Senator Dietrich Wersich nutzte den Maifeiertag für eine Pressemitteilung, in der er Sternipark e.V. dafür verantwortlich macht, dass eine Kindertagesstätte in Othmarschen nicht gebaut werden kann. Sternipark hat sich vor dem Verwaltungsgericht dagegen gewehrt, trotz geschlossener Verträge bei der Vergabe der Trägerschaft ausgebootet worden zu sein. Das Gericht hat die Behördenentscheidung gestoppt, weil Sternipark im Hauptverfahren vermutlich Recht bekommen wird.
Für SPD-Jugendpolitikerin Carola Veit spricht dies für ein fehlendes Rechtsbewusstsein bei Wersich: „Es ist schon eine mehr als eigentümliche Rechtsauffassung, wenn der Senator meint, den Träger, der sich gegen seine Entscheidung erfolgreich wehrt, verantwortlich machen zu können, wenn es in Othmarschen zu wenig Kita-Plätze gibt. Es ist die Aufgabe der Verwaltungsgerichte, Entscheidungen der Verwaltung zu überprüfen. Es ist sicher nicht Aufgabe des Senators, den obsiegenden Gegner öffentlich an den Pranger zu stellen. Er sollte lieber dafür sorgen, dass seine Behörde so handelt, dass Gerichte ihre Entscheidungen hinterher nicht kassieren.“
Das ist die am 1. Mai veröffentlichte Erklärung von Wersichs Behörde:
Mehr Kitaplätze für Othmarschen: Sternipark blockiert neue Kita
Senator Wersich fordert Rücknahme von Klage / Behörde schafft kurzfristige Entlastung
01.05.2009
Während einerseits die Gründung einer Kita in der Reventlowstraße bislang am Einspruch der Nachbarn scheiterte, blockiert SterniPark e.V. seinerseits seit dem Sommer 2007 den Bau einer Kita eines Mitbewerbers im Othmarschenpark in Altona.
Dieses Verhalten stößt bei der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz (BSG) auf Unverständnis, da hierdurch der Mangel an Kita-Plätzen in Othmarschen verstärkt wird. Nach erfolglosen Gesprächen appelliert die Behörde deshalb jetzt öffentlich an Sternipark e.V., den Widerstand gegen den Bau einer neuen Kita aufzugeben und die eingereichte
Klage beim Verwaltungsgericht zurückzuziehen.
Familiensenator Dietrich Wersich: „Meine Behörde hat den Träger SterniPark e.V. bei der Realisierung der Kita Reventlowstraße seit Beginn der Planungen nach Kräften unterstützt. Ich erwarte aber auch ein kooperatives Verhalten des Trägers zum Wohle der Altonaer Familien, damit wir endlich die Kita-Platzzahlen für Othmarschen ausbauen können.“
Doch nicht nur hier könnten neue Plätze entstehen. Um der starken Nachfrage nach Kitaplätzen zu entsprechen, hat die BSG gemeinsam mit einem freien Träger, der Behörde für Schule und Berufsbildung und der Schule Windmühlenweg die kurzfristige Einrichtung einer Kita in Containerbauweise auf dem ehemaligen Schulgelände Röbbek geplant. Voraussichtlich können dort
nach den Sommerferien 80 Elementar- und Hortkinder betreut werden. Dadurch können in der Kita Seestraße Plätze für Krippenkinder freigemacht werden.
Diese Plätze sollen vordringlich Eltern angeboten werden, deren Kinder jetzt nicht in der Reventlowstraße betreut werden konnten.
Zum Hintergrund
Die Behörde hatte zwischen 2000 bis 2003 mit Sternipark eine Planung für eine Kita auf der Gemeinbedarfsfläche im Othmarschenpark betrieben. Diese Planung wurde seinerzeit abgebrochen und Sternipark e.V. sind die aufgewendeten Planungskosten erstattet worden. Als im Jahr 2006 ein Interessenbekundungsverfahren begann, machte Sternipark aus der
abgebrochenen Planung Ansprüche auf Übertragung des Grundstücks geltend. Die Behörde wies diese Ansprüche zurück. Sternipark e.V. wurde – obwohl die Bewerbungsfrist abgelaufen war – ermöglicht, am Interessenbekundungsverfahren teilzunehmen. Die Bewerbung war jedoch erfolglos. Seit Sommer 2007 blockiert Sternipark e.V. die Vergabe des
Grundstücks an die Vereinigung Städtischer Kindertagesstätten e.V. (die das Interessenbekundungsverfahrens gewann) durch einen Prozess vor dem Verwaltungsgericht. Vorgesehen ist der Neubau einer Kita mit ca. 80 Plätzen.
Bemerkenswert sind daran vor allem zwei Dinge,
erstens:
Die Behauptung, seine Behörde habe den Träger SterniPark e.V. bei der Realisierung der Kita Reventlowstraße seit Beginn der Planungen nach Kräften unterstützt, ist offensichtlich falsch. „Nach Kräften unterstützt“ hätte nämlich bedeutet, irgendetwas Substantielles zu tun – zum Beispiel daran zu arbeiten, eine Initiative auf Bundesebene für die Veränderung der Baunutzungsverordnung zu starten. Oder wenigstens die – von der Koalition angekündigte – Veränderung der Lärmschutzverordnung durchzuführen. Aber beides ist nicht geschehen.
zweitens:
Das Sozialgesetzbuch schreibt eindeutig vor, wer in einem Interessenbekundungsverfahren für eine Kita den Zuschlag bekommen darf und wer nicht. Staatliche oder in Staatsbesitz befindliche Träger dürfen es nicht, wenn sich auch Freie Träger mit vergleichbaren Angeboten beteiligen. Das war hier der Fall – die Vereinigung städtischer Kindertageseinrichtungen hätte das Interessenbekundungsverfahren nicht gewinnen dürfen.
Hinzu kommt, dass die gesamte Kita-Planung im Bereich Othmarschen offenbar völlig chaotisch abläuft:
– Zuerst erkennt die Behörde einen Bedarf und vereinbart mit dem Träger Sternipark die Errichtung einer Einrichtung.
– Dann gibt es angeblich keinen Bedarf mehr, und die Kita-Planungen werden eingestellt. Immerhin werden die Planungskosten, die Sternipark vorfinanziert hat, erstattet.
– Anschließend stellt die Behörde dann doch Bedarf fest – und gibt nicht etwa Sternipark das Signal, weiter zu arbeiten, sondern startet ein Interessenbekundungsverfahren.
– Am Ende „gewinnt“ der staatseigene Träger das Verfahren.
Hinzu kommt, dass am Standort Röbbek (da hatte der Beust-Senat ein erfolgreiches Hauptschulprojekt eingedampft) nun ein neuer Freier Träger in Containern eine Kita errichten soll, die – zumindest teilweise – die Kinder aufnehmen soll, die an der Reventlowstraße wegen der Einsprüche der Nachbarn nicht in die Kita von SterniPark gehen dürfen. Auch hier hätte wohl nahegelegen, zunächst SterniPark den Betrieb anzubieten – immerhin geht es um SterniPark-Kinder. Aber auch das ist unterblieben.
Soll das etwa die Unterstützung von SterniPark sein, die Senator Wersich behauptet?
Insgesamt drängt sich der Verdacht auf, dass der Senator den Feiertag nutzen wollte, um sich in der Öffentlichkeit reinzuwaschen. Ein Vorgehen, das Methode hat: Auch beim „Fall Lara“ hat der Senator versucht, sich mit Presseerklärungen zu Lasten Dritter reinzuwaschen. Damals wollte er die Verantwortung auf einen Sozialarbeiter im Bezirksamt Hamburg-Mitte abwälzen – obwohl ihm bekannt war (oder bekannt sein musste), dass die zuständigen Sozialarbeiter beim Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) in Wilhelmsburg längst um Hilfe gerufen hatten, weil sie selbst erkannt hatten, dass sie ihre Arbeit wegen der schlechten Besetzung nicht ordnungsgemäß erledigen konnten.