dürften sich die Exporte etwas erholen und um 2,4 Prozent wachsen. Die Importe haben ebenfalls an Tempo verloren, nehmen 2019 wegen der stabilen Konsumnachfrage aber noch um durchschnittlich 2,1 Prozent zu, 2020 um 3,3 Prozent. Der Wachstumsbeitrag des Außenhandels zum Wirtschaftswachstum ist mit -0,6 und -0,3 Prozent negativ. Positiver Nebenaspekt dabei: Der hohe deutsche Leistungsbilanzüberschuss wird erneut etwas sinken.

Investitionen

Auftragslage und Finanzierungsbedingungen vieler Unternehmen sind zwar im langfristigen Vergleich weiter relativ günstig. Allerdings stagnierten vor allem bei Investitionsgütern die Neuaufträge in den vergangenen Monaten, und die außenwirtschaftliche Verunsicherung bremst weiter stark. 2019 steigen die Ausrüstungsinvestitionen daher durchschnittlich nur um 0,8 Prozent, 2020 nur um 0,6 Prozent. Bei den Bauinvestitionen bleibt die Dynamik kräftig, wobei sich Wohnungsbau und öffentliche Vorhaben deutlich stärker entwickeln als der Wirtschaftsbau. 2019 nehmen die Bauinvestitionen unter dem Strich um 4,1 Prozent und 2020 um 3,2 Prozent zu.

Einkommen und Konsum

Die verfügbaren Einkommen wachsen im Jahresdurchschnitt 2019 real um 1,4 Prozent und 2020 um 1,0 Prozent. Die realen privaten Konsumausgaben nehmen um 1,5 und 1,0 Prozent zu. Damit trägt der private Konsum in beiden Jahren maßgeblich zum BIP-Wachstum bei.

Inflation und öffentliche Finanzen


Die Verbraucherpreise steigen spürbar langsamer als 2018 und bleiben deutlich unter der Zielinflationsmarke der EZB: 2019 und 2020 nehmen sie um jeweils 1,4 Prozent zu.

Die wirtschaftliche Abschwächung reduziert die Überschüsse der öffentlichen Budgets, die trotzdem deutlich im Plus bleiben: 2019 beträgt der gesamtstaatliche Finanzierungssaldo 1,4 Prozent vom BIP, im kommenden Jahr sind es 0,6 Prozent.

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