Gäbe es einen Preis für die geschickteste Bezirksamtsleitung – er müsste nach Wandsbek gehen. Nachdem vor einigen Wochen verdeckte Zusagen um einen Mega-Puff die Bürger erregten, geht es dieses Mal um eine Drogen-Rehaeinrichtung: Auch hier sollte zunächst Baurecht geschaffen werden, bevor die Bürger informiert wurden. Im Ergebnis sind alle Nachbarn nun entsetzt – sie wären es vielleicht nicht, wenn sie frühzeitig erfahren hätten, dass die Patienten wöchentlich ihre Abstinenz nachzuweisen haben und daher vermutlich „cleaner“ als die Nachbarn selbst, sofern sie denn ab und zu ein Feierabendbier zu trinken pflegen.
So sieht’s die SPD vor Ort:
Die Umsetzung des Projekts „Geheimsache Drogenklinik“ ist der Sozial- und Gesundheitsbehörde und der Bezirksamtsleitung Wandsbek gründlich misslungen. Die Ansiedlung einer Fachklinik zur medizinischen Rehabilitation von Suchtkranken genau zwischen drei Schulen und neben einer katholischen Kita sollte aus Angst vor Widerstand aus der Bevölkerung geheim gehalten werden. Bevor die Anwohner Einspruch erheben konnten, sollten baurechtliche Fakten geschaffen werden. Die Bezirkspolitik wurde zur Verschwiegenheit verpflichtet. Sogar eine Bürgerschaftsanfrage wurde falsch beantwortet!
Der Abgeordnete Jan Balcke (SPD) hatte den Senat gefragt, ob es Interesse an einer Nachnutzung der leer stehenden Gebäude, in die jetzt die Klinik kommen soll, gibt. Die Antwort kam am 24. März: kein Wort von einer geplanten Einrichtung für suchtkranke Menschen. Dabei lagen genau dafür bereits konkrete Planungen vor. Über sie wurde das Bezirksamt laut Beantwortung einer Anfrage des Bezirksabgeordneten Rainer Schünemann (SPD) einen Tag vorher, also am 23. März, von der Fachbehörde schriftlich informiert.
Irgendwie haben die Schulen und Eltern es dann doch endlich erfahren, es kam in die Presse und jetzt passiert das, was mit unlauteren Mitteln verhindert werden sollte, nur umso heftiger und verständlicher: es formiert sich massiver Protest. Wer glaubt schon den Behörden, nachdem er von ihnen systematisch hintergangen wurde?
Für die Menschen, um die es bei dem Projekt eigentlich geht, ist das schlicht tragisch. 62 abstinente Suchtkranke gleichzeitig sollen in ein eigenständiges, drogenfreies Leben zurückgeführt werden. Sie sollen sozial und beruflich integriert werden. Aufnahmevoraussetzung ist dabei die erfolgreich abgeschlossene körperliche Entgiftung. Es gilt ein absolutes Drogenverbot, wozu auch Alkohol gehört. Urin- und Atemkontrollen werden unangekündigt mindestens wöchentlich durchgeführt. Sollte ein Rückfall festgestellt werden, kommt der Patient zur Entgiftung ins Krankenhaus. Bei Wiederholungen wird die Therapie in der Einrichtung abgebrochen.
Vor diesem Hintergrund gibt es keinen objektiven Anlass, die Entstehung einer Drogenszene oder auch nur die ansatzweise Gefährdung von Anwohnern oder Schülern befürchten zu müssen. Der Vorsitzende der Bezirksfraktion, Thomas Ritzenhoff, fordert die Rückkehr zu einer sachlichen Diskussion des Themas: „Die eigentlich Betroffenen müssen wieder in den Vordergrund der Diskussion rücken.“
Die SPD als Stadtteilpartei sieht sich gleichzeitig in der Pflicht und in der Verantwortung, die Vorbehalte und Ängste der Menschen in Wandsbek ernst zu nehmen. Diese Klinik ist sehr wichtig, aber sie ist nur denkbar im Einvernehmen mit den benachbarten Schulen. Thomas Ritzenhoff weiter: „Sozialsenator Wersich und Bezirksamtsleiterin Schroeder-Piller haben im Umgang mit diesem sensiblen Thema gründlich versagt. Den Anwohnern und Eltern, den Schulen und der Kirchengemeinde hätte von Anfang an Offenheit entgegengebracht werden und das Konzept sachlich und ausführlich vermittelt werden müssen. Das gilt es umgehend nachzuholen. Senator und Bezirksamtsleiterin sind gefordert, auf die Wandsbeker zuzugehen und ihnen zu erklären, was sie vorhaben.“