Hamburg hat einen Plan gegen den Krach: Die Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt, Jutta Blankau, stellte beim Lärmforum 2012 den Entwurf des Lärmaktionsplans Hamburg vor. Wo tut sich was?
Hauptlärmquelle in Hamburg ist der Straßenverkehr. Das von der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt beauftragte Ingenieurbüro für Verkehrsanlagen und –systeme – IVAS – aus Dresden hat deshalb vor allem Handlungskonzepte zur Minderung der Lärmbelastung an Straßen erläutert. An Hand von konkreten Projekten zeigte der Gutachter Maßnahmenmöglichkeiten in den einzelnen Bezirksamtsbereichen auf. Folgende Brennpunkte wurden betrachtet:
· Altona: Holstenstraße, B 4/ B 431 – Stresemannstraße
Die Straße ist aufgrund der hohen Verkehrsdichte (27 000 KFZ in 24 Stunden) stark verlärmt. Hinzu kommt Bahnlärm. Trotz der bereits vorhandenen Tempo 30-Regelung sind die Bewohner einem hohen Lärmpegel ausgesetzt. Vorgeschlagene Maßnahme: lärmmindernde Fahrbahnbelege; Gespräche mit der Deutschen Bahn zur Erneuerung des Brückenbauwerks Sternbrücke, das durch seine Schwingungen für enorme Lärmemissionen sorgt, punktuelle Lösungen wie Schließung lärmwirksamer Baulücken
· Bergedorf: B 5/ B 207 – Holtenklinker Straße – Bergedorfer Straße – Wentorfer Straße – Vierlandenstraße
Lärmbelastung tritt hier vor allem in der Ortsmitte von Bergedorf auf. Hauptlärmquelle ist der Verkehrslärm (30 000 KFZ in 24 Stunden). Vorgeschlagene Maßnahmen: Abstände zwischen Schallquelle und Fassade erhöhen; Optimierung des Verkehrsflusses vor allem auf dem Sander Damm; Reduzierung des LKW-Verkehrs; Umgestaltung des Knotenpunktes Bergedorfer Straße/Vierlandenstraße
Darüber hinaus wurden folgende Schwerpunktstraße hinsichtlich ihres Lärmpotentials untersucht und entsprechende Maßnahmen vorgeschlagen:
· Eimsbüttel: B 5 – Fruchtallee und B 4 – Kieler Straße,
· Harburg: Winsener Straße, Moorstraße – Krummholzberg und B 73 – Buxtehuder Straße,
· Hamburg-Mitte: Rennbahnstraße/ Horner Rampe, Harburger Chaussee, Simon-Von-Utrecht-Straße und die B 5 – Eiffestraße,
· Hamburg-Nord: Fuhlsbüttler Straße und Braamkamp
· Wandsbek: B 175 – Wandsbeker Chaussee und Braamfelder Chaussee
Beispielhaft wurden dabei folgende Möglichkeiten zur Lärmminderung in den Pilotprojekten untersucht:
– Umgestaltung der Straßenquerschnitte (Erhöhung der Abstände zwischen Schallquelle und Fassaden, Parkstreifen, Busspuren)
– Verringerung der Verkehrsmengen durch Verlagerung
– Optimierung des Verkehrsflusses
– Reduzierung der Geschwindigkeiten
– Verbesserung des Angebots für den Rad- und Fußgängerverkehr (z.B. Radfahrstreifen, Querungshilfen)
Der Entwurf des Lärmaktionsplans beinhaltet darüber hinaus den Schutz ruhiger Gebiete. Diese ruhigen Gebiete in Hamburg, zu denen u.a. der Friedhof Ohlsdorf, der Hohenbuchenpark, die Kleinen und Großen Wallanlagen im Alten Elbpark, das Niendorfer Gehege und der Harburger Stadtpark gehören, wurden ebenfalls erfasst und sollen vor zusätzlicher Verlärmung geschützt werden.
Neben dem Straßenlärm wurden auch Aspekte des Schienenverkehrs und des Fluglärms betrachtet. Die konkretesten Ansätze für die Lärmminderung im Rahmen der Lärmaktionsplanung ergaben sich aus den 2010 durchgeführten bezirklichen Lärmforen, in denen Bürger und Interessengruppen Hinweise zu Problemen mit Lärm äußern und Lösungsvorschläge unterbreiten konnten. Etwa 900 Hamburger Bürger nahmen diese Gelegenheit war und unterbreiteten fast 800 verschiedene Vorschläge.
Der Entwurf des Lärmaktionsplans wird jetzt mit den beteiligten Fachbehörden, Vertretern der Bezirksverwaltungen und den Trägern öffentlicher Belange abgestimmt und danach Senat und Bürgerschaft zum Beschluss über die notwendigen Haushaltsmittel für umzusetzenden Maßnahmen vorgelegt.
Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt, Jutta Blankau: „Lärm schränkt die Lebensqualität und die Gesundheit vieler Menschen erheblich ein. Ich freue mich deshalb, wenn von der heutigen Veranstaltung ein entsprechender Impuls ausgeht und wir das gemeinsame Ziel, das Ziel einer stadtverträglichen und umweltgerechten Stadt mit hoher Lebens- und Arbeitsqualität ein Stück weiter voranbringen.“
Hintergrund: Lärm
Die EU-Umgebungslärmrichtlinie gibt keine konkreten Lärmpegel für die Ergreifung von Maßnahmen zur Lärmminderung vor. Seitens des Sachverständigenrates der Bundesregierung für Umweltfragen wurden vorerst 65 dB(A) für den gewichteten Tages-Mittelungspegel L DEN und 55 dB(A) für den nächtlichen Mittelungspegel L NIGHT als Auslöseschwellen für Maßnahmen zur Lärmminderung empfohlen. Da diese Werte an vielen Hauptverkehrsstraßen weit überschritten sind, werden gemäß dem Strategischen Lärmaktionsplan Hamburg davon abweichend die Werte für den L DEN > 70 dB(A) und L NIGHT > 60 dB(A) zur Priorisierung und Auswahl der Brennpunkte an den hochbelasteten Straßen herangezogen.
Auf der Grundlage der Lärmkarten und ergänzender Betroffenheitsanalysen (Menge der von bestimmten Schallpegeln belasteten Bewohner) wurden diejenigen Verkehrsachsen ermittelt, an denen nennenswerte Überschreitungen der Auslöseschwellen für die Lärmaktionsplanung auftreten und an denen viele Bewohner durch diese Schallpegel betroffen sind.
Grundsätzlich ist es in einem Siedlungsgefüge wie Hamburg mit 1,8 Millionen Einwohnern nicht möglich, alle Lärmprobleme in einem Planwerk flächendeckend und systematisch zu erfassen und in überschaubaren Zeiträumen Lösungsvorschläge zu entwickeln und umzusetzen. Lärmminderung stellt vielmehr eine Daueraufgabe des Umweltschutzes sowie der Stadtentwicklungs- und Verkehrsplanung dar.