Die LINKE hält die Verkleinerung des Freihafens für grundsätzlich richtig, die Form eines Senatsbeschlusses ohne vorherige öffentliche Debatte aber für falsch: Die historische Bedeutung des Hafens hätte eine andere Behandlung verdient gehabt. Der stadtentwicklungspolitische Sprecher nutzt die Pressemitteilung denn auch gleich zu einer fundierten Geschichtsstunde.
Hier die Pressemitteilung:
Wie der Senat am 25. November ankündigte, soll das bisher rund 23 % umfassende zollfreie Gebiet im Hamburger Hafen stark reduziert und auf eine „Kleine Freizone“ auf dem Kleinen Grasbrook beschränkt werden. Damit verändert der Hafen grundlegend sein Gesicht, entsprechend der rückläufigen Bedeutung der Freizone. Immer mehr Flächen werden bebaut, wie die Hafencity, oder stehen neuen Dienstleistern und Logistikunternehmen (Containerumschlag) zur Verfügung.
Der stadtentwicklungspolitische Sprecher der Linksfraktion, Dr. Joachim Bischoff, erklärt:
„Obwohl hier in der Sache ein sinnvoller Schritt unternommen wird, lässt der Umgang mit dem Freihafen seitens des Senats zu wünschen übrig. Für viele der rund 200 betroffenen Unternehmen kommt die Entwicklung überraschend. Und auch die Öffentlichkeit ist in diesem die Stadt über fast 120 Jahre prägenden Freihafen zu spät informiert worden. Ökonomische Entscheidungen dieser Art, zumal von derartiger historischer Tragweite, sollten in Hamburg anders kommuniziert werden.“
Wie kaum ein anderes Privileg hat die Gewährung des Freihafengeländes die wirtschaftliche Entwicklung Hamburgs flankiert. Noch zur Zeit der Schaffung des „Deutschen Reiches“ 1871 verteidigten Bremen und Hamburg ihren Status als zollfreies Staatsgebiet um damit wirtschaftliche Vorteile einzuheimsen.
Doch zehn Jahre später hatte der Druck derart zugenommen, dass die beiden Hansestädte am 25. Mai 1881 dem „Zollanschlussvertrag“ zustimmen mussten. Hamburg bewahrte sich aber auf einer Fläche von 16 qkm einen Freihafen, der weiterhin als Zollausland betrachtet wurde. Damit war dort zollfreier Umschlag und Lagerung möglich, ein echter und vielgenutzter Standortvorteil.
In Vorbereitung der am 15.10.1888 feierlich begangenen Eröffnung des neuen Freihafens entstand in wenigen Jahren die Speicherstadt, mitfinanziert durch die 40 Mio. Goldmark, die das Kaiserreich Hamburg für die Abtretung der Zollsouveränität zu zahlen hatte. Für den Bau des größten Lagerkomplexes der Welt mussten allerdings auch mindestens 20.000 Menschen weichen, die zum großen Teil in die neu entstandenen Arbeiterquartiere Hammerbrook und Barmbek verdrängt wurden.
Die sich mit dem (Frei-) Hafen abzeichnende Prosperitätswelle war damit auf dem Rücken von Tausenden Menschen zustande gekommen. Ihnen blieb fortan nichts anderes übrig, als in den neuen Mietskasernen zu darben und täglich einen längeren Arbeitsweg zu den Hafenbetrieben in Kauf zu nehmen.
In den vergangenen 120 Jahren haben sich dramatische Veränderungen ergeben: Von der Industrialisierung und einem schnell wachsenden Hafenproletariat Ende des 19. Jahrhunderts, hin zu einer auf modernsten Technologien beruhenden Hafenwirtschaft, in der heute nur noch ein Bruchteil der ehemals Beschäftigten tätig ist. Die Globalisierung des internationalen Waren- und Güterverkehrs reißt nach und nach auch die letzten Privilegien und Grenzen ein. Entwicklungen, die für die Freie und Hansestadt Hamburg zumindest zwiespältig zu sehen sind.