CDU macht Front gegen erneuerbare Energien

Dass Schwarzgrün neben großer Zustimmung auch auf heftige Skepsis stößt, ist nicht eben neu. Insbesondere beim Klima- und Umweltschutz sollten eigentlich Welten zwischen den neuen Partnern liegen. Zum Beispiel beim neuen Energie-Einspeisegesetz (EEG): Was da von den CDU-Positionen zu halten ist, kommentiert für uns Karl-Heinz Remmers, Vorstandsvorsitzender der Solarpraxis AG.

(Von Karl-Heinz Remmers, Vorstandsvorsitzender Solarpraxis AG)

Aus den im Jahr 2007 groß verkündeten Klimaschutzzielen wurden wieder Bedenken. Aus öffentlich ausgestelltem Mut ein kraftloses Aufreiben der Politik in den Konflikten mit den Verteidigern überkommener Energieversorgungs- und Verbrauchsstrukturen. Eine besondere Posse mit zum Teil völlig neuen Rollenverteilungen bietet derzeit die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) im Bereich der in der Bevölkerung sehr beliebten Solartechnik. Die Branche eilte in den vergangenen Jahren von einem industriell-technischen Erfolg zu anderen. Ende 2007 beschäftigte der neue Industriezweig mehr als 41.000 Menschen in Deutschland, Tendenz steigend. Mehr denn je strömen internationales Kapital und innovativste Fertigungsanlagen ins Land. Alleine im Land Berlin trugen im vergangenen Jahr die neuen Solarindustrieansiedlungen mit über 300 Millionen Euro zu 60 Prozent aller neuen Ansiedlungen im Industriebereich bei. Aktuell verhandelt die Wirtschaftsförderung Berlin über mehr als 1,5 Milliarden Euro weiterer Neuansiedlungen in den kommenden Jahren, große Teile der Finanzierungen stammen aus dem Ausland.

Aber der Erfolg ruft Neider, Miesmacher und Gegner auf den Plan. Lange nur belächelt, ist der Solarstrom auf den Energiebilanzen Deutschland nun mit mehr als 0,6 Prozent sichtbar geworden. Und so wird die Technik nun von den Gegnern der erneuerbaren Energien ebenso brutal und schamlos angegriffen wie vor fünf Jahren die Windenergie. Mit dem feinen Unterschied, dass im jetzigen Fall die Aktenträger der Solarfeinde aus den eigenen Reihen kommen.

Die politischen Gegner der Erneuerbaren Energie in der CDU machen Front

Zufrieden lächelte Joachim Pfeiffer (CDU) nach der Anhörung zur Novelle des EEG am 5. Mai 2008 in Berlin. In der Anhörung hatte er eine Breitseite nach der anderen gegen die Solartechnik abgefeuert – immer unter dem Deckmantel für mehr Effizienz in der Förderung zu werben, versteht sich. Tags zuvor war es Joachim Pfeiffer (ehemaliger Mitarbeiter des EnBW-Vorgängers Schwaben AG, nun Lehrbeauftragter des Energiepolitik am Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung (IER) der Universität Stuttgart mit Kunden wie EnBW und E.ON), Laurenz Meyer und seinen Kollegen aus dem neoliberalen Flügel der CDU sowie aus dem Wirtschaftsministerium von Michael Glos (bis 2004 u.a. Beirat der EON Bayern AG) gelungen, ihr neuestes Papier gegen den weiteren Ausbau der Photovoltaikindustrie in Deutschland u.a. im „Handelsblatt“ prominent zu platzieren. Munition für die internen Strategien der Solargegner lieferte ein vom Wirtschaftsministerium beim Rheinisch- Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) in Auftrag gegebenes Gutachten. Um mehr als 30 Prozent (bislang jährlich fünf Prozent) soll die Vergütung für Solarstrom im Jahr 2009 gesenkt werden, schließlich gelte es Überrenditen der (eigentlich nutzlosen) Branche schnell zu beenden.

Laurenz Meyer (CDU), ehemals Generalsekretär der CDU, bevor er im Dezember 2004 wegen der „RWE Affäre“ (Kurzvorstellung siehe auch http://de.wikipedia.org/wiki/Laurenz_Meyer) gehen musste, gilt als erklärter Gegner der erneuerbaren Energien. Seine beruflichen Wurzeln kann er schlecht verleugnen und nutzt in seinen Reden sowie internen Papieren von der Solarzeitschrift PHOTON und dem RWI gelieferte Argumente. Bislang wohl ohne Beispiel in der deutschen Medienlandschaft haben Pressesprecher Bernd Schüssler und seine Auftraggeber von der Photon-Redaktion seit Mai 2006 Negativ-Public Relations gegen die Solarförderung in Deutschland betrieben. Eine Chronik der Ereignisse rund um die PHOTON findet sich unter http://www.solarpraxis.de/index.php?id=49.

Bei all den personellen Verquickungen der klassischen Energiewirtschaft mit den politisch gegen die Solarindustrie handelnden Personen dürfte klar sein, woher der Wind weht: Freundlich lächeln, gewaltige Ziele verkünden und der Sache aufgeschlossen gegenüber stehen – und dann mit kruden Vorschlägen die Entwicklung der erneuerbaren Energien bremsen.

Eine schöne Aufstellung von Gegnern der Energiewende hat Greenpeace mit seinem Schwarzbuch „Klimaschutzverhinderer“ zusammengestellt, zu finden unter www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/klima/Verflechtung_Energiewirtschaft_Politik.pdf.

Die Gutachten des RWI und ihre Ideologie

„Ich denke nicht, dass wir den letzten Tropfen Erdöl aus der Erde pressen werden. Es wird vorher Alternativen geben, wie die Verflüssigung von Kohle zum Beispiel. Die Technologie dazu wurde in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts in Deutschland erfunden und stetig weiter entwickelt“, so Manuel Frondel vom RWI am 19. April 2006 im WDR. Bereits im Dritten Reich sollte die Kohleverflüssigung dazu dienen, genügend Sprit für Panzerspitzen der Wehrmacht zu liefern. Das erwies sich allerdings als fataler Irrglaube. Deutschland hat mittlerweile vielleicht auch aus dieser Erfahrung seine letzte Anlage zur Kohleverflüssigung an China verkauft. Manuel Frondel hatte 2006 auch keinerlei Probleme damit, noch immer zu behaupten der Ölpreise würden bald wieder sinken, wie im WDR unter http://www.wdr.de/themen/wirtschaft/2/benzinpreise/060419.jhtml.

Zum Zeitpunkt des Interviews mit dem weitblickenden Herrn Frondel kostete ein Barrel Öl ca. 70 Dollar, im Mai 2008 waren es zeitweilig schon 127 Dollar. Frondels Behauptung steht zudem im krassen Widerspruch zu den aktuellen Einschätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA). Die Lektüre eines aktuellen Interviews mit den Chefökonom der IEA, Dr. Fatih Birol, unter www.internationalepolitik.de/archiv/jahrgang-2008/april/–die-sirenen-schrillen–.html sei dringend empfohlen, um Frondels Thesen als ideologisch motivierte Mutmaßung platzen zu lassen. Manuel Frondel und seine Denkschule von „Kohleverflüssigung als Alternative zum Öl“ wären als putzig zu betrachten, würden die gleichen Herren vom RWI sich nicht zu Fachleuten gegen die Wind- und Solarenergie erheben.

„Wir plädieren für eine ganz drastische Absenkung der Einspeisevergütungen. Die Politik sollte die Vergütungen möglichst noch in diesem Jahr um 30 Prozent kürzen“, sagte der EEG-Experte beim RWI dem „Handelsblatt“. Keine neue Position aus dem Hause RWI, in diesem Fall bezahlt vom Wirtschaftsministerium der Bundesregierung. Bereits im Jahr 2007 hatte das RWI in einem Positionspapier seine ablehnende Haltung zur Solarförderung klar und deutlich definiert. Manuel Frondel, Nolan Ritter und Christoph M. Schmidt schrieben in der am 25. April erschienenen „RWI: Position #18“:„Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten“ und „Photovoltaik – Ein Zukunftsinvestition die sich bezahlt macht: Eine Replik“ die Photovoltaik nieder. Kein Klimaschutz, keine energiepolitische Bedeutung und eine Branche voller Großverdiener – so verkürzt der Tenor. Verbunden damit auch die Warnung, dass die Einführung der
Photovoltaiktechnologie den deutschen Bürger weit über 50 Milliarden Euro kosten würde. Allerdings wurde diese theoretische und sehr diskussionswürdige Berechnung am 25. April 2007 von der Zeitschrift PHOTON mit den Worten „Solarstromförderung summiert sich bis 2010 auf 77 Milliarden Euro / RWI-Studie zur Vergütung liegt deutlich zu niedrig“ überboten.

Die PHOTON hatte im RWI offenbar einen kongenialen Partner für ihre PR-Arbeit zur schnellen Senkung der Vergütungssätze innerhalb des EEG gefunden. „RWI? Die sind doch vom RWE bezahlt, das ist doch klar!“, so Reaktionen aus der Solarbranche. In der Tat ist das Präsidentenamt der „Freunde und Förderer des RWI“ mit einem Ex-Vorstandsvorsitzenden des RWE, mit Dietmar Kuhnt, in diesem Sinne gut besetzt. Allerdings scheinen schon rein ideologisch motivierte Denkmuster des RWI auszureichen, um erneuerbare Energien und Solarenergie im Speziellen kaputt zu rechnen. So wird in der Replik zu Position #18 die Windenergie als „notorisch teuer“ bezeichnet. Die Autoren des RWI bestreiten gleichzeitig noch immer jeden positiven Einfluss des EEG auf die CO2-Bilanz und tun so, als seien über 14 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien in Deutschland einfach nicht vorhanden: „Darüber hinaus hat die RWI-Position wieder einmal deutlich gemacht, dass bei einer Koexistenz von Emissionshandel und Erneuerbaren-Energien-Gesetz (EEG) mit Hilfe der durch das EEG geförderten Technologien wie Windkraft- und Photovoltaikanlagen keinerlei Emissionseinsparungen erzielt werden, die über das allein durch den Emissionshandel erzielbare Maß hinausgehen. Kurzum: Seit Existenz des Emissionshandels hilft die Subventionierung erneuerbarer Energien europaweit betrachtet nicht mehr bei der Vermeidung von CO2 und damit von potenziellen Klimafolgekosten, sondern sorgt lediglich für eine Verlagerung der Emissionen in Bereiche außerhalb der deutschen Stromerzeugung. Aus diesem Grund mussten in der RWI-Position auch keine Einsparungen an Klimafolgekosten betrachtet werden, da es durch die Wechselwirkung der beiden Instrumente EEG und Emissionshandel netto betrachtet keine Einsparungen mehr gibt.“

So verwundert es auch nicht, dass sich Manuel Frondel und seine Kollegen nicht einmal die Mühe machen, ihre Aussagen zu Arbeitsplätzen und deren Förderung anhand einfachster Nachrechnungen zu überprüfen. Leider stand Herr Frondel der Fachzeitschrift „Photovoltaik“ weder im vergangenen Jahr für ein bereits vereinbartes „Pro und Contra“ zur Verfügung, noch beantwortete er die Fragen des Photovoltaik-Autos Lars Westermann zu den aktuellen Gutachten. Offenbar scheut er Gespräche mit potenziell kritischen Nachfragern.

Mehr zum RWI in der kommenden Ausgabe des Magazins „Photovoltaik“, es erscheint am 5. Juni 2008.

Die Aktenträger der Solarfeinde: Die Zeitschrift PHOTON und ihre PR-Arbeit

Die Herren vom RWI, abgelichtet in bester Siegerpose und mit einem Artikel in ein positives Licht gestellt – nein, das ist kein Zitat aus einem Lobbymagazin der Kohl- oder Atomindustrie, sondern war in der Ausgabe 6/2007 des Vranchenmagazins PHOTON zu lesen. Unter http://www.solarpraxis.de/index.php?id=49 findet sich eine ganze Reihe von eindeutig negativen Artikeln über Photovoltaik die auf Zitate von Pressemeldungen der PHOTON, „exklusiv vorliegenden Studien“ oder Interviews mit den Machern der PHOTON basieren. „Warum macht die Photon das?“, dies dürfte die von großen und kleinen Solarbetrieben am meisten gestellte Frage der vergangenen zwei Jahre sein.

Um eine klare Antwort auf die Fragen und Gerüchte drückt sich die PHOTON, vielmehr verbreitet die Chefredakteurin Anne Kreutzmann eine Anmutung von Robin Hood: Unter Einsatz der eigenen Existenz will sie und ihr Partner die Branche auf den rechten Weg zurückbringen. Der rechte Weg dürfte, wenn man die Gemengelage richtig bewertet, laut PHOTON eine Branche ohne Firmengewinne sein. Begibt sich die Branche nicht auf den richtigen Weg der PHOTON, so muss sie eben via einer radikalen Senkung des EEG dazu gezwungen werden. Und so wie sich die Behauptungen und Äußerungen lesen, will die PHOTON diese Senkung mit allen Mitteln erreichen. Koste es, was es wolle. Da werden sehr gute Renditen einiger weniger Unternehmen unzulässigerweise auf die Gewinnsituation der gesamten Branche übertragen oder wiederholt der Teufel dramatischer Kosten für die Technologieeinführung der Photovoltaik an die Wand gemalt. Anne Kreutzmann hat ihrerseits gleichwohl keine Probleme damit, indirekt Anlageempfehlungen für die renditestärksten Solarunternehmen Q-Cells und Solarworld auszusprechen (DAF am 4.4.2008 unter
http://aktien.wallstreet-online.de/14615/video.html). Offenbar nimmt sie es nicht so genau und springt munter zwischen Behauptungen hin und her. Oder die vielen tausend kleinen und mittleren Betriebe der Solarbranche sind der PHOTON einfach egal.

Insgesamt eine brisante Mischung, die es den Gegner der Solartechnik leicht macht, mit den kruden Behauptungen der PHOTON gegen die Branche zu arbeiten. Fortsetzung folgt.

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