Harburger Club „Stellwerk“: Zukunft ungewiss – Kritik an Bahn und Bundespolizei

Die Betreiber des Musikclubs „Stellwerk“ im Harburger Bahnhof wenden sich erneut mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit:

Hier der offene Brief im Wortlaut:

Anfang Oktober – seit unserem ersten offenen Brief sind nun zwei Wochen vergangen. Wir haben viel Zuspruch und Unterstützung erfahren und freuen uns sehr, dass so vielen Leuten der Erhalt des Stellwerks so viel bedeutet. Es gibt auch einige positive Entwicklungen. Leider hat sich an den entscheidenden Fronten aber nicht sehr viel getan.

Wir freuen uns sehr, dass der Bezirk nicht nur einen Großteil ihrer Forderungen uns gegenüber relativiert hat, sondern auch aktiv versucht daran mit zu wirken das Stellwerk zu retten. Von Seiten der Deutschen Bahn und der Bundespolizei hingegen kommen nach wie vor gar keine positiven Signale.

Die Bundespolizei hat nach wie vor keinen Schritt auf uns zu gemacht. In einer offiziellen Stellungnahme schreibt die Stabsstelle Öffentlichkeitsarbeit der Bundespolizeidirektion

„Die Bundespolizei hat den gesetzlichen Auftrag u.a. die Sicherheit des Bahnverkehrs und der Bahnreisenden sicherzustellen. Hierzu gehört insbesondere, dass in den Räumen des Reviers eine Kommunikation (Gespräch / Vernehmung, Telefon, Funk) möglich sein muss und nicht durch übermäßigen Lärm unterbunden oder stark beeinträchtigt wird.“

In einem Büro an dem rechts und links in hoher Taktung Güterzuge vorbei fahren (die nebenbei bemerkt deutlich lauter sind als jede vom Stellwerk ausgehende Geräuschquelle), halten wir diese Argumentation für gänzlich unangebracht. Zumal es mit Sicherheit Geräuscheinwirkungen durch das Musikprogramm des Stellwerks gibt, diese aber bei Weitem nicht so gravierend sind, dass Gespräche o.Ä. nicht mehr möglich sind.

Auch heißt es in der Stellungnahme der Bundespolizei:

„Unter Beachtung dieses gesetzlichen Auftrages hat die Bundespolizei Gespräche mit den Beteiligten geführt, um eine möglichst einvernehmliche, ergebnisorientiere und interessengerechte Lösung zu finden.

Eine Schließung des „Stellwerks“ wurde seitens der Bundespolizei zu keinem Zeitpunkt gefordert oder angestrebt.

Vielmehr steht die Bundespolizei weiteren Gesprächen und aktiven Lösungsvorschlägen weiterhin offen gegenüber.“

Das sehen wir etwas anders. Von Seiten des Stellwerks wurden seit Tag 1 Lösungsvorschläge gesucht und angeboten. So haben wir bis heute unter anderem folgende konkrete Maßnahmen umgesetzt um den Problemen entgegen zu wirken:

unsere Musikanlage auf eigene Kosten in Gummiaufhängungen vom Boden entkoppelt um die Übertragung durch den Boden zu reduzieren
Lärmmessungen gemacht und Protokolle geführt um Diskussionsgrundlagen zu schaffen
Kompromisse angeboten wie z.B. eine Lautstärkereduzierung nach einer bestimmten Uhrzeit oder eine Beschränkung auf eine gewisse Zahl lauter Veranstaltungen pro Monat mit vorheriger Ankündigung
im Bundespolizeirevier ermittelt welche Bassfrequenzen primär für die Geräuschentwicklung verantwortlich sind und diese in entsprechenden Voreinstellungen in unser Musikanlage reduziert
Veranstaltungen von denen wir wussten, dass es zu Problemen kommen würde im Vorfeld abgesagt, obwohl sie für uns wirtschaftlich extrem wichtig gewesen wären
Veranstaltungen in einen anderen, deutlich kleinen Raum verlegt von dem lange Zeit von der Bundespolizei geäußert wurde, dass die Lautstärkeentwicklung dort niemanden stören würde obwohl wir dadurch massive Probleme mit unserem Vermieter bekamen

Und was hat die Bundespolizei in dieser Zeit zu einer „möglichst einvernehmlichen, ergebnisorientierten und interessengerechten Lösung“ beigetragen? NICHTS!

Laut Aussage der Bundespolizei hat diese dort ihren gesetzlichen Auftrag zu erfüllen und duldet dabei keine Störung. Direkte Gespräche mit den Verantwortlichen wurden uns weitestgehend verweigert. Die Beamten im Dienst vor Ort rufen wenn sie sich gestört fühlen lediglich die Schutzpolizei und diese taucht dann auf und bittet uns die Musik leiser zu drehen, da sie sonst die Veranstaltung beenden müsse (wobei das eigentlich aufs Gleiche hinaus läuft. Denn wer möchte schon in einem Club Musik in Zimmerlautstärke hören…).

Erste, aktuell vom Bezirk vorgeschlagene Termine für weitere Lautstärkemessungen wurden unter uns unbekannten Gründen von der Bundespolizei abgesagt. Dieses Verhalten fühlt sich für uns an wie eine Verzögerungsstrategie, da es für uns unerklärlich ist, wieso es in einer rund um die Uhr besetzten Bundespolizeiwache nicht möglich sein soll die Türen für eine Lautstärkemessung zu öffnen.

Die Tatsache, dass die Beamten in der Vergangenheit u.A. unsere Getränkelieferungen etc. fotografiert und gemeinsam mit einem (uns nicht zur Verfügung gestellten) Bericht über das Stellwerk an das Gewerbeamt sendeten oder unsere bitte nach Hilfe mit einem aggressiven Gast im Bahnhof mit den Worten „ach, jetzt können wir euch plötzlich helfen?“ beantworteten unterstreichen für uns die Theorie, dass die Bundespolizei an einer einvernehmlichen Lösung nicht wirklich interessiert ist.

Auch die Deutsche Bahn vermittelt nicht den geringsten Eindruck an einer einvernehmlichen Lösung interessiert zu sein. In einem Interview auf Hamburg1 sagt ein Sprecher der Deutschen Bahn:

„Wir haben bestimmte Auflagen auch zu erfüllen, behördliche Auflagen und das würde theoretisch auch bedeuten ggf. dass der Mietvertrag nicht verlängert wird.“

Wir wüssten gern welche behördlichen Auflagen hier gemeint sind. Denn um alle nötigen behördlichen Genehmigungen haben wir uns immer selbst und zeitnah gekümmert und der Bezirk hat seinerseits ein klares Signal gegeben, dass es von Behördenseite keine Probleme gibt.

Auf der anderen Seite nimmt die Bahn ihre Vermieterpflichten anscheinend nicht so sehr ernst. So haben wir z.B. im Stellwerk schon bei der Übernahme Probleme mit Wasserschäden in der Decke, welche bis heute trotz regelmäßigen Hinweisen unsererseits nicht behoben wurden. Als Grund hierfür wurden die Kosten für die Einrüstung der Fassade des Gebäudes genannt. Im letzten Jahr wurde dann ein Gerüst an der Fassade des Stellwerks aufgebaut, scheinbar andere Arbeiten erledigt und das Gerüst wieder abgebaut ohne die Wasserschäden zu beheben.

Ein anderes Beispiel: Seit Ende April 2014 haben wir die Bahn bisher etwa 10 Mal mündlich, sowie schriftlich darauf hingewiesen, dass in unseren Räumen Notausgangsleuchten defekt sind. Dieser Defekt wurde bis heute nicht behoben.

Diese Liste könnten wir endlos weiter führen. Hier stellt sich uns die Frage ob es sich tatsächlich einfach nur um Unfähigkeit oder evtl. sogar um böse Absicht handelt? Sind wir unserem Vermieter einfach nur egal oder möchte man uns eigentlich gern loswerden und versucht uns „raus zu ekeln“? Wir wissen es nicht. Zumindest wird uns nicht das Gefühl vermittelt, dass hier jemand an einer gemeinsamen Lösung und/oder Zukunft interessiert ist…

Umso mehr freuen wir uns über die Unterstützung und den Zuspruch von Seiten der Politik, die wir momentan erfahren. Kultursenatorin Prof. Barbara Kisseler persönlich ist aktuell in Gesprächen mit der Bundespolizei und auch der Harburger Kulturausschuss hat gegenüber der Bahn klar signalisiert, dass sie das Stellwerk erhalten möchten. In diese Gespräche setzten wir nun noch ein letztes Mal all unsere Hoffnung bevor wir ein endgültiges Ende beschließen.

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