Einbürgerung sollte nicht als Prüfung, sondern als Angebot verstanden werden, meint der Migrationsexperte des DGB-Hamburg, Hüseyin Yilmaz. Er ist als Vertreter des DGB an der Vorbereitung des Integrationskongresses beteiligt, der am 31. August in AHmburg stattfinden soll. Eine ausführliche Positionsbestimmung des DGB können Sie hier
Auf Bundes- und Landesebene finden derzeit Debatten über Zuwanderung, Einbürgerung und Integration statt. Hüseyin Yilmaz, Migrationsexperte des DGB Hamburg und Mitglied des Integrationsbeirats ist an den derzeit tagenden Arbeitgruppen beteiligt, die die Vorarbeiten zu dem Integrationskongress am 31. August in Hamburg leisten.
„Einbürgerungswillige sollten in Deutschland willkommen geheißen werden. Dazu passen keine sanktionsbelegten Prüfungen, sondern sinnvolle Angebote gerade auch in politischer Bildung“, sagt Hüseyin Yilmaz. „Gerade Integration in Ausbildung und Arbeit ist eine tragende Säule, und deshalb sollten Gewerkschaften und gewerkschaftsnahe Weiterbildungsträger eng eingebunden werden.“
So sei es vorstellbar, dass erfahrene Träger passgenau zugeschnittene Seminar-Angebote entwickeln, die von Einbürgerungswilligen freiwillig besucht werden könnten.
Yilmaz: „Man redet sehr viel von Integrationsunwilligen – die Realität zeigt aber, dass es sogar Wartelisten gibt für die Teilnahme der 630-Stunden-Integrationskurse. Es kommt allerdings darauf an, wie man wem ein Angebot macht: Erwiesenermaßen hat es sich nicht bewährt, ,alle in einen Topf‘ zu werfen – Menschen mit geringer Schulbildung lernen anders und müssen anders angesprochen werden als Menschen mit Hochschulreife. Nur mit Kursen,
die auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten der Betreffenden eingehen und freiwillig sind, erreicht man gute Erfolgsquoten.“
Das A und O für den Integrationsprozess sei es aber, so Yilmaz, der auch Ausbilder und Betriebsräte bei Konflikten mit Azubis aus anderen Kulturkreisen berät, dass Unternehmen interkulturelle Kompetenzen anerkennen und mehr Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Menschen mit Migrationshintergrund schaffen.“
DGB-Forderungen zur Sprachförderung von Menschen mit Migrationshintergrund:
– Die bereits bestehenden 4,5-jährigen Sprachtests sollten für Kinder mit
Migrationshintergrund vorgezogen werden, um frühzeitiger entsprechende
Unterstützung geben zu können.
– Dazu gehört auch der Zugang zur KITA für Kinder mit Migrationshintergrund –
unabhängig davon, ob die Eltern arbeiten oder nicht. Hilfreich wäre es in
diesem Zusammenhang auch – wie aktuell diskutiert – dass das letzte KITA-Jahr
kostenlos werden soll.
– Sprachförderung bedeutet auch, die Zweisprachigkeit in KITAS und Schulen zu
erhalten oder sogar zu fördern. Einerseits möchte man die Interkulturalität,
die auch für das spätere Berufsleben wichtig ist, erhalten, andererseits darf
in den meisten Einrichtungen nur deutsch gesprochen werden, so dass
Kenntnisse in der Muttersprache verloren gehen. Warum sollte man darüber
nachdenken, Englisch als Fremdsprache in der KITA oder Vorschule einzuführen,
unterdessen aber vorhandene Mehrsprachigkeit unterbinden?
– Deutschkurse für Eltern von KITA-Kindern. Während die Kinder betreut werden
oder lernen, könnten die Eltern parallel Sprachkurse besuchen. Dazu gibt es
bereits gut angenommene, erfolgreiche Projekte, die flächendeckend eingeführt
werden sollten.
– Mehr Fachkräfte mit Migrationshintergrund in Kinderbetreuungseinrichtungen
und Schulen
– Berufliche Sprachförderung. Unternehmen sollten verstärkt Sprachkurse als
betriebsinterne Weiterbildung anbieten
Für die Debatten beim Integrationskongress drängt Hüseyin Yilmaz darauf, dass auch die Problemlagen von Studierenden mit ausländischem Pass einbezogen werden. Bundesweite Untersuchungen zeigen, dass rund 40 Prozent von ihnen das Studium aus finanziellen Gründen abbrechen müssen. „Nur ein geringer Prozentsatz der hier lebenden Jugendlichen mit Migrationshintergrund erreicht überhaupt die Hochschulreife“, so Yilmaz. „Wer es von ihnen schließlich an die Uni geschafft hat, darf nicht an Studiengebühren und anderen finanziellen
Hemmnissen scheitern, sondern braucht besondere Unterstützung. Auch das gehört zu einer gelungenen Integrationspolitik.“ Es sei schließlich absurd, hier lebenden Studierenden mit Migrationshintergrund den Zugang zum Uni-Abschluss zu verbauen, aber gleichzeitig Fachkräfte aus dem Ausland anzuwerben.