Fachklinik Wandsbek (2): „Skandal!“

Der PARITÄTISCHE Hamburg nennt insbesondere die Begründung des Bezirksamts Wandsbek einen „Skandal“. Der Verband ist die größte Freiwilligen-Dachorganisation in Hamburg und bundesweit.

„Es ist ein Skandal, wie das Bezirksamt Wandsbek die Ablehnung begründet. Es bedient sich der gleichen und absurden Vorurteile wie die Bürgerinitiative“, sagt Joachim Speicher, Geschäftsführer des PARITÄTISCHEN Hamburg.

Im ablehnenden Vorbescheid ist u.a. zu lesen, dass die offenen Haus- und Hofeingänge „für ‚verdeckte’ Handlungen bzw. Straftaten besonders geeignet“ seien, da sie hier kaum sichtbar werden. „Es ist erschreckend, dass die Repräsentanten einer öffentlichen Verwaltung ehemalige Drogenabhängige derart kriminalisieren“, sagt Joachim Speicher, „die Integration von suchtkranken Menschen in unsere Gesellschaft hat so keine Chance.“

Das Bezirksamt Wandsbek nimmt in seiner Begründung auch die Sorge der katholischen Kirchengemeinde auf, dass die Zahl der Gemeindemitglieder und Kirchgänger sinken und diese sich anderen Kirchen zuwenden könnten. „Eventuell kann die Kirche tagsüber nicht mehr ohne Aufsicht geöffnet werden“, heißt es dort weiter. „Dass eine Bürgerinitiative hochemotional Gefahren für Kinder und Jugendliche herbeiredet, ist vielleicht noch nachvollziehbar, aber dass sogar der Bescheid des Bezirksamts
eine Gefahr für den katholischen Klingelbeutel andeutet, ist unerträglich“, so Speicher. Der vorliegende baurechtliche Vorbescheid sei voll von Vorurteilen und überschreite klar die Grenze zur Diskriminierung. Es müsste daher zwangsläufig geprüft werden, ob der Bezirk Wandsbek hier nicht gegen die Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) verstoße.

Das Bezirksamt begründet die Ablehnung in dem 11-seitigen Vorbescheid auch damit, dass sich eine Initiative gegen die Klinik und die Eingliederungsrichtung gegründet habe und es daher „nicht zu einer dauerhaften Entspannung“ kommen werde. „Diese Einschätzung teile ich nicht“, sagt der Geschäftsführer des PARITÄTISCHEN Hamburg, „nicht nur der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg und der Sozial- und Gesundheitssenator Dietrich Wersich haben die Projektpläne von Anfang an unterstützt, sondern es haben sich auch Schulen und Bürger aus der näheren Umgebung der geplanten Standorte für die Einrichtungen ausgesprochen. Gemeinsam hätten es alle Beteiligten schaffen können, die Ängste und Sorgen der Bürger aus dem Weg zu räumen.“

Die Bezirksverwaltung, so Speicher weiter, beschreibe in ihrem Bescheid zurecht, dass „der Konsum von harten und insbesondere weichen Drogen (Haschisch, Alkohol)“ an Schulen „keine Ausnahmeerscheinung“ und auch unabhängig von der sozialen Herkunft der Schüler sei. Die Jugendlichen verstoßen in diesem Alter bewusst gegen Regeln und loten ihre Grenzen aus, heißt es im Vorbescheid weiter, dies führe dazu, dass sie besonders anfällig seien für Drogen. Die Kinder und Jugendlichen
bräuchten daher im Rahmen der Prävention positive Vorbilder, um einen Drogenkonsum frühzeitig vorzubeugen.

„Was könnte präventiver bei den jungen Menschen wirken als die Schilderungen eines ehemaligen drogenabhängigen Menschen, der sich freiwillig für ein Leben ohne Drogen und Rauschmittel entschieden hat?“, so Speicher, „die Schulen und das Bezirksamt haben die Chance vertan, dass noch mehr Jugendliche von den negativen Erfahrungen ehemaliger Drogenabhängiger lernen können.“

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