Glückwunsch, altes Haus!

BEBEL.jpegMorgen, 100 Jahre nach der Einweihung durch August Bebel, begeht das Hamburger Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof seinen Geburtstag. Was Erhard Pumm, Vorsitzender des DGB Hamburg, zum 100. Geburtstag des Hamburger Gewerkschaftshauses sagt, können Sie hier

„Als August Bebel am 29. Dezember 1906 das Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof einweihte, prägte er den Begriff von der ,geistigen Waffenschmiede‘ und forderte in der selben Rede ,Dass ein Zustand der Dinge herbeigeführt werden müsse, wo es keine Herren und Knechte, keine Ausbeuter und Ausgebeutete mehr gibt. Ein gesellschaftlicher Zustand, der die volle Anteilnahme der Arbeiterschaft an den Segnungen der Kultur ermöglicht.‘

Bebel wusste, dass dieser Zustand nur durch kampfstarke Gewerkschaften zu erreichen war. Heute blicken wir auf 100 Jahre zurück, in denen Siege errungen, aber auch bittere Niederlagen ertragen wurden. Das aber wurde erreicht: Die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen konnten grundlegend verbessert werden. Ohne die vielen Hamburger Kolleginnen und Kollegen, die in diesen 100 Jahren mit ihrer Mitgliedschaft die Gewerkschaften gestärkt haben, wären die Erfolge nicht möglich gewesen.

Auch heute stehen wir vor großen Herausforderungen: In den letzten Jahren hat die registrierte Massenarbeitslosigkeit die 5-Millionen-Marke übersprungen. Viele junge Menschen finden keinen Ausbildungs- und Arbeitsplatz, die Langzeitarbeitslosigkeit auch in unserer Stadt stieg besonders in den letzten Jahren kontinuierlich an. Große Unternehmen entlassen Tausende von Beschäftigten, obwohl sie mit ihrer Arbeit hohe Gewinne erwirtschaften.
Besonders ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die arbeitslos wurden, finden keinen neuen Arbeitsplatz. Der Druck auf Arbeitslose wurde erhöht, es wächst die Angst, mit prekären Beschäftigungsverhältnissen den Lebensunterhalt nicht mehr sichern zu können und auch die Sorge, im Alter mit dem Einkommen nicht mehr auszukommen. Das sind die Themen, die derzeit die Gewerkschaften herausfordern.

Die Hamburger Gewerkschaftsbewegung hat hier Wurzeln geschlagen. Auch künftige Kolleginnen und Kollegen im Gewerkschaftshaus am Besenbinderhof werden sie künftig spüren: ,die Kraft, die aus den Wurzeln kommt !`“

Nach aufwändiger Fassadensanierung und umfangreichen Umbauarbeiten erstrahlt der Bau heute in neuem Glanz.

Ende des Jahres erschien das Buch zum runden Geburtstag, das der DGB Hamburg bei Michael Joho in Auftrag gegeben hat: „100 Jahre Gewerkschaftshaus – 1906 bis 2006“ (VSA-Verlag, jetzt im Buchhandel erhältlich).

Mit weiteren Veranstaltungen wird der DGB Hamburg das 100jährige Jubiläum des Gewerkschaftshauses auch im nächsten Jahr begehen. Z.B. mit zwei Ausstellungen ab März: „100 Jahre Gewerkschaftshaus“ (verteilt über alle Ebenen des Hauses) sowie „Gewerkschaftshäuser in Deutschland“ (im ver.di-Center).

Ausschnitte aus der Rede des Genossen August Bebel
zur Eröffnung des Gewerkschaftshauses am 29.12.1906:

„Als ich heute Morgen, vom Bahnhof kommend, die wuchtige Fassade dieses Hauses erblickte, da war ich doch überrascht, da sagte ich mir, das ist doch ein ebenso schöner wie gewaltiger und imponierender Bau. Wenn es so im Innern aussieht, wie das Haus sich äußerlich präsentiert, dann sind Deine Erwartungen bei weitem übertroffen. Als ich dann in das geräumige Vestibül eintrat, die breiten Korridore und Treppen, das von allen Seiten einflutende Licht und den prachtvollen großen Saal erblickte, da erst wurde ich mir bewusst, dass alle meine Hoffnungen und Wünsche in vollem Maße in Erfüllung gegangen waren. Von anderen Männern, von Vertretern bürgerlicher Parteien in der Hamburger Bürgerschaft, die aus Neugier erschienen waren, um zu sehen, was die Hamburger Arbeiterschaft geleistet habe, ist dieses Werk gelobt worden. Ein Herr erklärte sogar, der Hamburger Senat könne sich an diesem Gebäude ein Beispiel nehmen; wie in Hamburg öffentliche Bauten errichtet werden müssten. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass neben dem Rathause und dem Zentralbahnhof die dritte bauliche Sehenswürdigkeit unser Gewerkschaftshaus zu nennen sei. Man wird jetzt Respekt haben vor dem Können der so viel verachteten Arbeiterklasse. Dieses Haus soll den verschiedensten Zwecken dienen, es soll sein in erster Linie ein Haus der Arbeit, worauf die zahlreichen Bureauräume und Beratungszimmer hindeuten. Es soll weiter sein ein Haus der Belebung und Aufklärung durch Benutzung der Bibliothek usw, die durch die mangelhafte Volksschule nicht beseitigten Lücken ausgefüllt werden sollen. Es birgt das Arbeiter- und Gewerkschaftssekretariat in seinen Räumen, wo Auskünfte aller Art und Belehrung auf sozialpolitischem Gebiete erteilt werden. Es soll aber auch ein Haus der Ruhe und Erholung für die wandernden Genossen sein, die, den „Berliner“ auf dem Rücken, von der Wanderlust getrieben oder auch auf das Straßenpflaster geworfen, nach Hamburg kommen, um hier Arbeit zu suchen. Sie werden dieses Haus, leicht zugänglich mit der Eisen- und Straßenbahn, lieb gewinnen und es auch an den schönen Tagen benutzen können, denn die Terrassen und freien Seitenplätze werden einen schönen Aufenthalt bieten. Dies Haus soll aber auch unsere geistige Waffenschmiede sein, wo nicht nur die Kämpfe zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Arbeiter beschlossen, sondern auch die Kriegspläne beraten werden, wie dem Proletariat dauernd geholfen werden könne…“

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