Geburtstag ohne Jubel: 30 Jahre Harrisburg

Zum Glück kein Hamburg-Thema – aber in einer Stadt, die direkt zwischen den Atomkraftwerken Brunsbüttel, Stade und Krümmel liegt und zudem einen Bürgermeister hat, der meint, dass ein „vorsichtiger Ausbau der Kernkraft“ ein vernünftiger Schritt gegen die fortschreitende Klimazerstörung ist, mag die Erinnerung erlaubt sein: Morgen vor genau 30 Jahren ereignete sich der große Kernschmelze-Unfall im Atomkraftwerk Three Mile Island (Harrisburg). Hunderttausende begaben sich damals auf die Flucht vor tödlichen Strahlen. Greenpeace hält einen solchen Unfall jederzeit wieder für möglich.

Das schreibt Greenpeace zum Thema:

Der grösste anzunehmende Unfall (GAU), der vor 30 Jahren das US-amerikanische Atomkraftwerk Three Mile Island bei Harrisburg in Pennsylvania erschütterte, könnte jederzeit wieder passieren. Denn die Gefahr eines „Blindfluges“ der zuständigen Reaktortechniker entlang möglicherweise fehlerhafter Messinstrumente, der am 28. Maerz 1979 zu einer teilweisen Kernschmelze des Reaktors führte, ist nach Ansicht von Greenpeace auch in heutigen AKW noch möglich. Zum 30. Jahrestag des GAU beschäftigt sich jetzt eine Greenpeace-Recherche mit den Ursachen und Auswirkungen des Unfalls.

„Wie es in der riesigen und komplexen Reaktoranlage wirklich aussieht, das weiss im laufenden Betrieb keiner der Ingenieure“, erklärt Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital. „Ein kleiner Fehler im Reaktorsystem, den die Anzeigeinstrumente nicht korrekt wiedergeben, dann die falschen Reaktionen einer Betriebsmannschaft und der GAU ist vorprogrammiert. Die Lehre aus Harrisburg kann nur lauten, den gefährlichen ‚Blindflug‘ in den AKW, ob bei US-Betreiberkonzernen oder bei RWE in Deutschland, mit einem Ausstieg aus der Atomenergie weltweit auszuschalten“, verlangt Smital.

In dem erst drei Monate zuvor ans Netz gegangenen 1000 Megawatt-Druckwasserreaktor führten der Ausfall der
Hauptspeisewasserpumpen, ein verklemmtes Ventil im primären Kühlkreislauf und Fehler der Betriebsmannschaft zur teilweisen Kernschmelze. Nur ein glücklicher Zufall verhinderte die Zerstörung des Reaktors und die komplette Freisetzung des tödlichen Inventars.

200.000 Menschen flohen im Nordosten der USA vor der Bedrohung. Wieviel Radioaktivität tatsächlich freigesetzt wurde, ist bis heute unklar. Die Messfühler in den Abluftkaminen des AKW waren ausgefallen. Für die Strahlenüberwachung der Umgebung gab es nicht genügend Messgeraete. Nach offiziellen Angaben lag die Strahlenbelastung der Bevölkerung weit unter der natürlichen Hintergrundstrahlung. 1997 wies jedoch der Epidemiologe Dr. Steven Wing auf Grundlage der offiziellen Daten eine 8 -10fach erhöhte Leukämierate in den betroffenen Regionen nach. Die Lungenkrebserkrankungen stiegen in Windrichtung der Anlage um 30 Prozent.

Alle früheren verharmlosenden Studien hatte die Atomindustrie bezahlt.

Dieser GAU markiert einen Wendepunkt in der Geschichte der Atomenergienutzung. Von 1980 bis 1998 sank die in Bau befindliche Kraftwerksleistung von 160 Gigawatt kontinuierlich auf 25 Gigawatt. Heinz Smital: „Die deutschen Energiekonzerne setzen heute auf Vergessen und Verdrängen dieser unbeherrschbaren Gefahr, wenn sie unter dem Deckmantel von Klimaschutz und angeblich billigem Strom für Laufzeitverlängerungen plädieren.“

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