Die geplanten „Gemeinschaftsstraßen“ in Hamburg verunsichern sehbehinderte und blinde Menschen: Shared Space braucht Blickkontakt. Sehbehinderte und blinde Hamburger fürchten um ihre Selbstständigkeit und fühlen sich aus der „Gemeinschaftsstraße“ ausgegrenzt, sagt der Blinden- und Sehbehindertenverein.
In den vom Hamburger Senat geplanten so genannten Gemeinschaftsstraßen sollen sich Fußgänger, Auto-, LKW- und Busfahrer per Blickkontakt verständigen. Das ist für sehbehinderte und blinde Menschen nicht möglich. „Es gibt eine große Unsicherheit bei den Betroffenen“, sagt Heiko Kunert vom blinden- und Sehbehindertenverein Hamburg (BSVH), der selbst blind ist. „Um mich orientieren zu können, brauche ich eine klare Verkehrsführung, Ampeln, Bordsteinkanten und verlässliche Regeln. All das fällt im Shared Space weg.“
In Hamburg leben über 40.000 sehbehinderte und rund 3000 blinde Menschen. 40% von ihnen sind 80 Jahre und älter. „Die allermeisten von ihnen werden die Flächen meiden, aus Angst“, ist sich Kunert sicher. Damit werde der Name „Gemeinschaftsstraße“ absurd. Statt die Gemeinschaft zwischen behinderten und nicht behinderten Menschen zu fördern, werde strukturell ausgegrenzt. „Das Konzept Shared Space passt nicht in eine Zeit, in der Deutschland die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen umsetzen muss“, so Kunert. „Einerseits hat sich der Hamburger Senat die Inklusion auf die Fahne geschrieben, zum Beispiel im Schulwesen, andererseits setzt er mit Shared Space das falsche Signal.“
Die Stadtenwicklungsbehörde hatte in der vergangenen Woche angekündigt, dass Die Lange Reihe in St.Georg, die Osterstraße in Eimsbüttel, die Bahrenfelder Straße in Ottensen, der Weidenbaumsweg in Bergedorf und die Tangstedter Landstraße in Langenhorn zu so genannten Gemeinschaftsstraßen umgewandelt werden sollen. Der BSVH hat im Internet eine Infoseite zum Thema Shared Space in Hamburg geschaltet.
1 Gedanke zu „Blinde gegen Shared Space“