Manchester oder Hamburg? Vor hundert Tagen begann der Streik der Beschäftigten der Firma „Neupack“ für einen Tarifvertrag und faire Löhne. Der DGB fordert nun die Hamburger Kammern und Unternehmensverbände auf, klar Position zu beziehen zu den Machenschaften der Neupack-Chefs.
„Das Vorgehen der Unternehmensleitung ist nicht nur für die betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine ungeheure Belastung – es beschädigt längst auch das Ansehen der Freien und Hansestadt Hamburg“, so der DGB. In einem gemeinsamen Aufruf wenden sich nun die Vorsitzenden des DGB Nord und DGB Hamburg, Uwe Polkaehn und Uwe Grund, an die Handels- und Handwerkskammer Hamburg, den Unternehmensverband Nord sowie den Industrieverband Hamburg: Es ist an der Zeit, dass sich endlich auch die Kaufleute und Unternehmer der Stadt von den Machenschaften der Neupack-Chefs distanzieren und Druck machen für eine Schlichtungslösung.
Der Aufruf in ganzer Länge:
Gemeinsamer Appell der DGB-Vorsitzenden Nord, Uwe Polkaehn, und Hamburg, Uwe
Grund, an Handelskammer, Handwerkskammer, den Unternehmensverband Nord und den
Industrieverband Hamburg
Neupack geht alle Unternehmer etwas an –
Manchester oder Hamburg?
Der ehrbare hanseatische Kaufmann darf nicht länger wegschauen, wenn ein Hamburger
Arbeitgeber seine Beschäftigten immer wieder mit Füßen tritt, geltendes Arbeitsrecht verletzt
und die ganze Stadt zu einem Symbol der Arbeitnehmerfeindlichkeit und sozialen Kälte
macht.
Der Streik bei der Stellinger Firma Neupack ist längst zu einem Lackmus-Test für alle
Unternehmer in der Hansestadt geworden. Wir vermissen ein klares Wort der Kammern und
Unternehmerverbände zu dem anhaltenden Skandal auf dem Arbeitsmarkt dieser Stadt.
Die Geschäftsführung der Neupack Verpackungen GmbH & Co. KG lehnt es ab, mit der
Gewerkschaft über einen Tarifvertrag überhaupt zu sprechen. Sie trifft nur individuelle
Absprachen mit einzelnen Mitarbeitern. Manche Beschäftigte in der Produktion bekommen
nur 50 Prozent des in der Branche üblichen Lohns; Krankheitstage führen zur Kürzung des
Weihnachtsgeldes. Lars Krüger, Geschäftsführer bei Neupack, sagte dem NDR-Magazin
Panorama: „Ich glaube, da können Sie jeden Unternehmer fragen: Es ist sicherlich so, dass
das Leben für einen Unternehmer relativ einfacher ist, wenn es keinen Betriebsrat gibt.“
Wir erwarten dazu ein Wort der Unternehmerverbände in Hamburg.
Seit dem 1. November streiken die etwa 200 Neupack-Beschäftigten. Ungleiche Bezahlung
für gleiche Arbeit und Stundenlöhne, von denen man kaum leben kann, sollen endlich der
Vergangenheit angehören. Der Betriebsratsvorsitzende wurde während des Arbeitskampfes
in unzulässiger Weise durch die Unternehmensleitung bedrängt. Mit Leiharbeitern aus dem
Ausland soll der Streikwille gebrochen werden. Private Sicherheitskräfte verhinderten in
rechtswidriger Weise, dass ein Beauftragter der zuständigen Gewerkschaft IG BCE für den
Betriebsrat an einer Betriebsversammlung teilnehmen konnte. Vor dem Amtsgericht Verden
wollte die Geschäftsführung sogar den ganzen Streik verbieten lassen. Das Gericht wies die
Klage in allen Punkten ab. Die Gerichtskosten musste Neupack tragen.
Diese Praktiken erinnern an die dunklen Zeiten des Manchester-Kapitalismus. Die reichste
Stadt Deutschlands darf aber nicht Ort einer solchen Unternehmer-Inszenierung werden.
Viele Bürgerinnen und Bürger der Stadt sind empört über das Vorgehen der Arbeitgeber. Es
ist an der Zeit, dass auch die Unternehmensverbände und Kammern klar machen: Wir
verurteilen diese Praktiken der Neupack-Geschäftsführung und fordern sie auf, einen
Tarifvertrag mit der Gewerkschaft abzuschließen. Hamburg braucht den sozialen Frieden
und keine Unternehmenspolitik nach Gutsherrenart.
Das Tarifrecht ist ein Garant des Wohlstands in Deutschland und ein wesentlicher
Stabilisierungsfaktor für die Ordnung auf dem Arbeitsmarkt. Die IG BCE hat sich sehr
verantwortungsbewusst gezeigt und der Firmenleitung einen auf die Gegebenheiten des
Unternehmens bezogenen Einzelvertrag angeboten.
Wir erwarten daher, dass die Neupack-Praktiken auch durch die Unternehmer dieser Stadt
geächtet werden und sie alles in ihrer Macht Stehende tun, um zu einer
sozialpartnerschaftlichen Lösung des Konflikts zu kommen.
Dazu gehören auch die Aufklärung bei Geschäftspartner der Firma Neupack über die
Machenschaften des Unternehmens und eine aktive Rolle der Verbände beim Herbeiführen
eines Schlichtungsgesprächs.
Uwe Polkaehn Uwe Grund
Wir können gespannt sein, ob die Sonntagsreden über Soziale Marktwirtschaft auch dem Alltags-TÜV standhalten.
Was sagt eigentlich Herr Henkel?