Elbevertiefung: Viel heiße Luft?

Diese Kuh ist manchen mehr als heilig: Die Elbe muss tiefer ausgebaggert werden, punktum. Mal abgesehen davon, dass bei immer tiefer gehenden Schiffen ein Ende ohnehin absehbar ist: Es gibt Gründe, anzunehmen, dass der Unternehmensverband Hafen Hamburg derzeit mit gezinkten Karten spielt.

Die abweichende Meinung kommt von der Unterelbe: Dort fühlt man sich nicht nur durch die Bagger-Pläne bedroht, man hat auch das Fahrwasser gut im Blick. Warum es beim genauen Hingucken so aussieht, als ob die Behauptungen des UVHH viel heiße Luft enthalten,

schildert folgender Offener Brief an alle Bürgerschaftsabgeordneten:

Sehr geehrte Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft,

das Regionale Bündnis gegen Elbvertiefung macht Sie darauf aufmerksam, dass der Bedarf für die Elbvertiefung mit falschen Tatsachenbehauptungen begründet wird.

Der Geschäftführer des Unternehmensverbandes Hafen Hamburg e. V. hat kürzlich gegenüber der Hamburger Presse behauptet, dass die auslaufenden Containerschiffe tiefer gehen als die
einlaufenden. Das trifft für die Super-Post-Panmax-Schiffsklasse mit 14,5 m Konstruktionstiefgang – für die die Elbe vertieft werden soll – nicht zu, wie die anhängenden Tiefgangsstatistiken zeigen. Dies erklärt sich durch den Leercontaineranteil von ca. 20 %, den Herr Zurke in seinen Ausführungen unerwähnt gelassen hat. Herr Zurke hat eine falsche
Rechnung aufgemacht und daraus sogar eine Bedeutung der Elbvertiefung für die Deutsche Exportwirtschaft konstruiert. Dies entbehrt jeglicher Grundlage.

Auch die negativen Auswirkungen der geplanten Elbvertiefung werden in Hamburg unzutreffend dargestellt. Bereits die letzte Elbvertiefung hat ein ungeahntes Ausmaß von Schäden bewirkt, u. a. bei Fliessgeschwindigkeiten und infolgedessen Erosion und Sedimentation, was die ausuferndenn Unterhaltungsbaggerungen erkennen lassen.

Die deutlich erkennbaren negativen Trends müssen zunächst durch entsprechende Maßnahmen gestoppt und umgekehrt werden, statt eine weitere Vertiefung mit entsprechender Verschärfung dieser Probleme zu betreiben.

Die – nicht wirklich ernstzunehmende – Behauptung der Bundesanstalt für Wasserbau (BAW), Jogger wären gefährlicher für die Deiche als Schiffswellen, ist ebenfalls ein bemerkenswertes Zeichen für sachfremde Erwägungen, denn es ist für jedermann erkennbar und natürlich auch rein physiklisch nachweislich falsch.

Die geplante Elbvertiefung ist bei Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze in keinem der wesentlichen Kriterien genehmigungsfähig.

Den Menschen an der Unterelbe und dem Regionalen Bündnis gegen Elbvertiefung geht es nicht darum, dem Hamburger Hafen zu schaden oder Vorteile auf dessen Kosten zu erschleichen, wie das auch behauptet wird.

Niemand von uns spricht dem Hamburger Hafen seine Bedeutung und seine Existenzberechtigung ab. Die Daten über den Verkehr der Super-Post-Panmax-Containerschiffsklasse und der Boom im Containerverkehr belegen aber, dass der Schiffsverkehr des sogenannten Bemessungsschiffs von 350 m Länge, 46 m Breite und 14,5 m Konstruktionstiefgang und 10.000 TEU schon heute ohne spürbare Beschränkungen alltägliche Praxis ist.

Am Montag dem 7. April 2008, als die Ausführungen von Herr Zurke im Hamburger Abendblatt zu lesen waren, sind sich zwei dieser Schiffe in den Morgenstunden vor dem Alten Land begegnet, die „COSCO Asia“ und deren Schwesterschiff, die „COSCO Europe“. Beide Schiffe sind tideunabhängig ein- und ausgelaufen. Diese Schiffe fahren seit Jahren, und eine weitere Elbvertiefung kann daher keine Arbeitsplätze in nennenswertem oder bezifferbarem Umfang schaffen. Beachten Sie dazu bitte auch die bekannten Einschätzungen des Hamburger Experten für Stadtökonomie Prof. Dr. Dieter Läpple.

Wir hoffen, dass Ihnen diese Informationen nützlich sind und Sie die Äußerungen der Hafenwirtschaft künftig kritischer betrachten. Es gibt bei aller Bedeutung des Hamburger Hafens keinen Anlass zu vorauseilendem Gehorsam, wenn man im Hafen hüstelt. Eine tragfähige Begründung für die Elbevertiefung steht bis heute aus und Rhetorik ersetzt keine Fakten.

Eine Weltstadt könnte und sollte mehr sein, als nur ihr Hafen. Wir leben mit euch und ihr mit uns – aber im Ausgleich.

Für das Regionale Bündnis gegen Elbvertiefung

mit freundlichen Grüßen

Walter Rademacher

Email: ing@walter-rademacher.de
Internet: http://www.wir-brauchen-keine-elbvertiefung.de/

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