„Die Zahlen zum Lohndumping sind dramatisch. Politik und Regierung in Schleswig-Holstein müssen den Niedriglohn-Trend im Land endlich brechen. Bis zum Herbst muss ein Mindestlohn-Gesetz her.“ Mit diesen Worten hat Uwe Polkaehn, Vorsitzender des DGB Nord, auf die jüngsten Daten des Statistischen Amtes Nord reagiert.
Nötig sei zunächst ein Landesvergabegesetz, das die Tarifbindung von Unternehmen vorschreibt, die öffentliche Aufträge erhalten, und sie verpflichtet, Gehälter von mindestens 8,50 Euro pro Stunde zu zahlen. So ein Gesetz wäre ein klares Signal der neuen Landesregierung, sagte Polkaehn: „Niedriglöhne sind sozialer Sprengstoff. Der Anteil von Arbeitnehmern mit Stundenverdiensten unter 8,50 Euro liegt in Schleswig-Holstein klar über dem Bundesdurchschnitt. 58 Prozent der Betroffenen sind Frauen. Schleswig-Holstein muss endlich raus aus dem Lohnkeller. Mit dem Vergabegesetz entsteht ein neuer Baustein für den bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn. Jetzt muss gehandelt werden.“
Der DGB Nord appelliert zugleich an die CDU-Bundestagsabgeordneten der Bundesländer Schleswig-Holstein, Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern, den Vorschlag der CDU-geführten Landesregierung von Thüringen aufzugreifen und auf Bundesebene einem gesetzlichen Mindestlohn für alle Branchen und Regionen zur Mehrheit zu verhelfen. Polkaehn: „Mit Lohndrückerei und Minijobs kommt Deutschland nicht weiter, mit guter und fair bezahlter Arbeit schon. Ein Mindestlohn von 8,50 Euro ist Realo-Politik gegen die Krise – alle Umfragen zeigen, dass die Bürger darauf warten. Man muss von seiner Arbeit auch leben können, und von 8,50 geht das sowieso eher schlecht als recht.“ Der Mindestlohn sei auch die richtige Orientierung für Unternehmen, die auf staatliche Aufstockungszahlungen an Niedriglohnempfänger spekulieren, so Polkaehn.
Zum Hintergrund
Die aktuelle Verdienststrukturerhebung des Statistikamtes Nord hatte ergeben, dass im Jahr 2010 zwölf Prozent aller Beschäftigten in Schleswig-Holstein, die in Betrieben mit zehn und mehr Beschäftigten arbeiteten, weniger als 8,50 Euro je Stunde verdienen. Dabei handelte es sich um geringfügig beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer (49 Prozent), Teilzeitbeschäftigte (22 Prozent) und Vollzeitbeschäftigte (29 Prozent). Nach diesen ersten Ergebnissen der aktuellen Verdienststrukturerhebung für das Jahr 2010 in Betrieben des Produzierenden Gewerbes und des Dienstleistungsbereichs mit zehn und mehr Beschäftigten lag der Anteil von Arbeitnehmern mit Stundenverdiensten unter 8,50 Euro in Schleswig- Holstein über dem Durchschnitt der alten Bundesländer. Insgesamt betrug der Anteil in Westdeutschland zehn Prozent.
In Schleswig-Holstein waren 58 Prozent der Beschäftigten mit einem Stundenverdienst unter 8,50 Euro Frauen. Bei den Teilzeitbeschäftigten und geringfügig Beschäftigten waren es deutlich mehr Frauen als Männer. Bei den Vollzeitbeschäftigten lagen erheblich mehr Männer als Frauen unter diesem Stundenverdienst.
Die meisten Beschäftigten mit einem Stundenverdienst unter 8,50 Euro arbeiteten im Einzelhandel (14 Prozent), im Gesundheits- und Sozialwesen (zwölf Prozent) sowie in der Gastronomie (neun Prozent). In Gastronomiebetrieben wurde 62 Prozent der Beschäftigten weniger als 8,50 Euro je Stunde gezahlt. 62 Prozent der Beschäftigten waren bei nicht tarifgebundenen Arbeitgebern beschäftigt, 38 Prozent bei tarifgebundenen.