Plädoyer für die Vervollständigung des Mannes: Prof. Horst-Eberhard Richter liest aus seinem neuen Buch „Die Krise der Männlichkeit in der unerwachsenen Gesellschaft“ am Montag, 19.02.07, 20.00 Uhr im Uni-Café Libresso, Edmund-Siemers-Allee 1 (neben dem Uni-Hauptgebäude)
An sein Hauptwerk „Der Gotteskomplex“ anknüpfend untersucht der Psychoanalytiker Prof. Horst-Eberhard Richter, der zu den „prägenden intellektuellen Figuren der Bundesrepublik zählt“ (Die Zeit), das Schwinden von Menschlichkeit im Rausch der wissenschaftlich-technischen Revolution. Von den erfolgreich konkurrierenden Frauen eingeholt, müssten die Männer ihrerseits mehr psychologische Weiblichkeit entwickeln, um den Ausfall an sozialen Bindungskräften wettzumachen. Eine erwachsene Gesellschaft braucht fürsorgliche, mitfühlende und verantwortlich handelnde Individuen. „Unsere Kultur ist seit Jahrhunderten von der Vorherrschaft der Männer geprägt. Im öffentlichen Leben zählen Rationalismus und Härte, Durchsetzungswille und Siegenmüssen. Aber das haben Frauen inzwischen weit aufgeholt. Psychologisch gesehen haben sie sich vermännlicht. Sie haben zu ihren ursprünglichen Stärken neue hinzugewonnen und sich vervollkommnet. Die Männer sind geblieben, was sie waren. Gemessen an den Frauen sind sie unvollständige, sozusagen halbe Wesen …“ (Horst-Eberhard Richter, Der Spiegel 40/2006). Die Helden sind ratlos, schreibt Horst-Eberhard Richter, „jetzt sollten sie zusehen, dass sie schleunigst ihre Weiblichkeit entdecken. Versöhnlichkeit, Hilfsbereitschaft, Bindungsverlangen, Toleranz, Empfindsamkeit: Diese für das Zusammenleben unentbehrlichen Eigenschaften haben die Männer bisher bei den Frauen entsorgt. Der Philosoph Richard Rorty sagt: Der Fortschritt unserer Gesellschaft hänge nicht vom weiteren Erstarken unseres Intellekts ab, sondern davon, dass sich der Horizont unseres Mitfühlens erweitere. Und da sind Frauen begabter.“ (H.E.Richter, Der Spiegel).
Heidemarie Ott, Diplom-Soziologin, moderiert
Prof. Horst-Eberhard Richter, geb. 1923, war von 1959 bis 1962 Leiter des Berliner Psychoanalytischen Instituts. Bis zu seiner Emeritierung 1992 war er Direktor der Psychosomatischen Uni-Klinik Gießen. Er ist Mitbegründer der Dt. Sektion der Internat. Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs und engagierte sich in der Friedensbewegung. Von 1992-2002: Geschäftsführender Direktor des Sigmund-Freud-Instituts Frankfurt a.Main. H.E. Richter ist Mitglied des P.E.N. und erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen, u.a. den Theodor-Heuss-Preis, die Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt, den Gandhi-Luther King-Ikeda Award, Atlanta/USA, seine Bücher wurden in 12 Sprachen übersetzt. Zu seinen bekanntesten zählen: „Flüchten oder Standhalten“, „Lernziel Solidarität“, „Die Gruppe“, „Der Gotteskomplex“.