Die GAL-Bürgerschaftsfraktion schlägt vor, eine Hamburger Stiftung für Wissenschaft und Forschung zu schaffen und sie mit einem Gründungsvermögen von einer Milliarde Euro auszustatten.
„Hamburg darf nicht nur auf Handel und Hafen setzen, Hamburg muss sich zur Wissenschaftsstadt entwickeln, um leistungsfähig zu bleiben“, sagte die Vorsitzende der GAL-Bürgerschaftsfraktion Christa Goetsch heute bei der Vorstellung des entsprechenden Bürgerschaftsantrags der GAL.
Eingesetzt werden soll für die Stiftung ein Teil der in den nächsten Jahren erwarteten erheblichen Steuermehreinnahmen, die so das Vermögen der Stadt vergrößern und gleichzeitig durch zusätzliche Mittel den notwendigen Schub für die Wissenschaft in Hamburg geben. „Wir wollen die einmaligen Mehreinnahmen in eine dauerhafte Förderung der Wissenschaft umwandeln. Auf diese Weise wird das Vermögen der Stadt vermehrt und jedes Jahr eine solide Investition in die Zukunft der Stadt finanziert“, sagt der stellvertretende Vorsitzende Dr. Willfried Maier.
Die GAL reagiert mit ihrem Vorschlag auf die Situation der Hamburger Hochschulen, zielt aber gleichzeitig auf einen Richtungswechsel für die Entwicklung der Stadt. „Im bundesweiten Wettbewerb sind die Hamburger Hochschulen derzeit abgehängt. Es fehlt eine konzentrierte Forschungsförderung. Mit der Wissenschaftsstiftung setzen wir den entscheidenden Impuls, damit unsere Hochschulen Exzellenz entwickeln können“, sagt die wissenschaftspolitische Sprecherin Dr. Heike Opitz. Beleg dafür ist das Hamburger Abschneiden in der Exzellenzinitiative des Bundes: In der ersten Förderrunde ging Hamburg leer aus. In der zweiten Runde, deren Gewinner im Oktober bekannt gegeben werden, ist Hamburg lediglich mit einem Antrag der Universität vertreten. Die einseitige Orientierung Hamburgs auf Handel und Hafen soll nach den Vorstellungen der GAL mit einem zusätzlichen Schwerpunkt als norddeutsch-nordeuropäische Metropole für Wissenschaft und Forschung ergänzt werden.
Die Hamburger Stiftung für Wissenschaft und Forschung soll angelegt sein auf die Finanzierung von Forschungsprojekten. Das hätte sie gemeinsam mit anderen Länderstiftungen z.B. in Baden-Württemberg, in Bayern oder in Hessen. Die GAL-Fraktion hält allerdings in Hamburg wichtige Besonderheiten für erforderlich. Bei Idee und Ausgestaltung des heute vorgestellten GAL-Vorschlags hat der grüne Wissenschaftsexperte Jakob Richter maßgeblich mitgearbeitet.
* Bevorzugt werden solche Forschungsprojekte, die Lehre in die Forschung ausdrücklich integrieren. Damit sollen für qualifizierte Studierende – insbesondere in den Masterstudiengängen – die Hamburger Hochschulen attraktiver gemacht und talentierte Studierende für Hamburg geworben werden. Hamburgs Hochschulen soll damit die Möglichkeit eröffnet werden, ihre Forschungskapazität auszubauen, indem sie herausragende Nachwuchsforscherinnen und -forscher heranziehen und ausbilden. Die vielbeschworene Einheit von Forschung und Lehre, die immer seltener realisiert wird, soll ein Hamburger Modell werden.
* Die Hamburger Stiftung für Wissenschaft und Forschung soll die Zusammenarbeit zwischen den Hamburger Hochschulen und der regionalen Wirtschaft verbessern. Das ist ein Punkt, der derzeit besonders im Argen liegt, und in dem insbesondere die süddeutschen Hochschulen einen Wettbewerbsvorteil haben. Im Unterschied zu den bestehenden Modellen soll aber der Versuch gemacht werden, öffentliche Mittel nicht in erster Linie zur Stärkung außeruniversitärer Firmenforschung bereit zu stellen. Firmen kommen nur in den Genuss dieser Förderung, wenn sie mit Hochschulen kooperieren. Dadurch soll eine Tendenz ausgelöst werden, die Forschung von wissensintensiven Unternehmen in die Hochschulen hineinzuziehen und dort zugleich für die Lehre fruchtbar zu machen.
Nach Angaben des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft steigerte die deutsche Wirtschaft ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung im letzten Jahr um acht Prozent. Dieses Potenzial kann mit Hilfe der Stiftung erschlossen werden. Denn die Erfahrung in Süddeutschland zeigt, dass Forschungsmittel der Wirtschaft den öffentlichen Forschungsmitteln folgen.
* Die Hamburger Stiftung für Wissenschaft und Forschung soll eine professionelle Geschäftsführung erhalten und von einem Stiftungsvorstand kontrolliert werden. Neben Vertreterinnen und Vertretern der Hochschulen und von Wirtschaftsunternehmen, die vom Senat benannt werden, sollen darin zur Hälfte Mitglieder der Bürgerschaft vertreten sein. Damit ist sichergestellt, dass die von der Regierungsseite benannten Vertreter die Mehrheit haben, gleichzeitig wird aber die Diskussion über Forschungsrichtungen und Förderlinien zur Stadt und ihren Vorstellungen geöffnet. Frauen und Männer sollen im Stiftungsrat in gleicher Zahl vertreten sein.
* Die Stiftung schreibt für Forschungsprojekte eigene Förderlinien aus. Aktuell hält die GAL u.a. eine Förderlinie für erforderlich, die sich mit Fragen des Klimawandels befasst.
Die vorgeschlagene Stiftung erfordert einen erheblichen finanziellen Aufwand. Andere Bundesländer haben vergleichbare Einrichtungen nur schaffen können, indem sie ihre öffentlichen Unternehmen in Stiftungen eingebracht haben.
Aufgrund der bis 2010 zu erwartenden Steuermehreinnahmen besteht in Hamburg die Chance, den Grundstock des Stiftungsvermögens aus einem Teil dieser Mehreinnahmen zu finanzieren. Nach der Mai – Steuerschätzung 2007 erwartet der Senat von 2007 bis 2010 Steuermehreinnahmen gegenüber der aktuellen Finanzplanung von 1,6 Milliarden Euro. Bereinigt von den zu erwartenden zusätzlichen Zahlungen in den Länderfinanzausgleich bleiben 1,43 Milliarden Euro. Selbst wenn die vom Senat vorgesehene zusätzliche Absenkung der Nettokreditaufnahme um 100 bzw. 150 Millionen Euro in 2007 bzw. 2008 mit vollzogen wird, bleiben genügend freie Mittel, um in der Größenordnung von einer Milliarde Euro neues städtisches Vermögen in Gestalt einer Stiftung für Wissenschaft und Forschung aufzubauen.
Diese Bindung hält die GAL für zukunftsorientierter als die Mittel zur freien Disposition in der Allgemeinen Rücklage zu parken. Sie kann sich aber auch vorstellen, Hamburger ertragsfähige öffentliche Unternehmen und Unternehmensbeteiligungen in einen derartigen Stiftungsfonds einzubringen.
Download: Wissenschaftsstiftungen der Länder.pdf