Eine Arbeitswelt aus Minijobs?

Am Freitag entscheidet der Bundesrat, ob es noch mehr Billiglöhner in Deutschland geben soll: Die von der Bundesregierung geplante Ausweitung der Minijobs ist ein Irrweg, er wird den Anteil prekärer Beschäftigung im Norden erhöhen und gute Arbeit zu fairen Löhnen in Deutschland erschweren, sagen die Arbeitsminister des Nordens und der DGB.

Manuela Schwesig, Detlef Scheele, Reinhard Meyer und Uwe Polkaehn (DGB Nord) führen weiter aus:
„Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen endlich den gesetzlichen Mindestlohn und den Aufbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Weil der Regierungskoalition aus CDU, CSU und FDP der Wille und die Kraft fehlen, um eine neue Ordnung auf dem Arbeitsmarkt herzustellen, entschließen sich immer mehr Bundesländer, durch Vergabe- und Tariftreuegesetze sowie eigene Mindestlohnregelungen ein wenig mehr Gerechtigkeit herbeizuführen.

Die Parteien der Regierungskoalition haben am 25. Oktober 2012 beschlossen, die Einkommensgrenze für die Minijobs auf 450 Euro anzuheben. Damit wird ein Sektor des Arbeitsmarktes ausgeweitet, in dem viele Arbeitnehmer – vor allem Frauen – bereits jetzt zu Niedriglöhnen und ohne Sozialversicherungsansprüche beschäftigt sind. Dies hat Folgen für die Betroffenen und die öffentlichen Kassen, aktuell und bis in das Alter hinein: Die Zahl derjenigen, die ihren Lohn durch öffentliche Transfergelder aufstocken müssen, damit es zum Leben reicht, wird steigen. Und weil Minijobber kaum Rentenansprüche erwerben, ist bei ihnen die Altersarmut programmiert.

Leider hat sich die Regierungskoalition entschieden, das Verfahren im Hauruck-Verfahren durchzuziehen. Nötig wären eine qualifizierte Auswertung der gemachten Erfahrungen und eine deutliche Korrektur hin zu sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Das ist durch den Beschluss des Bundestages jetzt unmöglich geworden.

Die arbeitsmarktpolitischen Ziele der Minijobreform sind nicht erreicht worden. Der Weg, über Kleinstarbeitsverhältnisse den Einstieg in den Arbeitsmarkt zu erreichen, hat sich als Sackgasse erwiesen. Die Ausweitung auf 450 Euro ist nicht geeignet, diese Fehlentwicklungen zu beseitigen. Nötig sind der gesetzliche Mindestlohn und der Ausbau sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung.

Viele Minijobber wünschen sich einen ordentlichen Arbeitsplatz mit Versicherungsbeiträgen vom ersten Euro an. Die Möglichkeit der kurzzeitigen Beschäftigung ist zu wahren, die Möglichkeit sachgrundloser Befristungen von Arbeitsverhältnissen muss aber zum Schutz der Arbeitnehmer abgeschafft werden. Einen weiteren Missbrauch der Minijob-Möglichkeiten darf es nicht geben.Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer brauchen endlich Löhne, von denen sie leben können.“

Detlef Scheele, Senator für Arbeit, Soziales, Familie und Integration in Hamburg:“Der Einsatz für gute Arbeit und faire Löhne ist eine Leitlinie der Arbeitsmarktpolitik in Hamburg. Im Gegensatz dazu plant die Bundesregierung eine Ausweitung der Minijobs durch Anhebung der Zuverdienstgrenzen. Eine solche Ausweitung führt zu noch mehr Beschäftigungsverhältnissen, die nicht sozialversicherungspflichtig abgesichert sind und erhöht die Gefahr von Altersarmut. Dies ist völlig inakzeptabel. Hamburg ruft die Ländervertreter im Bundesrat daher auf, in der Plenumssitzung am 23. November gegen die Gesetzesinitiative Einspruch einzulegen und eine Wende zugunsten guter Arbeit und fairer Bezahlung einzuleiten.“

Manuela Schwesig, Ministerin für Arbeit, Gleichstellung und Soziales des Landes Mecklenburg-Vorpommern: „Die Ausweitung der Minijobs löst keine Probleme, sondern schafft neue. Mehr Menschen werden von ihrer Arbeit nicht leben können und auf staatliche Unterstützung angewiesen sein. Was wir brauchen ist ein flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn von dem die Menschen auch leben können.“

Reinhard Meyer, Minister für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr und Technologie des Landes Schleswig-Holstein: „Der Vorstoß der Bundesregierung missachtet die Arbeitnehmerinteressen und ihren Anspruch auf eine existenzsichernde Beschäftigung. Darüber hinaus werden zusätzliche finanzielle Lasten und Risiken für die öffentlicher Hand erzeugt, denn die betroffenen Menschen werden nicht in der Lage sein, auskömmliche Rentenansprüche zu erwerben.“

Uwe Polkaehn, Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes Nord (DGB Nord): „Ein Minijob heißt: Arbeiten ohne Schutz, ohne arbeits- und sozialrechtliche Ansprüche. Vor allem Frauen werden in die Armutsfalle tappen, wenn die Geringfügigkeitsgrenze auf 450 Euro angehoben wird. Denn Minijobs bedeuten nicht nur Minilöhne, sondern auch Minirenten. Nötig sind der gesetzliche Mindestlohn und die Sozialversicherungspflicht vom ersten Euro an. Der DGB Nord ruft den Bundesrat auf, in der Plenumssitzung am 23. November 2012 gegen die Gesetzesinitiative Einspruch einzulegen und eine Wende zugunsten guter Arbeit und fairer Bezahlung einzuleiten.“

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