Vor dem Hintergrund der heute vom Statistischen Amt HH/SH mitgeteilten Daten zur Erwerbsbeteiligung und Einkommensquellen fordert der DGB Hamburg mehr Existenz sichernde Arbeitsverhältnisse sowie die Einführung eines Mindestlohns von 7,50 Euro pro Stunde.
„Es ist alarmierend, dass heute vier Mal so viele Hamburger auf öffentliche Unterstützungsleistungen angewiesen sind als 1980 und immer weniger Hamburger ihren Lebensunterhalt aus Erwerbstätigkeit bestreiten können“, sagt Erhard Pumm, Vorsitzender des DGB Hamburg.
Der Anteil der männlichen Hamburger, die ihren Lebensunterhalt überwiegend aus Einkünften der Berufstätigkeit bestreiten, ist innerhalb von 25 Jahren um 11 Prozent auf nur noch 60 Prozent zurückgegangen, die Zahl Hamburger Empfänger staatlicher Transferleistungen stieg von drei Prozent (1980) auf elf Prozent (2004).
Erhard Pumm: „Hinter dieser Statistik verbirgt sich u.a. die traurige Aussage, dass weite Teile der Bevölkerung von einem Leben, das sie aus eigener Kraft finanzieren können, abgekoppelt wurden. Seit Jahren nimmt Zahl der Langzeitarbeitslosen zu; und durch Hartz IV mit verschärften Anrechnungsregeln auf Einkommen und Vermögen hat sich die Situation für die Betroffenen noch verschlechtert. Kein Wunder, dass auch die Kinderarmut in Hamburg extrem angestiegen ist – Kinder sind in der Folge Leidtragende einer strukturellen Krise, die ihre Eltern in Form von Arbeitslosigkeit und ,Billigjobs‘ zuerst erreicht. Hier muss der Senat unterstützend einspringen, anstatt die Familien noch zusätzlich bluten zu lassen.“
Interessant sei es, dass Frauen inzwischen seltener auf Unterhalt durch Angehörige angewiesen seien. „Zum einen zeigen die Zahlen, dass Frauen durch verstärkte Erwerbstätigkeit im Falle der Arbeitslosigkeit auch einen eigenen Anspruch auf staatliche Leistungen haben, andererseits macht es auch deutlich, dass die Ehe immer weniger Schutz darstellt vor Abhängigkeit von staatlichen Transferleistungen“, so Hamburgs DGB-Vorsitzender. „Das Modell ,Ehemann als Versorger‘ verliert an Bedeutung, weil auch Männer zunehmend von Arbeitslosigkeit oder nicht existenzsichernden Niedriglöhnen betroffen sind.“
Insgesamt waren im Herbst 2005 in fast einem Viertel aller auf Hartz IV angewiesenen Bedarfsgemeinschaften Personen erwerbstätig. Das Einkommen dieser Familien war trotz anrechenbarem Erwerbseinkommen zu niedrig, um unabhängig von staatlicher Fürsorge leben zu können.
„Armut trotz Erwerbstätigkeit ist in Hamburg keine Ausnahme mehr“, so Erhard Pumm. „Dabei wissen viele Arbeitnehmer mit Niedrigeinkommen nicht einmal, dass sie Anspruch auf ergänzende staatliche Fürsorge haben. Wer den ganzen Tag arbeitet, muss einen Nettolohn erhalten, der oberhalb des gesellschaftlichen Existenzminimums liegt. Um den freien Fall nach unten zu begrenzen, brauchen wir einen Mindestlohn von mindestens 7,50 Euro pro Stunde.“