Die Mietpreisbremse ist ein Anfang

Welche Reformen die neue Bundesregierung angehen muss, um bezahlbare Wohnungen für alle zu sichern, beschreibt der IG BAU-Bundesvorsitzende Robert Feiger.

Zu Recht hat sich die anbahnende Koalition aus SPD und Union gleich zu Beginn der Sondierungen der Wohnungsnot angenommen. Dies ist nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass die Parteien gesehen haben, dass dieses Thema zunehmend Wahlen entscheidet. Ein Dach über dem Kopf ist eben kein Luxus, sondern ein Grundbedürfnis. Unaufhaltsam steigende Mieten in der Neuvermietung treiben die Bestandsmieten ebenfalls in die Höhe. Renditegetriebene Premiumsanierungen vernichten einst günstigen Wohnraum. Die bisherigen MieterIn- nen, Gering- und selbst DurchschnittsverdienerInnen, werden aus ihren Stadtteilen verdrängt.

Doch mangels Alternativen ist vielerorts ein Umzug keine Lösung. In manchen Gegenden arbeitet inzwischen ein Partner in Haushalten mit zwei Verdienern ausschließlich für die Miete. Von der jahrzehntelang geltenden Faustformel, ein Drittel des Einkommens für die Miete aufzuwenden, können viele Menschen in Ballungsräumen oder Uni-Städten nur träumen. In Berlin stiegen die Mieten seit 2007 um 35 Prozent, in Hamburg um 25 Prozent, in München und Frankfurt/Main von einem bereits sehr hohen Niveau um 20 Prozent. Die Einkommen können da nicht mithalten. Deshalb ist die beabsichtigte Mietpreisbremse und die Wiedereinführung der degressiven Abschreibung für Anlagen im Mietwohnungsbau (degressive Afa) ein richtiger Anfang.

Doch diese Instrumente reichen allein noch nicht aus, um die gravierendsten Missstände zu beheben. Mangel besteht in erster Linie bei günstigen und zunehmend auch bei altersgerechten Wohnungen. Mit dem Rückzug aus dem sozialen Wohnungsbau und aus der Förderung von altersgerechtem Umbau haben Bund und Länder dieses Problem selbst geschaffen. Sie stehen nun in der Verantwortung, für Abhilfe zu sorgen. Gleichzeitig darf sich die Politik bei der Förderung der klimagerechten Sanierung von Häusern nicht aus der Verantwortung stehlen, wobei die Belange der Mieter berücksichtigt werden müssen. Anreize zum Neu- und Umbau sind schon allein wegen ihrer sozialen Wirkungen gut investiertes Geld. Unter dem Strich reduzieren zudem Rückflüsse an den Fiskus und in die Sozialkassen sowie ersparte Kosten der Unterbringung alter Menschen in Pflegeheimen die Ausgaben deutlich.

Vor allem Familien und Geringverdienern fehlt bezahlbarer Wohnraum. Der Bestand an Sozialwohnungen schrumpft jährlich um rund 100 000. Bundesweit sank der Neubau von Sozialwohnungen von 23 600 im Jahr 2009 auf 19 300 Einheiten 2011. Dramatisch verschärft hat sich auch der Druck bei Wohnungen in Mehrfamilienhäusern. Von den benötigten 130 000 Einheiten pro Jahr wurde zuletzt nur knapp die Hälfte fertiggestellt. Städte wie München oder Hamburg haben sich dem Trend mit vorbildlichen Projekten entgegen gestellt. Das Münchener Modell schreibt Investoren vor, mindestens ein Drittel der neu erstellten Wohnungen mit niedrigen Mieten anzubieten. Hamburg hat zugesichert, jährlich 2000 neue Sozialwohnungen zu schaffen. Andere Kommunen sollten diesen Initiativen nacheifern, wobei sie darauf achten müssen, dass der Zweck nicht durch teure Zusatzvereinbarungen wie etwa eine Extra-Miete für Parkplatz oder gar Keller unterlaufen wird. Auch die neue Bundesregierung muss zur Entlastung der sozial Schwächsten beitragen. Derzeit zahlt der Bund jährlich 518 Millionen Euro an die Länder zur Förderung von Sozialwohnungen. Diesen Betrag sollte die Koalition nicht nur aufstocken, sie muss die Länder auch dazu drängen, die Mittel ausschließlich zweckgebunden zu investieren. Dies ist derzeit nicht der Fall, sodass viele Kommunen angesichts ihres hohen Schuldenstands das Geld lieber für andere Projekte verwenden.

Unabhängig von der Mietpreisproblematik zeich- net sich angesichts einer alternden Bevölkerung eine graue Wohnungsnot ab. Es gibt zu wenig altersgerechten Wohnraum. Gebrechliche Menschen müssen in Alten- oder Pflegeheime ausweichen, obwohl sie mittels einiger Umbauten gut in ihren vier Wänden und damit ihrem gewohnten sozialen Umfeld wohnen bleiben könnten. Hier hatte der Bund über die KfW-Förderung „Altersgerechtes Umbauen“ einen sinnvollen Anreiz gesetzt. Allerdings sind die Fördermittel des Bundes für dieses Programm bereits 2011 ausgelaufen. Union und SPD sollten sich dieses Ansatzes erinnern und ihn ausbauen. Um den bundesweit absehbaren Bedarf von 2,5 Millionen barrierearmer Wohnungen zu decken, muss der Bund die KfW-Fördermittel auf mindestens 200 Millionen Euro jährlich in Form von Zuschüssen und Kreditprogrammen bereit stellen. Nach vier verlorenen Jahren schwarz-gelber Koalition besteht ein hoher Nachholbedarf. Die neue Regierung muss sich der Wohnungsnot mit ganzem Elan stellen.

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