„Die gestrige Expertenanhörung in den Ausschüssen für Haushalt und Wirtschaft war eine Bankrotterklärung für den Gesetzentwurf des Senats zur Umsetzung der EU-Dienstleistungsrichtlinie“, so die Einschätzung von SPD-Arbeitsmarktexpertin Elke Badde. „Alle Experten – auch die von den Regierungsfraktionen benannten – hielten das Kernstück des Entwurfs, die Ansiedlung des Einheitlichen Ansprechpartners bei den Kammern, für höchst problematisch. Unbenommen haben die Kammern eine hohe Beratungskompetenz. Fakt sei aber auch, dass sie die Interessenvertretung ihrer Mitgliedsunternehmen sind und über deren Beiträge finanziert werden. Sie können keine neutrale Stelle zur Information und Beratung von ausländischen Unternehmen sein, die sich in Hamburg ansiedeln wollen“, so Badde.
„Auch über das Grundmodell hinaus wurde der Entwurf als unzureichend bezeichnet. Ungelöste Datenschutz- und Haftungsprobleme, Fragen der Fachaufsicht, eine unklare Finanzierung: Sind die zu erhebenden Gebühren ausreichend oder muss die Stadt mit Zuschüssen einspringen? Dies sind nur einige Fragestellungen aus der langen Liste von Kritikpunkten auf die der Entwurf keine oder die falschen Antworten findet“ kritisierte Badde.
„Ein derart mit heißer Nadel gestrickter Entwurf ist eine Zumutung. Zumal der Senat drei Jahre Zeit hatte, eine tragfähige Lösung zu entwickeln. Andere Länder wie Berlin sind nicht nur weiter, sondern haben auch frühzeitig verschiedene Institutionen und die Mitarbeiter der Verwaltung in den Entwicklungsprozess einbezogen. Der damalige Wirtschaftssenator hatte sich hingegen bereits in der letzten Legislatur im Alleingang – ohne Diskussionsprozess und ohne Befassung des Parlaments auf das untaugliche Kammermodell festgelegt. Jetzt soll dieses, da die Fristen zur Umsetzung Ende des Jahres ablaufen, vom Parlament abgenickt werden. Es ist schon mehr als befremdlich, wenn selbst Teile der Regierungsfraktionen die Kritik der Experten teilen, aber meinen, da könne man wegen der Kurzfristigkeit nun nichts mehr machen – gegebenenfalls könne man das Modell ja nach drei Jahren wieder ändern. Das ist undemokratisch und unparlamentarisch – wer hat denn die Zeit verstreichen lassen? Das wird der Bedeutung der Entscheidung und Europa nicht gerecht“, ergänzte der Europaexperte Günter Frank.
Die SPD-Fraktion kündigte an, in der nächsten Bürgerschaftssitzung einen Antrag einzubringen, der die berechtigte Kritik der Experten aufgreift.