Ältere Menschen vernetzen und ihnen möglichst lange ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben in der eigenen Häuslichkeit ermöglichen – das ist das Ziel des Projekts „NetzWerk GesundAktiv (NWGA)“ in Hamburg-Eimsbüttel. Das Betreuungsnetzwerk richtet sich an Seniorinnen und Senioren, die sich auf eine baldige Hilfs- oder Pflegebedürftigkeit einstellen müssen.
Die drei Kernelemente des Pilotprojekts, das 2017 startete und aus Mitteln des Innovationsfonds des Bundes gefördert wird, sind individuelle Betreuung, Vernetzung im eigenen Quartier sowie technische Unterstützung. Letztere gewährleistet auch ein für Seniorinnen und Senioren leicht bedienbarer Tablet-PC namens PAUL („Persönlicher Assistent für unterstützendes Leben“), der ihren Alltag durch smarte Technologie-Lösungen auf vielfältige Weise erleichtert.
Gesundheitssenatorin Prüfer-Storcks tauscht sich im Albertinen Haus mit Projektteilnehmern aus und testet Tablet-System „PAUL“
Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks: „Auch in Hamburg ändert sich die Altersstruktur spürbar: Derzeit leben hier rund 90.000 Menschen, die 80 Jahre oder älter sind und ihre Zahl wird schnell weiter steigen. Deshalb brauchen und fördern wir Projekte, die die zukünftige Versorgung verbessern. Solch ein Projekt ist NetzWerk GesundAktiv. Es ermöglicht es den Menschen, möglichst lang selbstbestimmt im eigenen Zuhause und Quartier zu leben und dort vernetzt zu sein.“
Im Zentrum des NWGA steht als zentraler Anlaufpunkt die „koordinierende Stelle“ im Albertinen Haus in Hamburg-Schnelsen, die die Gesundheitssenatorin am Mittwoch besuchte, um sich vor Ort mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie NWGA-Teilnehmern auszutauschen. Dort durchläuft jeder Projektteilnehmer zunächst umfassende geriatrische Untersuchungen und strukturierte Tests, um seine jeweiligen individuellen Bedürfnisse ermitteln zu lassen. Die Ergebnisse der Tests sind die Basis für die Erstellung eines individuellen Unterstützungsplans. Je nach Bedarf werden für die Teilnehmer verschiedene Maßnahmen vorgehalten. Diese können sein:
- Rehabilitation vor und während der Pflegebedürftigkeit
- Hilfen für Angehörige
- Beratung und Betreuung bei Demenz
- Förderung der Gesundheitskompetenz
Matthias Scheller, Geschäftsführer der Immanuel Albertinen Diakonie: „Wir sind sehr beeindruckt, mit welch großem Interesse die im Durchschnitt 80-jährigen NWGA-Teilnehmer unsere Angebote wahrnehmen. Das gilt für die ärztlichen Untersuchung genauso wie für den individuellen Behandlungsplan, die Beratung und die vielen Angebote zur Gesundheitsförderung. Und besonders gilt das auch für den PAUL – mit dem PAUL tauschen sich die Teilnehmer untereinander aus, sie können auf die Angebote des NWGA zugreifen, und er erhöht die Sicherheit zu Hause.“
Das Projekt beinhaltet zudem, die behandelnden Hausärzte der Versicherten einzubeziehen und die zahlreichen Hilfen im Umfeld miteinander zu verknüpfen. Bestehende regionale Quartiersangebote wie Wohn- und Betreuungsleistungen, Hauswirtschafts-, Pflege- und Sozialleistungen sowie die bestehenden Pflegestützpunkte sollen verbunden und in das NWGA integriert werden, um so eine Verbesserung der Versorgungsqualität zu erreichen.
Der individuelle Unterstützungsplan sieht darüber hinaus auch vor, dass die Teilnehmer des Projekts Tablets mit dem vorinstallierten Assistenzsystem PAUL („Persönlicher Assistent für Unterstütztes Leben“) erhalten, einer über Touchdisplay bedienbare Unterstützungs- und Kommunikationsplattform, die eine Vielzahl von Multimedia- und Kommunikationsfunktionen bietet und die Seniorinnen und Senioren im Alltag unterstützt. Diese Unterstützung kann etwa in Form von Online-Videosprechstunden mit den Ärzten der koordinierenden Stelle, durch Video-Chats mit Angehörigen, durch Bestellungen von Dienstleistungen im Pflegebereich, dem Absetzen eines Notrufs an die Johanniter-Unfall-Hilfe, Haussteuerungs-Funktionen (z.B. Lichtschalter, Steckdosen, Fenster etc.) oder dem Abrufen von Veranstaltungshinweise im Quartier erfolgen. Die NWGA-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer können die koordinierende Stelle rund um die Uhr erreichen und werden persönlich durch ausgebildete Fallmanagerinnen und Fallmanager betreut. Dabei profitiert die koordinierende Stelle von der räumlichen Nähe zum Albertinen Haus und von dessen langjähriger Kompetenz im Bereich der Altersmedizin.
Insgesamt 885 Versicherte nutzen das Versorgungsmodell. Am NWGA können Versicherte der Techniker Krankenkasse (TK), der BARMER, der DAK-Gesundheit und der Knappschaft mit Wohnsitz im Hamburger Bezirk Eimsbüttel teilnehmen.
Maren Puttfarcken, Leiterin TK-Landesvertretung Hamburg: „Vier von fünf älteren Menschen wünschen sich einen Lebensabend in den eigenen vier Wänden und fürchten vor allem, ihre Selbstständigkeit zu verlieren. Hier setzen wir als TK mit dem NWGA an und schaffen wohnortnahe Versorgungsstrukturen – unterstützt durch Digitalisierung. Das System PAUL baut zwischen den Teilnehmern und den bestehenden Angeboten im Quartier eine digitale Brücke. Gut vernetzt machen sich die NWGA-Teilnehmer die digitalen Möglichkeiten zunutze und gestalten das Netzwerk mit.“
Die TK hat das Hamburger Pilotprojekt NWGA gemeinsam mit ihren Konsortialpartnern entwickelt. Konsortialpartner des Projekts sind neben dem Albertinen Haus als Träger der Koordinierungsstelle auch CIBEK technology + trading GmbH, die BARMER, die DAK-Gesundheit, die KNAPPSCHAFT, der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V., die Universität Bielefeld sowie die Albertinen Haus-Forschungsabteilung für Klinische Geriatrie, eine wissenschaftliche Einrichtung an der Universität Hamburg.
Das NWGA erhält eine Förderung in Höhe von maximal 8,9 Millionen Euro über vier Jahre aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA). Der G-BA erhielt durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz den Auftrag, neue Versorgungsformen und Versorgungsforschungsprojekte zu fördern, die über die bisherige Regelversorgung hinausgehen. Deshalb hat die Bundesregierung einen Innovationsfonds aufgelegt. Das übergeordnete Ziel des Innovationsfonds ist es, eine qualitative Weiterentwicklung der Versorgung in der Gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland zu gewährleisten.