Fall Lüdemann wird zum Fall von Beust

In der aktuellen Stunde der Bürgerschaft hat die SPD-Fraktion Justizsenator Carsten Ludwig Lüdemann (CDU) „bewusste und gezielte Täuschung der Öffentlichkeit“ vorgeworfen und ihn zum Rücktritt aufgefordert. Durch seine Weigerung, den Justizsenator zu entlassen, mache der Bürgermeister „den Fall Lüdemann zu einem Fall von Beust“.

„Sie haben der Stadt weiß machen wollen, es gebe seit 2001 eine harte Linie in Jugendstrafverfahren. Sie die Hamburger wissentlich getäuscht“, sagte der SPD-Abgeordnete Andreas Dressel am Mittwoch. Der Fachsprecher für Justizpolitik in der SPD-Fraktion, Rolf-Dieter Klooß, warf Lüdemann vor, den Menschen in Hamburg und der Hamburgischen Bürgerschaft „das Recht auf Wahrheit gestohlen“ zu haben. „Das ist mit dem Amt des Justizsenators und dem Amtseid nicht vereinbar. Unwahrheiten haben bekanntlich kurze Beine. Aber auch die kürzesten reichen aus, jemanden von der politischen Bühne zu tragen“, sagte Klooß.

Dressel warf Justizbehörde und CDU-Bürgerschaftsfraktion vor, Medien mit falschen Verurteilungszahlen in die Irre geführt zu haben. Die Justizbehörde habe sogar eine Broschüre mit den falschen Zahlen herausgegeben. Botschaft: „Unsere Richter haben verstanden und vollziehen die politische Wende auch richterlich nach“. Der CDU-Abgeordnete Hesse habe im NDR-Magazin ZAPP freimütig gesagt, die Zahlen seien „so gut“ gewesen, „die mussten einfach an die Medien“, sagte Dressel.

Auch wenn Lüdemann – wie er mehrmals betont hat – selbst nicht mit den falschen Zahlen argumentiert habe, so habe er das Parlament und die Öffentlichkeit spätestens seit Anfang Oktober 2007 durch unterlassene Aufklärung getäuscht. Seitdem habe Lüdemann gewusst, dass die Zahlen grob falsch waren und sich das Verhältnis der Jugendstrafen mit und ohne Bewährung seit 2000 nicht großartig verändert hat. Diese Tatsache habe Lüdemann vor der Wahl unter dem Deckel halten wollen. „Das ist versuchte Wählertäuschung“, so Dressel. Dressel wies außerdem darauf hin, dass die CDU-Fraktion sich noch Anfang Oktober zu den falschen Zahlen geäußert habe. „Haben Sie die CDU-Abgeordneten Spethmann und Hesse darauf hingewiesen, dass sie nicht weiter vom gar nicht vorhandenen härteren Durchgreifen reden sollen? Oder haben Sie auch Ihre eigene Fraktion ins offene Messer laufen lassen?“, fragte Dressel.

Statt reinen Tisch zu machen und alles zuzugeben, habe Lüdemann auf die „politische Salamitaktik“ gesetzt: nur zugeben, was bereits bewiesen ist. Der Statistik-Skandal sei zu einem Flächenbrand geworden – „mit einem Senator, der sowohl den Feuerwehrmann als auch den Brandstifter gibt“.
Dressel forderte Bürgermeister von Beust erneut auf, den Justizsenator zu entlassen. „Die Gretchenfrage“, so zitierte der SPD-Abgeordnete den Bürgermeister, „ist doch, welche Verantwortung der oder diejenige hat, die als Senator oder Staatsrat an der Behördenspitze steht. Das ist die entscheidende Frage der politischen Verantwortlichkeit.“ So habe der damalige Oppositionsführer von Beust in der Bürgerschaft am 29. November 2000 erklärt. Lüdemann trage die Verantwortung für Pleiten, Pech und Pannen, für Tarnen, Tricksen und Täuschen. Wenn Sie, Herr Lüdemann, nicht bereit sind, von sich aus die Konsequenzen zu ziehen, die Verantwortung zu übernehmen und zurückzutreten, dann muss der Bürgermeister Sie entlassen.“ Handele von Beust nicht, werde der Fall Lüdemann zu einem Fall von Beust.

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