Die Hilfe soll früh beginnen

Bessere Entwicklungschancen für Kinder von Geburt an: Hamburg will Familien mit Kindern früher erreichen und unterstützen – mit dem neuen Landeskonzept „Frühe Hilfen“.

Bestehende Hilfsangebote aus der Familienhilfe und dem Gesundheitswesen sollen ausgebaut und besser aufeinander abgestimmt werden. Der Senat hat dazu das Landeskonzept „Frühe Hilfen: Guter Start für Hamburgs Kinder“ beschlossen, das im Rahmen Bundesinitiative zu frühen Hilfen ab sofort in Hamburg umgesetzt wird. Eines der Kernelemente dabei ist das bestehende Modellprojekt „Babylotsen“, das als „Babylotsen Hamburg“ auf alle Hamburger Geburtskliniken und Geburtshäuser ausgeweitet werden soll. Ein weiterer Baustein sind regionale Familienteams, die aus Familienhebammen und Mütterberatungspersonal gebildet werden, um bedürftige Familien zu unterstützen. Darüber hinaus werden die regionalen Netzwerke weiter entwickelt, in denen Fachleute aus unterschiedlichen Einrichtungen und Berufsgruppen – in erster Linie des Gesundheitsbereichs, der Familienförderung und der Jugendhilfe – verbindlich zusammenarbeiten. Von der Geburtsklinik wird den Familien so der Übergang in weitergehende Unterstützungsangebote erleichtert. Im Bedarfsfall können aber nicht nur Geburtskliniken, sondern auch Arztpraxen diese regionalen Familienteams in Anspruch nehmen.

„Mit dem Ausbau der Frühen Hilfen wollen wir alle Hamburger Familien mit Neugeborenen erreichen und Problemlagen erkennen, bevor diese eskalieren und sich verfestigen“, betonte Sozial- und Familiensenator Detlef Scheele. „Wir bieten Familien damit frühzeitig entsprechende Hilfen an. Die Aufgabe der kommenden Monate wird es sein, gemeinsam mit allen Beteiligten diese Idee erfolgreich umzusetzen.“

„Wir knüpfen eine Kette der Hilfe und Förderung von der Geburt bis in die Schule. Risiken für die gesundheitliche, seelische und soziale Entwicklung der Kinder sollen früh erkannt und beseitigt werden“, sagte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks. „Gerade Familienhebammen haben einen guten Zugang zu jungen Eltern und können wirkungsvolle Unterstützung leisten. Es ist mir wichtig, dass öffentlicher Gesundheitsdienst und Kinder- und Jugendhilfe sehr eng zusammenarbeiten.“

Wesentliche Inhalte des Landeskonzepts Frühe Hilfen

Die „Babylotsen Hamburg“ setzten in Kooperation mit den Familien bei der Anmeldung vor der Geburt im Krankenhaus an und können schon dort – ohne zu stigmatisieren – ein Hilfe- und Begleitsystem für Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf aufbauen. So kann das gesunde Aufwachsen von Kindern ermöglicht, können Elternkompetenzen gefördert und die Zusammenarbeit im Kinderschutz und in den Frühen Hilfen verbessert werden.

Um dies zu gewährleisten und um Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf frühzeitig zu erkennen, soll der erfolgreiche „Babylotsen“-Ansatz des Modells „SeeYou“, das bereits an zwei Standorten in Hamburg etabliert ist, auf alle zwölf Hamburger Geburtskliniken sowie die Geburtshäuser ausgeweitet und als Regelsystem verstetigt werden. Dabei wird mit Hilfe eines Informationsbogens ermittelt, ob und welche Familien Hilfebedarf haben.

Darüber hinaus werden die bestehenden 16 Standorte für Familienhebammen zusammen mit Mütterberatungspersonal des Öffentlichen Gesundheitsdienstes zu regionalen multiprofessionellen Familienteams mit Familienhebammen, Kinderkrankenschwestern und Sozialpädagoginnen ausgebaut. Diese regionalen Familienteams betreuen Familien mit Unterstützungsbedarfen oder vermitteln sie in das Hilfesystem weiter. Dafür kooperieren sie verbindlich mit den Geburtskliniken, den regionalen Angeboten der Frühen Hilfen, dem Gesundheits- oder auch dem Jugendamt. Zu den Aufgaben der Familienteams zählt auch, sich darum zu kümmern, dass die Kinderfrüherkennungsuntersuchungen wahrgenommen werden (bis zu U6 im zehnten bis zwölften Lebensmonat).

Koordination in den Bezirken

Eine verbindliche Kooperation zwischen Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheitshilfe, Schwangerschaftsberatung, Mütterberatung und den anderen Akteuren aus dem Bereich Früher Hilfen kann nur dann gelingen, wenn alle Beteiligten die Aufgaben der jeweils anderen sowie die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Hilfen kennen. Um eine verbindliche Zusammenarbeit gestalten zu können, werden deshalb in allen sieben Bezirken der Stadt Hamburg regionale Netzwerke Frühe Hilfen weiter entwickelt. Außerdem ernennen die Bezirke so genannte Netzwerkkoordinatoren und qualifizieren diese.

Kinderschutz und Chancengleichheit

Um Kindern – unabhängig vom sozioökonomischen Status ihrer Eltern – gleiche Entwicklungschancen zu ermöglichen, wird durch den Ausbau der Frühen Hilfen ein System etabliert, das flächendeckend alle Schwangeren und Familien mit Neugeborenen und kleinen Kindern in Hamburg erreichen soll. Vor allem Eltern, deren Kinder aufgrund belastender familiärer Situation ein höheres Risiko für Fehlentwicklungen oder Vernachlässigung tragen, können dadurch verlässlicher begleitet werden. Dies umfasst auch die Unterstützung zur Wahrnehmung der Kinderfrüherkennungsuntersuchungen und deren Überprüfung sowie im Bedarfsfall kontrollierende Elemente zur Sicherung des Kindeswohls.

Qualifizierung und Zeitplanung

Das Konzept umfasst verbindliche Handlungsvorgaben z. B. im Hamburgischen Hebammengesetz und in Fachanweisungen für die professionellen Akteure im Gesundheits-wesen. Über ein Fachportal im Internet sowie verschiedene Fachveranstaltungen wird zudem der Informationsaustausch zwischen den Fachkräften verstetigt.

Finanzierung

Für den Ausbau der Frühen Hilfen stellt der Bund finanzielle Mittel aus der Verwaltungsvereinbarung „Bundesinitiative Frühe Hilfen und Familienhebammen“ zur Verfügung. Im Jahr 2013 sind dies bis zu 1,14 Millionen Euro und ab dem Jahr 2014 bis zu 1,3 Millionen Euro jährlich. Darin enthalten sind Gelder für eine Landeskoordinationsstelle, die in der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) eingerichtet wird. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend hat dem Hamburger Landeskonzept bereits zugestimmt und die Mittel freigegeben. Zusätzlich werden seitens der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz rund 1,8 Millionen Euro jährlich für Familienhebammenstandorte und das Einlade- und Meldewesen zur Verfügung gestellt.

Mit dem Landeskonzept Frühe Hilfen werden die in Hamburg bestehenden Angebote, die sich an schwangere Frauen, werdende Väter und Familien mit kleinen Kindern richten, verstärkt und miteinander verknüpft. So bekommt jede Familie die Hilfe angeboten, die sie für das gesunde Aufwachsen ihres Kindes und für eine Verbesserung ihrer Erziehungsfähigkeit braucht. Das Einladungs- und Meldeverfahren der Kinderfrüherkennungsuntersuchungen wird optimiert und mit dem System Früher Hilfen verbunden.

Überblick über Beteiligte und Maßnahmen

Die Beteiligten der Frühen Hilfen im Überblick:

• Alle zwölf Hamburger Geburtskliniken und die Geburtshäuser;

• die Stiftung „SeeYou“ als Träger der „Babylotsen Hamburg“;

• der Deutsche Kinderschutzbund mit dem Babywillkommenspaket „Rundum Willkommen“, das in allen Geburtskliniken verteilt wird und wichtige Informationen für Eltern von Neugeborenen enthält;

• bezirkliche Dienststellen der Jugendhilfe und des Gesundheitsdienstes, Familienteams, regionale Netzwerke Frühe Hilfen mit Netzwerkkoordinatoren

• 41 Eltern-Kind-Zentren, Kindertagesstätten und weitere Einrichtungen und Projekte der Familien- und Gesundheitsförderung, die Unterstützung für Familien anbieten, insbesondere bereits bestehende Projekte Früher Hilfen, z.B. Modellprojekte und sozialräumliche Angebote.

Die Maßnahmen der Frühen Hilfen als Präventionskette im Überblick:

• Erkennen von unterstützungsbedürftigen Schwangeren/Müttern und Vätern in der Geburtsklinik durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Klinik;

• Klärung des Hilfebedarfs in der Klinik durch Fachpersonal der „Babylotsen Hamburg“;

• Mit Einverständnis der Mütter/Eltern Überleitung einer unterstützungsbedürftigen Mutter/Familie zum regionalen Familienteam, dort Identifizierung des Hilfebedarfs und ggf. Vermittlung ins Hilfesystem (passgenaue Hilfe);

• Aufsuchende Arbeit, bedarfsgerechte Begleitung der Familie sowie Hinwirken auf die Teilnahme an Kinderfrüherkennungsuntersuchungen.

• Anbindung der Familien an Eltern-Kind-Zentren und in der Folge Kindertagesstätten, von dort wird die Unterstützung der Eltern sowie die Kontrolle der gelben Vorsorgehefte fortgesetzt.

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