DGB Nord fordert Gesetz gegen den Missbrauch von Werkverträgen
Massenhafte Werkverträge darf es im Norden nicht mehr geben. Der Deutsche Gewerkschaftsbund Nord (DGB Nord) fordert die norddeutschen Schlachthofbetreiber auf, keine neuen Werkverträge abzuschließen und ihre Beschäftigten unbefristet fest anzustellen. „Schlachthofarbeiter müssen tariflich entlohnt und unbefristet beschäftigt werden. Die neue Selbstverpflichtung der Fleischwirtschaft ist erst der Anfang. Das Lohndumping im Norden muss gründlich beendet werden“, sagt Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB Nord.
Auf einem Spitzentreffen im Bundeswirtschaftsministerium hatten sich die größten Unternehmen der deutschen Fleischwirtschaft auf eine Selbstverpflichtung verständigt. Die Unternehmen kündigen darin an, bis Juli 2016 ihre Strukturen so umzustellen, dass die in ihren Betrieben eingesetzten Beschäftigten in einem in Deutschland gemeldeten, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis arbeiten. Die Selbstverpflichtung enthält zudem ein Bekenntnis der Fleischwirtschaft dazu, die Stammbelegschaft zu erhöhen. Die Fortschritte in diesem Bereich sollen jährlich in einem Branchenbericht dokumentiert werden. Die Unterzeichner werden zudem die Betriebsräte über den Einsatz von Werkverträgen informieren und anhören. Immer wieder hatte die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) die Missstände zulasten von Beschäftigten in der Fleischindustrie kritisiert.
Uwe Polkaehn: „Wir brauchen ein Gesetz gegen den Missbrauch von Werkverträgen, mehr Rechte für Betriebsräte und eine Beweislastumkehr. Unternehmen mit Werkvertragsvereinbarungen müssen nachweisen, dass der Werknehmer auch tatsächlich die volle Autonomie über die Herstellung des Werkes behält. Nur so kann dem Missbrauch Einhalt geboten werden. Der Missbrauch von Werkverträge spaltet z.B. Arbeitsprozesse in willkürlich zugeschnittene Kleinstgewerke auf, die sich im Gestrüpp von Subunternehmer-Ketten verlieren. So werden tarifliche Standards unterlaufen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer immer wieder um ihre Rechte und ihren Lohn gebracht. Arbeitnehmer und Betriebsräte brauchen ein Gesetz, das ihnen den Rücken stärkt. Der tarifliche Branchenmindestlohn in der Fleischwirtschaft gilt seit August 2014, die Selbstverpflichtung ist überfällig. Die Arbeitgeber müssen Schluss machen mit skandalösen Arbeitsbedingungen, unbezahlter Arbeit und überteuerten Bruchbuden, in denen viele osteuropäische Arbeiter leben müssen. Auch für die Kontrollbehörden bleibt dies ein großes Thema. Auch um die Einhaltung der Selbstverpflichtung engmaschig zu kontrollieren.“
Zum Hintergrund:
In der Fleischindustrie gilt seit August 2014 ein Mindestlohn, der ab 1. Oktober 2015 bei 8,60 Euro liegen wird. Dieser Mindestlohn – dafür hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) gesorgt – gilt auch für die vielen Beschäftigten aus Polen, Rumänien und Bulgarien, die bis dahin als entsandte Beschäftigte zum Mindestlohn ihres Landes legal ausgebeutet werden konnten. Da sich das Geschäft mit der Entsendung nicht mehr in dem Masse lohnt wie früher, haben viele Subunternehmer in den vergangenen Monaten Dienstleistungsfirmen in Deutschland gegründet, mit denen nun Werkverträge in der Fleischindustrie abgewickelt werden. Da für diese neu gegründeten Dienstleister schon jetzt das deutsche Arbeitsrecht gilt, ist die Selbstverpflichtung der Fleischindustrie lediglich das Nachvollziehen einer Entwicklung, die durch den Branchenmindestlohn in Gang gebracht werden konnte.