In der heutigen Bürgerschaftsdebatte über die Große Anfrage der GAL zu Erwerbstätigkeit bzw. Erwerbslosigkeit von Frauen resümiert die frauenpolitische Sprecherin der GAL-Bürgerschaftfraktion, Dr. Verena Lappe: „Leider haben sich unsere Vermutungen über die Erwerbsbeteiligung von Frauen in Hamburg bestätigt. Im deutschen Vergleich bewegt Hamburg sich in vielen Bereichen knapp über dem deutschen Mittelmaß, bei manchen sogar darunter.“
Lappe weiter: „Internationalen Vergleichen werden diese Zahlen wohlweislich gar nicht erst ausgesetzt. Im Prinzip herrscht in der Hamburger Arbeitswelt immer noch eine Geschlechterordnung vor, die auf dem bürgerlichen Modell des 19. Jahrhunderts fußt. Männer tragen die Hauptverantwortung für die Erwerbsarbeit, während Frauen für das Privatleben und die Familie zuständig sind“. Sie ergänzt: „Besonders heikel ist die mangelnde Beteilung von Migrantinnen. Es fehlt dem Senat aber auch insgesamt an Zielen und Strategien für den Standort Hamburg, die den Weg zu einer gerechten Beteiligung von Frauen unabhängig von konjunkturellen Schwankungen deutlich beschleunigen.“
* Der leichte Anstieg der Erwerbsquote von Frauen zwischen 15 und 65 Jahren 2006 auf 70,2% (2005: 67,6%) ist nach Angabe des Senats leider nur auf eine bundesweit geltenden methodologische Änderung im Erhebungsverfahren zurückzuführen. Vermutlich hat sich keine gravierende Veränderung zu 2005 im Vergleich zum Bundesdurchschnitt ergeben. Danach lag Hamburg knapp darüber (66,8%). Bedenklich ist der große Unterschied bei Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit bei dieser Quote: 53,8%. Bei Frauen, die tatsächlich erwerbstätig sind, ist der Unterschied noch größer (44,8% zu 63,7%).
* Das Stereotyp des 19. Jahrhunderts zeigt sich besonders deutlich bei der Erwerbstätigkeit von Müttern und Vätern (so Anlagen 1 und 2). Während rund 82% der Hamburger Väter mit ledigen Kindern unter 18 Jahren aktiv erwerbstätig sind (davon 75% in Vollzeit, 7% in Teilzeit), sind es nur 55% der Mütter, davon nur 16% in Vollzeit und 39% in Teilzeit. Bei den ausländischen Vätern: 65% (55% Vollzeit, 10% Teilzeit), bei den ausländischen Müttern 36% (10% in Vollzeit, 26% in Teilzeit).
* Erschreckend deutliche Einkommensdifferenzen zeigen sich für 2006 bei vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmerinnen im produzierenden Gewerbe, Handel-, Kredit- und Versicherungsgewerbe: Sie verdienen mit durchschnittlich 3.105 Euro brutto etwa 20% weniger als ihre männlichen Kollegen. Vollzeitbeschäftigte Arbeiterinnen im produzierenden Gewerbe mit 2305 € 23% weniger.
* Zusätzlich zu den deutlichen Einkommensdifferenzen müssen Frauen gleichzeitig immer häufiger ohne Unterhalt durch Angehörige auskommen. 1995 waren es noch 32,8% der Frauen, 2006 nur noch 28,3%. Dies gilt in besonderem Maße zu Frauen mit ausländischem Pass (51,9% / 42,9%). Die Quote der Männer blieb in dem Zeitraum relativ konstant bei 21%. Bei den Ausländern sank sie von 30,5% auf 24,1% (siehe Anlage 7).
* Die Zahl der Personen, die ALG II oder Sozialgeld beziehen (siehe Anlage 9.1) stieg insgesamt von Dezember 2005 bis Juni 2007 um 4% an auf nun 206.123. Die Zahl der Frauen stieg dabei um 5,5% an (auf 102 285), die der Männer um 2,6% (103 838), die der AusländerInnen um 6,6% (Frauen 8% – 27 614, Männer 5,2% – 26 334).
Besonders schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben außerdem Alleinerziehende. Trotz sehr guter Bildungsabschlüsse bleiben für diese Frauen nur die schlechteren Jobs, weil ArbeitgeberInnen lieber gleich abwinken oder die Kinderbetreuung nicht mit einem entsprechenden Vollzeitjob vereinbar ist. „Alleinerziehend heißt heute Benachteiligung, weil es der Politik und der Wirtschaft nicht gelingt, flexibel genug auf die Bedarfe der Frauen zu reagieren“, kommentiert Gudrun Köncke, arbeitsmarktpolitische Sprecherin der GAL-Fraktion, die Situation in Hamburg.
Die GAL fordert deshalb Angebote, die auf Alleinerziehende zugeschnitten sind: mehr Teilzeitausbildungsplätze, mehr Vernetzungsangebote, ausreichend flexible Kinderbetreuungsangebote – und umfassend die Anerkennung des Alleinerziehens als gleichwertiges Familienmodell.