Susanne Wittek stellt die von ihr übersetzte Biografie von Dominique Laure Miermont vor:
Annemarie Schwarzenbach „Eine beflügelte Ungeduld“
Grußwort: Herr Walter Kägi, Generalkonsul der Schweiz
Mittwoch, 21. Mai, 20.00 Uhr
Literaturhaus, Schwanenwik 38
100 Jahre nach ihrer Geburt kann man es überall lesen und hören: Annemarie Schwarzenbach war schön und hochbegabt, eine faszinierende androgyne Frau. Sie stand politisch links, liebte Frauen und rang schon früh um ein selbstbestimmtes Leben. Von Anfang an geriet sie in zermürbende Spannungsfelder mit ihrer Familie und zerbrach am Ende daran und an der europäischen Katastrophe des 20. Jahrhunderts.
Annemarie Schwarzenbach wurde am 23. Mai 1908 in eine großbürgerliche, national orientierte Schweizer Industriellenfamilie hinein geboren. Ihr Lebensweg als attraktive, kultivierte, weltgewandte Hausherrin mit einem erfolgreichen Mann an der Seite schien vorgezeichnet. Aber es kam anders: Dem Zugriff ihrer herrischen Mutter entzog sie sich früh, indem sie sich schreibend eine eigene innere Welt schuf. 1930 begegnete sie Klaus und Erika Mann und fand Zugang zu deren Familie, die geistige und politische Antipode zu ihrer eigenen Familie war. Sie verliebte sich leidenschaftlich in Erika Mann, die ihr jedoch nur mütterliche Freundin sein mochte. Die beiden Frauen waren viele Jahre lang eng mit einander befreundet. Von Klaus Mann, der schon Anfang 1933 vor den Nazis floh und ins Exil ging, bekam Annemarie Schwarzenbachs Politisierung entscheidende Impulse. Sie war es, die die Gründung der Exil-Zeitschrift „Die Sammlung“ initiierte, mit der Klaus Mann 1933/34 in Amsterdam emigrierten Schriftstellern ein literarisches Forum bot. Als der faschistische Terror wachsende Teile Europas knebelte, unternahm Annemarie Schwarzenbach ausgedehnte Reisen in den Vorderen Orient, nach Nordafrika und Indien, in die USA und schließlich nach Schwarzafrika. Sie verarbeitete ihre Erfahrungen literarisch, journalistisch und fotografisch zu Romanen und Gedichten, Reisetagebüchern und sozialkritischen Reportagen. Noch als Erwachsene wurde sie von ihrer Familie immer wieder unter starken Anpassungsdruck gesetzt. Die Eltern verurteilten ihre politische Haltung und ihren Lebensstil aufs Schärfste und straften sie mit drastischem Liebes- und Geldentzug. Psychische Ausnahmezustände, Grenzerfahrungen mit ihrer Einsamkeit und existentielle Naturerlebnisse in Afrika führten sie auf einen spirituellen Weg und ließen sie von ihrer politischen Weltanschauung abrücken. Annemarie Schwarzenbach starb am 15. November 1942 in Sils-Baselgia an den Folgen eines Fahrradunfalls. Unter dem Titel „Annemarie Schwarzenbach. Eine beflügelte Ungeduld“ erschien im März 2008 im Zürcher Ammann Verlag eine umfangreiche neue Biografie über die Schweizer Ausnahmepersönlichkeit, die von der Hamburger Übersetzerin Susanne Wittek aus dem Französischen ins Deutsche übertragen wurde. Der Autorin Dominique Laure Miermont standen für ihre biografische Arbeit mehrere private Nachlässe zur Verfügung, die bisher der Forschung nicht zugänglich waren.
Susanne Wittek berichtet über Annemarie Schwarzenbach, über ihre Arbeit als Schriftstellerin, Journalistin, Fotografin und Dichterin, über ihre inneren Kämpfe, ihre Siege und ihr Scheitern. Charlotte Ueckert, Hamburger Literaturwissenschaftlerin und Autorin, moderiert und liest ausgewählte Texte aus dem Werk Annemarie Schwarzenbachs.
Susanne Wittek ist Diplom-Volkswirtin und Diplom-Sozialökonomin. Seit vielen Jahren bearbeitet sie in öffentlichen und privaten Forschungseinrichtungen politik- und wirtschaftsnahe Forschungs- und Entwicklungsvorhaben. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Projektkoordinatorin an der Universität Hamburg, arbeitet als Übersetzerin und gründete 2005 die Agentur Initiative Literatur.
Weitere Informationen unter: http://www.initiative-literatur.de/schwarzenbach/lesungen
Kooperation mit der Initiative Literatur
Im Anschluss lädt das Schweizer Generalkonsulat zum Weißwein ein.
Eintritt: € 7,-/erm. 4,-
Das Metropolis Kino, Dammtorstraße 30 A, wird am 12.05., 13.05. und am 14.05. jeweils um 17.00 Uhr „Die Reise nach Kafiristan“ nach dem Buch „Der bittere Weg. Mit Annemarie Schwarzenbach unterwegs nach Afghanistan“ von Ella Maillart zeigen und am 27.05. um 19.00 Uhr „Une Suisse rebelle – Annemarie Schwarzenbach 1908-1942“ von Carola Bonstein.