Hamburgs Straßen immer unsicherer

Die SPD-Verkehrsexpertin Karin Timmermann hat besorgt auf die aktuelle Verkehrsunfallbilanz reagiert. „Die Unfallstatistik für 2008 weist in praktisch allen relevanten Bereichen eine deutliche Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr aus“, sagte Timmermann. Die Gesamtzahl an Unfällen steige seit Jahren und habe jetzt noch einmal deutlich zugenommen.

Timmermann sprach von einer „beängstigenden Entwicklung“. Ärgerlich sei zudem, dass weder Innensenator noch Polizei mögliche Versäumnisse oder Veränderungsnotwendigkeiten in der Verkehrspolitik thematisiert hätten, sondern die gesamte Entwicklung verantwortungslosen Verkehrsrowdys zuschrieben. SPD-Innenexperte Dressel hält einen Zusammenhang zwischen der Verkehrsunfallentwicklung und den Personalstreichungen bei der Polizei für denkbar.

„33 der 40 Verkehrstoten waren so genannte schwächere Verkehrsteilnehmer – Fußgänger, Radfahrer und Motorradfahrer“, sagte Timmermann. Besonders auffällig sei die deutliche Zunahme verunglückter Fahrrad- und Motorradfahrer. Bei den getöteten Fahrradfahrern gebe es 50 Prozent mehr Opfer als im Jahr zuvor und bei den Mottoradfahrern sogar fast eine Verdreifachung.

„Es ist abenteuerlich, wenn der Innensenator diese Entwicklung lapidar mit einer Zunahme des Radverkehrs abtut. Dieser Logik folgend bedeutet mehr Fahrradverkehr automatisch mehr Verkehrsunfälle mit Radfahrern und mehr verletzte sowie tote Radfahrer“, sagte die SPD-Verkehrsexpertin. Sie verwies auf den Koalitionsvertrag von CDU und GAL. Dort hätten die Koalitionäre eine Verdoppelung des Fahrradverkehrs vereinbart. „Das darf nicht bedeuten, dass wir uns auf eine Verdoppelung der Unfälle einstellen müssen.“ Der Senat müsse die Versäumnisse der vergangenen Jahre aufarbeiten statt die Lage schönzureden.

Neben Fehlverhalten Einzelner werde die Vernachlässigung der Radverkehrsanlagen durch den CDU-Senat deutlich. „Die Radwege und Radverkehrsstreifen müssen ein gefahrloses Fahren ermöglichen“, forderte Timmermann. „Darüber hinaus erwarte ich auch eine verstärkte Aufklärungsarbeit für diese Verkehrsteilnehmer bis hin zu stärkeren Kontrollen.“

Kontrollen seien auch in anderen Bereichen grundsätzlich deutlich auszuweiten – etwa auf Fahren unter Alkohol- und Drogeneinfluss. Timmermann begründete diese Forderung mit der 40-Prozent-Zunahme bei Unfälllen unter Drogeneinfluss. Auch bei Unfällen unter Alkoholeinfluss gebe es eine deutliche Zunahme.

Auch die deutliche Zunahme von Verkehrsunfällen mit älteren Menschen sei Besorgnis erregend. Die Zahl dieser Unfälle ist von gut 8700 auf knapp 9400 gestiegen. Zwar scheine es sich bei der überwiegenden Zahl lediglich um Unfälle mit Blechschäden zu handeln. Dennoch werde deutlich, „dass sich hier eine seit mehreren Jahren zu beobachtenden Entwicklung zuspitzt – zumal bei zwei Dritteln dieser Unfälle die Senioren selbst die Verursacher sind“. Es sei „völlig in Ordnung“, wenn ältere Menschen ihre Mobilität behielten. Der Innensenator dürfe aber die Tatsache nicht länger leugnen, dass mit höherem Alter Fähigkeiten wie Hören, Sehen und Reaktionen zunehmend abnehmen. Nicht zu Unrecht gebe es in vielen anderen europäischen Ländern bereits verbindliche Gesundheitschecks für ältere Verkehrsteilnehmer – in Spanien sogar schon ab dem 45. Lebensjahr. „Die Polizei sieht dieses Problem auch. Sie setzt aber ausschließlich auf Appelle für freiwillige Gesundheitschecks. Meiner Meinung nach sollten wir aber endlich ernsthaft die Debatte führen, ob wir nicht eine stärkere Verbindlichkeit auch in Deutschland erzielen müssen“, regte Timmermann an.

SPD-Innenexperte Andreas Dressel hält einen Zusammenhang zwischen der Unfallentwicklung und dem Personalabbau der Polizei für denkbar. So baue Innensenator Ahlhaus auch bei der Verkehrsdirektion der Polizei Stellen ab. Parallel zu den Schließungen und Zusammenlegungen von Polizeikommissariaten sei zum Jahresbeginn 2007 eine von vier Verkehrsstaffeln der Hamburger Polizei aufgelöst worden. Die Verkehrsstaffel Mitte wurde mit der Verkehrstaffel West zusammengelegt. „Mehr Sicherheit kann es aber nicht mit weniger Polizei geben – das gilt auch für den Straßenverkehr“, sagte Dressel. Die Kritik an der „immer dünneren Personaldecke“ sei verständlich. Die Belastungen drohten durch „die anstehenden hohen Pensionierungsraten“ noch größer zu werden – das könnte auch für die Gefahren im Straßenverkehr gelten.

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